Ein Vampir ist nicht genug - Roman
hast du mich gefunden?«, fragte Vayl mit ruhiger Stimme.
Ich wandte für einen Moment den Blick von den Bösen Jungs, um mich zu vergewissern, dass ich wirklich ein leichtes Zittern im Unterton seines heiseren Bariton gehört hatte. Ja, da war es, erkennbar nur an kleinen Bewegungen, die den meisten nicht aufgefallen wären. Ein leichtes Anheben der Schulter. Ein Zucken des Kopfes. Die sanfte Einbuchtung in einer Wange, die mir verriet, dass er von innen darauf biss. Vayl kämpfte gegen eine enorme Wut an, die so groß war, dass er sie, sollte er ihr freien Lauf lassen, vielleicht nie wieder unter Kontrolle bekommen würde.
Oh, Junge. Ich bin im Draufgängermodus, und Vayl möchte seiner Ex den Hals umdrehen. Wenn wir das hier falsch angehen, werden sie hier noch tagelang unsere Überreste von den Autos kratzen müssen.
Liliana warf eine Strähne ihres langen Polyesterhaars über die Schulter. »Das Ganze hier ist ziemlich … öffentlich, findest du nicht?« Mit dem Lächeln, das sie Vayl schenkte, hätte man Erfrierungen heilen können. »Setzen wir uns doch in meinen Wagen.« Das war keine Bitte.
Vayls Blick schnitt sie wie ein arktischer Wind. »Nein.«
»Das schuldest du …«
»Ich schulde dir gar nichts.«
Ihre Bewegung war so schnell, dass ihr Arm in der Luft zu verschwimmen schien. Vayl fing ihn ab, bevor ihre Hand seine Wange traf.
»Verpiss dich, Flittchen«, fauchte ich. Da ich keine Zeit hatte, Kummer zu ziehen, hatte ich auf meine nächstliegende Verstärkung zurückgegriffen, eine Handgelenksscheide, in der eine Spritze verborgen war. Die Nadel
steckte schon halb in ihrer Hüfte, bevor sie dazu kam, nachzusehen, was sie da piekte.
Eine Reihe von metallischen Klicks lenkte meine Aufmerksamkeit auf Lilianas Schläger.
Der Chinese hatte seinem Arsenal eine abgesägte Schrotflinte hinzugefügt, die er wie ein Matrix -Groupie aus seinem langen schwarzen Mantel zog. Der Tätowierte und seine Freunde hatten ihre Waffen geladen und auf uns gerichtet.
»Was ist in dieser Spritze?«, verlangte Liliana zu wissen.
»Ein langsamer, schmerzhafter Tod durch Weihwasser«, erklärte Vayl.
»Meine Männer werden sie töten, bevor sie sie durchdrücken kann.«
»Dann werde ich zu Ende bringen, was sie angefangen hat. Aber vielleicht würdest du es vorziehen, mit uns zu reden?«
Liliana reagierte, indem sie eine niedliche kleine Schnute zog, die sie bestimmt vor dem Spiegel geübt hatte, bevor sie heute Abend ausgegangen war. »Also schön«, sagte sie. »Du musstest ja schon immer deinen Willen durchsetzen.« Ohne dass wir uns vorher abgesprochen hätten, zog ich die Nadel zurück, und Vayl schob Liliana von sich. Die Schläger senkten die Waffen.
»Ist das wirklich die Art, wie du dich an unser gemeinsames Leben erinnerst?«, fragte Vayl düster. »Denn ich habe die Narben, die das Gegenteil beweisen.« Oh mein Gott, hatte Liliana etwa diese Spuren auf Vayls Rücken hinterlassen?
»Du hast jede einzelne davon verdient«, erwiderte sie bösartig und sah so aus, als wolle sie ihn wieder schlagen.
»Mag sein.« Für einen kurzen Moment geriet Vayls Verteidigung ins Wanken. Sein Gesicht wurde so trostlos
wie das eines Sterbenden. Dann verschwand der Ausdruck und wurde ersetzt durch reinen, kalten Hass. »Wer hat dir gesagt, dass ich hier bin?«
»Oh bitte, Vayl, es ist ja nicht so, als hätte ich die letzten zweihundert Jahre ununterbrochen nach dir gesucht. Ich hätte dich jederzeit finden können.«
Er schüttelte den Kopf. Seine Augen waren jetzt so schwarz, dass man sich vorstellen konnte, durch sie in eine völlig andere Dimension zu gelangen. »Stimmt nicht. Irgendjemand hat dir verraten, wo ich mich aufhalte.«
Sie legte den Kopf schief, so dass ihre Haare wie ein silberner Fluss über ihren Rücken glitten. »Was macht dich so sicher, dass ich auf der Suche nach dir war? Aber ich habe deine Aufmerksamkeit erregt, nicht wahr? Hat dir meine Show gefallen?« Sie nickte in Richtung Restaurant. »Ich dachte mir, du wüsstest die Ironie zu schätzen, wenn zwei Söhne ihren Vater verlieren.«
Vayls Kraft flammte auf, und die Temperatur in unserem direkten Umfeld fiel dramatisch. Doch er antwortete nicht. Hätte er es versucht, hätte er ihr wahrscheinlich Eisklumpen ins Gesicht gespuckt.
»Du musst zugeben, dass ich mich im Laufe der Jahrhunderte verbessert habe«, fuhr Liliana fort. »Früher hätte ich meine Fangzähne in ihn schlagen müssen, um ihn zu töten. Jetzt braucht es nur einen kleinen
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