Ein Vampir in schlechter Gesellschaft - MacAlister, K: Vampir in schlechter Gesellschaft
entsetzt fest, dass dieser Jemand ich war.
Eigentlich hätte ich mich umdrehen und abhauen sollen. Ich musste Imogen finden und einen Plan schmieden, wie ich meine Mutter aufspüren konnte. Doch meine Beine versagten mir ihren Dienst und blieben störrisch stehen. Zudem merkte mein Gehirn an, dass ich mich meinen Aufgaben sicher viel konzentrierter widmen könne, wenn ich das Wiedersehen mit Ben endlich hinter mich gebracht hätte.
»Er hat noch geschlafen, als ich aufgestanden bin«, sagte die Frau mit einem leichten französischen Akzent. »Warum willst du ihn sprechen?«
Mein Herz zersprang in Millionen Stücke. Einfach so, von einem Moment zum nächsten. Peng! Staub. Dazu hatte es zwar kein Recht, aber mit einem Herz kann man einfach nicht vernünftig reden. Es ist unmöglich! »Du bist nicht die Freundin von Gavon, oder?«
»Von Gavon? Nein. Ich habe nur sein Geschäft übernommen. Ich bin Naomi, die Tätowiererin. Ich bin Benedikts Freundin. Und du bist … ?«
»Fran Ghetti.« Mich durchfuhr ein derart heftiger Schmerz, dass ich mich an der Wohnwagentür festhalten musste, um nicht vor dieser Frau in die Knie zu gehen. Wie blöd kann man eigentlich sein, Fran? Du hast doch mit ihm Schluss gemacht – da brauchst du jetzt nicht so erschüttert zu sein, dass er über dich hinweg ist!
»Aha, seine Ex!« Der Blick, mit dem sie mich von oben bis unten musterte, war so durchdringend, dass ich mich regelrecht entblößt fühlte.
Ich revanchierte mich mit einem Blick, von dem ihr Lockenkopf eigentlich zu rauchen hätte anfangen müssen. »Wenn er noch schläft, will ich ihn natürlich nicht stören.«
»Benedikt gehört jetzt mir. Hat er dir das nicht gesagt? Arme kleine Amerikanerin! Hast du geglaubt, dass er dich immer noch will? Dass er dich begehrt? Er denkt nicht mal mehr an dich! Er denkt nur noch an mich!«, erklärte sie mit zuckersüßer Stimme.
Ekelhaft! Aber genau das hatte ich gebraucht, denn ihre Worte befreiten mich von dem Selbstmitleid, das mich überkommen hatte, und machten mich ziemlich wütend. Am liebsten hätte ich sie auf der Stelle in eine mit Warzen übersäte Küchenschabe verwandelt.
»Ich bin weder arm noch klein, Fräulein! Und wenn du nichts dagegen hast, würde ich jetzt gern mit Ben sprechen.«
Sie schnaubte verärgert, trat aber zur Seite. Ich ging die Stufen hoch und schob mich an ihr vorbei. Dabei schlug mir das Herz bis zum Hals. Ich konnte es nicht glauben, obwohl ich den Beweis vor mir hatte: Ben hatte tatsächlich eine Neue. Während ich schlaflose Nächte gehabt und mir immer wieder gesagt hatte, dass ich genau das bekommen hatte, was ich wollte, hatte dieser Dreckskerl unbekümmert mit seinem Leben weitergemacht!
Ich warf einen Blick über meine Schulter. Naomi hatte ein verschlagenes »Ben gehört mir, weil du für ihn gestorben bist«-Lächeln im Gesicht.
»Er liegt in meinem Bett«, sagte sie. »Nach unserer gemeinsamen Nacht war er so erschöpft, dass er gleich eingeschlafen ist.«
Ich biss die Zähne zusammen und ballte die Fäuste. Meine Fingernägel gruben sich trotz der zwei Paar Handschuhe, die ich wieder übergezogen hatte, in meine Handflächen. Ich spielte mit dem Gedanken, die Frau in eine Kröte oder Wanze zu verwandeln, aber darauf verstand sich meine Mutter besser als ich. In den Genuss von magischen Kräften war ich bisher nur durch das Vikingahärta gekommen. Widerwillig verwarf ich den Gedanken, es aus Imogens Wohnwagen zu holen und mit seiner Hilfe diese Teufelin und Ben in das zu verwandeln, was sie verdient hatten.
Ich ging auf die Schlafzimmertür zu. Mit jedem Schritt wurde aus dem Schmerz in meinem Herzen immer mehr Wut, ein derart glühender Zorn, dass ich schon befürchtete, durch eine spontane Selbstentzündung zu sterben, als ich die Tür aufriss.
»Nampf?«, nuschelte jemand schlaftrunken, und als rings um mich Licht ins Zimmer fiel, schrie er auf. »Was zum Teufel tust du da, Naomi?«
Als der Mann sich auf den Rücken drehte, sich langsam aufrichtete und mich verwirrt ansah, blieb ich stehen.
»Ich bin nur gekommen, um dir zu sagen, dass ich hier war und dich nie wiedersehen will! Nicht, dass ich das tun wollte – Günter hat mir gesagt, Imogen wäre hier – , aber wo ich schon mal da bin, kann ich es dir auch klipp und klar mitteilen. Also: Ich will dich nie wiedersehen, du mieser, betrügerischer Rattenschweinehund!«
Er riss die Augen auf. »Fran?«
Ich starrte ihn einen Moment zornig an. »Ich bin wirklich froh zu sehen,
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