Ein Vampir unterm Weihnachtsbaum (German Edition)
problematisch werden konnte, falls sich sein Verdacht bewahrheiten sollte und der Traum von vorhin wirklich nur Wunschdenken gewesen war.
Seufzend fuhr er sich durchs Haar und ging dann in die Küche, um Mantel und Stiefel zu holen. Um Katricia nicht zu wecken, nahm er beides in den eisigen Windfang mit, schlüpfte dort schnell hinein und ging dann mit einer Taschenlampe bewaffnet nach draußen.
Am Tag war es schon kalt gewesen, aber jetzt, mitten in der Nacht, schien es ihm noch viel frostiger. Der gefrorene Schnee knirschte unter seinen Sohlen, der eiskalte Wind traf sein Gesicht wie Sandpapier und die Feuchtigkeit in seiner Nase gefror, bevor er auch nur fünf Schritte gegangen war. O ja, bei dieser Kälte brauchten sie dringend Feuerholz. Sobald er wieder im Haus wäre, sollte er sich am besten die Uhr stellen, damit er regelmäßig daran dachte, Nachschub zu holen. Wenn das Feuer im Haus erlosch, konnten sie leicht erfrieren. Vielleicht würde ihn die Kälte auch vorher wecken, aber wenn nicht … er wagte nicht, daran zu denken.
Als er die Schutzplane vom Holz wegzog, knirschte sie. Schnell lud sich Teddy so viele Scheite auf, wie er tragen konnte, und eilte in Richtung Cottage zurück. Kurz vor der Veranda bemerkte er plötzlich, dass von jenseits des Sees Licht durch die Äste der kahlen Bäume fiel. Teddy blieb stehen und spähte eine Minute lang in Richtung des Scheins, ging dann um die Veranda herum und stieg eine kleine Senke hinunter, um einen besseren Blick auf die Lichtquelle zu haben.
Als er sie entdeckte, stahl sich ein Grinsen auf sein Gesicht. Jenseits des Sees stand ein weiteres Ferienhaus und strahlte wie ein Weihnachtsbaum. Aus allen Fenstern fiel Licht. Doch nicht die Tatsache, dass es dort drüben offenbar Strom gab, freute ihn so sehr, sondern vielmehr, dass doch noch jemand hier draußen sein musste. Morgen konnte er über den zugefrorenen See hinüberlaufen und von dort aus telefonieren. Dann wäre auch ihr Stromproblem gelöst – wenn sich nicht bis dahin sowieso schon jemand darum gekümmert hatte. Möglicherweise könnte ihn, wenn er darum bat, auch jemand in die Stadt fahren, damit er mehr Proviant besorgen konnte.
Hinter und neben ihm raschelte es plötzlich vernehmlich in den Bäumen. Teddy erstarrte und spähte vorsichtig über die Schulter. Am Schuppen bewegte sich ein großer, plumper Schatten – fraglos ein Bär. In den Wäldern gab es nur wenige Tiere, die so groß waren. Allerdings sah man sie um diese Jahreszeit äußerst selten. Entgegen der landläufigen Meinung hielten Bären keinen richtigen Winterschlaf, denn ihre Körperfunktionen wurden nicht langsamer und auch ihre Körpertemperatur sank nicht ab, was bedeutete, dass sie im Winter zwar schliefen, jedoch aufwachen konnten. Vielleicht war das Tier vom Sturm in der vorherigen Nacht geweckt worden, weil ein Baum in der Nähe seines Baus umgestürzt war oder … Aus welchem Grund auch immer er hier aufgetaucht sein mochte, jedenfalls war der Bär hellwach und sicher auch hungrig.
Teddy bewahrte erst einmal die Ruhe. Er stand auf der windabgewandten Seite und außerdem im Schatten der Bäume. Der Bär würde ihn höchstwahrscheinlich weder wittern noch sehen und bestimmt bald weitertrotten. Er musste nur abwarten und vielleicht auch beten, dass das Tier nicht auf ihn zukam, dachte er missmutig. Plötzlich öffnete sich die Haustür.
»Teddy?«, rief Katricia und trat in Mantel und Stiefeln auf die Veranda. Sie spähte nach dem Schuppen. »Brauchst du Hilfe?« Wilde Panik ergriff Teddy. Der Bär erstarrte und drehte sich dann langsam zu Katricia um. Teddy handelte, ohne nachzudenken: Er ließ alle Holzscheite bis auf eines fallen, rannte los und brüllte: »Geh’ wieder rein!«
Katricia sah ihn verblüfft an, doch Teddy hatte nur Augen für den Bären, der sie nun beide im Visier hatte. Das Tier zögerte einen Augenblick, und Teddy hoffte schon, dass ihn der plötzliche Lärm und die hektischen Bewegungen vielleicht einschüchterten. Doch zu dieser Zeit, mitten im Winter, war der Bär so hungrig, dass er sich deshalb nicht von einer möglichen Mahlzeit ablenken ließ. Das Tier preschte los.
»Ins Haus!«, schrie Teddy nochmals und rannte mit erhobenem Holzscheit auf das Tier zu. Dabei verursachte er absichtlich viel Lärm, um möglichst groß und bedrohlich zu wirken. Der Bär wurde nicht einmal langsamer. Erst im letzten Augenblick wich Teddy zur Seite aus und knallte dem Tier im Vorbeirennen das Holzstück mit
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