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Ein Vampir ist nicht genug - Roman

Titel: Ein Vampir ist nicht genug - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Rardin Charlotte Lungstrass
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als Vayl.«
    Ihre warmen braunen Augen füllten sich sofort mit Sympathie, doch sie sagte nur: »Ja, ich erinnere mich an ihn.« Dann lehnte sie sich zur Seite, lenkte den Blick der Kassiererin auf sich, und sagte: »Wir gehen nach oben, Rita.« An uns gewandt, fügte sie hinzu: »Bitte folgen Sie mir.«
    Cole gab sich alle Mühe, seine Zunge im Mund zu behalten, während wir Cassandras wiegenden Hüften in den ersten Stock folgten. Er war so hingerissen, dass ich innerlich grinsen musste. Aber ich war auch froh, dies zu sehen. Das bestätigte meine Gefühle für ihn. Vielleicht würde ich ihn eines Tages lieben können, aber nie in der Art, wie ich Matt geliebt hatte. Niemals in der Art, wie ich - vielleicht, wenn ich den Mut dazu aufbrachte - Vayl lieben könnte.
    Als wir den Treppenabsatz im ersten Stock erreichten, war ich überrascht, die drei Türen, die von dem Gang abgingen, offen vorzufinden. Die auf der linken Seite zeigte uns ein kleines Wohnzimmer und eine Küche. Direkt vor uns lag ein Badezimmer, und auf der rechten Seite befand sich eine Zigeunerhöhle. Dorthin führte Cassandra
uns nun, in einen großen Raum, dessen Wände mit weichen Stoffen behängt waren, von blutroten schweren Bahnen bis zu dunklem goldenen Kattun. Die Farben verwöhnten meine Augen und meinen Geist. Irgendwie strahlte der Raum trotz der fransigen Kissen auf den schwarzen Sofas und den unzähligen Kerzen auf dem großen Tisch in der Mitte eine exotische Würde aus.
    Um den Tisch standen vier Stühle aus dunklem Holz, die mehr Verzierungen aufwiesen als Shirley Temple Locken hatte. Sie mussten irgendwann kurz nach Vayls Verwandlung gezimmert worden sein. Cassandra ließ sich auf einem von ihnen nieder und bedeutete uns, ebenfalls Platz zu nehmen.
    »Ich habe gespürt, dass ich heute drei Besucher empfangen würde«, sagte sie mit einer Stimme, die so weich war wie die Wandbehänge. »Erwarten Sie noch jemanden?«
    »Ja, wir wollten uns hier noch mit einem Freund treffen. Er sollte jede Minute auftauchen«, erklärte ich.
    Cassandra nickte, und ihre goldenen Ohrstecker glänzten im Licht. »Rita wird ihn hochschicken, wenn er kommt. Würden Sie mir jetzt zeigen, was ich übersetzen soll?«
    Ich holte das Papier, auf dem Cole die Symbole skizziert hatte, aus der Tasche und reichte es ihr, achtete dabei aber darauf, sie nicht zu berühren. Vayl mochte ja die Dienste einer Seherin brauchen, aber ich zog es vor, dass meine Zukunft ein Geheimnis blieb. Meine neuen Sinne verrieten mir, dass Cassandra mir, wenn ich sie berührte, Dinge sagen würde, die ich nicht hören wollte. Und ich hatte beschlossen, diesen Sinnen zu glauben.
    Ich hatte Cassandras Fähigkeiten von Anfang an nicht infrage gestellt. Scharlatane bleiben nicht lange im Geschäft,
wenn sie Vampire beraten. Doch selbst wenn ich davon ausgegangen wäre, dass Cassandras Auftritt im ersten Stock nur Show war, hätte ihre Reaktion auf die Symbole mich eines Besseren belehrt. Sie ließ den Zettel vor sich auf den Tisch fallen, als hätte sie sich daran verbrannt. Ihr Gesicht verwandelte sich in eine Maske der Angst, und die Seele hinter ihren Augen krümmte sich wie ein Besucher in einem Holocaust-Museum.
    »Wo haben Sie die gesehen?«, fragte sie und zeigte mit zitterndem Finger auf die Symbole, ohne sie zu berühren.
    »Sie waren in die Haut einer Leiche eingeritzt«, erklärte Cole ihr. »Genauer gesagt zweier Leichen, bei verschiedenen Anlässen.«
    Cassandra spielte mit dem Kruzifix, das sie um den Hals trug, und murmelte etwas vor sich hin, das seltsamerweise wie Latein klang.
    »Was sagen Sie da?«, fragte Cole.
    Sie sah ihn finster an. »Ein Gebet, zu Ihrem Schutz.«
    Cole erwiderte: »Warum brauchen wir den Schutz Gottes bei dieser Sache, Cassandra?«
    »Diese Symbole«, sagte sie, »sind mächtige Runen, dazu geschaffen, nach dem Tod die Seele einzufangen und sie am Aufstieg zu hindern.«
    Mir fiel die Szene im Restaurant wieder ein, als Charlies wundervolle blaue Seele im wilden blauen Jenseits verschwunden war. Was wäre passiert, wenn sie hier hängen geblieben wäre und darum kämpfen müsste, sich zu befreien? Dieses Bild ließ mich zusammenzucken.
    Cole schüttelte den Kopf. »Wie ist das möglich?«, fragte er.
    Cassandra musste sich sichtlich zusammenreißen. »Wenn jemand gewaltsam stirbt, befreit sich seine Seele nicht sofort«, erklärte sie. »Während dieser kurzen Verzögerung
kann die Seele innerhalb des Körpers gehalten werden, indem man diese Runen

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