Ein Vampir in schlechter Gesellschaft - MacAlister, K: Vampir in schlechter Gesellschaft
hat doch einen Freund! Hör auf durchzudrehen! Ben steht erst auf, wenn es dunkel wird.«
Es konnte natürlich sein, dass Imogens neuer Freund gar nicht bei ihr übernachtete. Was wiederum bedeutete … Ich schaute zur Schlafzimmertür. Alles war still – so still, wie es nur sein konnte, wenn niemand da war. Aber vielleicht sollte ich sicherheitshalber nachsehen, ob nicht doch jemand in Imogens Schlafzimmer war. Nur einen kurzen Blick hineinwerfen, zu meiner Beruhigung …
Würde Ben sich freuen, mich zu sehen? Würde er sagen, dass ich mich in den vergangenen Jahren verändert hatte? Ich zupfte an meinen kurzen rotbraunen Haaren. Als wir uns zuletzt gesehen hatten, hatte ich einen pechschwarzen Pagenkopf gehabt. Würde ihm der neue Look gefallen?
»Hör auf! Es ist ganz egal, was er denkt«, sagte ich zu mir und legte die Hand auf die Türklinke. »Du bist hier, um deine Mutter zu suchen, und ganz gewiss nicht, um den aufdringlichsten Vampir zu sehen, der je erschaffen wurde. Mach schon, Fran!«
Ich öffnete die Tür gerade so weit, dass ich hindurchpasste, damit kein Sonnenlicht in den Raum dringen und etwaigen Vampiren, die dort vielleicht schliefen, Schaden zufügen konnte.
Im Schlafzimmer war es dunkel und warm. Aus dem Bett kam ein leises Schnarchen.
»Ben?« Mein Herz klopfte wie verrückt, und mein Magen schlug Purzelbäume. Da war er! Direkt vor mir! Ich sollte gehen, dachte ich. Ich sollte so schnell weglaufen, wie ich nur konnte. Ich sollte ihn vergessen, ein für alle Mal!
Ich tastete mich zum Bett vor, setzte mich auf die Kante und zog sämtliche Handschuhe aus, bevor ich die Hände nach ihm ausstreckte. Meine Finger trafen auf nackte Haut.
Genau in dem Moment, als mir klar wurde, dass dieser Mann nicht Ben war, ging das Licht an. Ich zog hastig meine Hand zurück, als mich zwei braune Augen überrascht ansahen. »Was ist?«
»Äh … hallo. Du bist nicht Ben.«
Der Mann zog sich die Decke über die nackte Brust. »Wer?«
»Ben. Benedikt. Bist du zufällig Günter?«, fragte ich, sprang auf und beeilte mich, zur Tür zu kommen. Mein Gesicht war röter als ein Pavianhintern.
»Ja. Und du bist Imogens Freundin?«
»Ja, ich bin Fran. Entschuldige die Störung! Ich dachte, Imogen und du, ihr wärt unterwegs. Frühstücken oder so. Und dann habe ich gedacht, du wärst Ben, aber da lag ich offensichtlich falsch. Wo ist sie?«
»Du suchst Ben?«
»Nein, seine Schwester natürlich. Ist sie hier irgendwo?«
Er blinzelte verschlafen. »In dem Wohnwagen mit den Tattoos drauf«, sagte er und wies mit der Hand aus dem Fenster.
»Oh, okay. Danke! Und es tut mir wirklich leid, dass ich dich geweckt habe. War schön, dich kennenzulernen.« Ich verließ den Raum, schloss die Tür hinter mir und lehnte mich einen Moment dagegen, um meine glühenden Wangen mit den Händen zu kühlen. »Immer wenn ich denke, dass ich mich gar nicht mehr dümmer anstellen kann, setze ich noch einen drauf! Großartig, Fran!«
Ich rannte beinahe die Reihe der Wohnwagen entlang, bis ich den erreichte, der mit Bildern von Tattoos in allen möglichen Farben bemalt war. Ich hatte nie viel mit Gavon zu tun gehabt, der auf dem Markt für Tätowierungen und Piercings zuständig war, weil er mir irgendwie unheimlich vorkam, aber ich erinnerte mich dunkel daran, dass Imogen mit ihm befreundet war.
Ich klopfte an und schickte im Geist eine Entschuldigung an Imogen, weil ich ihren Freund behelligt hatte, als die Tür auch schon aufging. Vor mir stand eine Frau. Ich starrte ihre nackten Beine an, ihren Seidenmorgenmantel, der nur bis zu den Oberschenkeln reichte, ihr hübsches Gesicht und ihren Lockenkopf. Das war nicht Imogen.
»Ja?«
Ich glotzte sie noch ein bisschen länger an. Ich hatte Gavon immer für schwul gehalten … Vielleicht hatte ich mich geirrt, und das war seine Freundin? »Ist Imogen hier?«
»Imogen? Nein, nur ihr Bruder.« Sie musterte mich mit zusammengekniffenen Augen. Plötzlich war ich mir jedes einzelnen Gramms meiner Rugbyspielerstatur bewusst, von meinem zerknitterten T-Shirt und meiner ausgeleierten Jeans ganz zu schweigen.
»Ben … ist hier?« Da hatte Günter ganz offensichtlich im Halbschlaf etwas durcheinandergebracht.
»Ja, willst du ihn sprechen?«
Nein. Ich wollte ihn auf gar keinen Fall sprechen. Ich war im vergangenen Jahr nicht umsonst durch die Hölle gegangen. Ich hatte eine Entscheidung getroffen und dabei würde ich auch bleiben.
»Ja, bitte«, hörte ich jemanden sagen und stellte
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