Ein verboterner Kuss
sie.
Eine rundliche Frau wandte sich vom Feuer ab, als Grace eintrat, und machte einen Knicks. „Guten Tag, Miss. Seine Lordschaft meinte, ich sollte alle Anweisungen direkt von Ihnen entgegennehmen. Stokes ist mein Name, Miss. Ich bin Köchin und habe schon einmal für den Adel gearbeitet. Und das hier ist meine Nichte Enid“, fügte sie hinzu, als ein ängstlich aussehendes Mädchen mit einem großen Topf aus der Spülküche kam. „Sie ist eine tüchtige Hilfe in der Spülküche und wird Ihnen keine Probleme bereiten. Mach einen Knicks, Enid!“ Sie stieß dem Mädchen den Ellenbogen in die Rippen, sodass es beinahe den Topf fallen ließ. Das Mädchen knickste ungelenk und eilte davon.
„Ich bin sehr froh, dass Sie und Enid hier sind, Mrs Stokes. Trotzdem glaube ich, hier liegt ein Missverständnis vor. Sie sollten Ihre Anweisungen von Miss Pettifer entgegennehmen, nicht von mir.“
„Nein, Miss, verzeihen Sie, aber Seine Lordschaft sprach ausdrücklich von Ihnen. Miss Greystoke, sagte er. Klein, in Grau gekleidet und mit interessanten Sommersprossen, so hat er Sie beschrieben.“ Sie zögerte. „Ich habe übrigens ein absolut wirksames Hausmittel gegen die Sommersprossen, falls Sie es ausprobieren möchten.“
Grace lächelte. „Vielen Dank, Mrs Stokes, später vielleicht. Rieche ich hier etwa frischen Kaffee? Ich würde furchtbar gern eine Tasse davon trinken. Ich habe auch Speck, Brot und alle möglichen anderen Lebensmittel erstanden, und in Kürze erhalten wir eine Lieferung aus dem Dorf.“
„Das ist großartig, Miss. Ich habe selbst schon ein paar Dinge mitgebracht, nachdem Seine Lordschaft mich gestern Abend eingestellt hat, den Kaffee zum Beispiel. Ich wusste ja nicht, was hier vorrätig sein würde, daher ...“
„Das war sehr umsichtig von Ihnen“, lobte Grace.
Mrs Stokes strahlte. „Es ist mir ein Vergnügen, Miss. Mrs Parrys Junge hat bereits die Sachen gebracht, um die Sie sie gebeten hatten, also gibt es zum Frühstück reichlich zu essen.“ Sie stellte eine Tasse Kaffee auf den Tisch und nahm Grace das Brot aus den Händen. „So, und nun setzen Sie sich, Miss. Ich schneide Ihnen gleich etwas von dem herrlich frischen Brot ab. Möchten Sie Honig dazu oder lieber etwas von Mrs Parrys Zwetschgenmarmelade?“
„Honig, bitte“, erwiderte Grace glücklich. Sie trank einen Schluck von dem heißen, duftenden Kaffee. „Ach, Mrs Stokes, Sie sind ein Juwel!“
Mrs Stokes lächelte und stellte einen Teller mit zwei Scheiben von dem noch warmen Brot vor sie, großzügig bestrichen mit Butter und Honig. Grace langte hungrig zu.
Sie war hervorragender Laune. Es verhieß Gutes, wenn Lord DAcre bereits ein paar Bedienstete eingestellt hatte. Sie hatte noch nicht richtig darüber nachgedacht, wie er wohl auf ihr eigenmächtiges Handeln an diesem Morgen reagieren würde.
„Himmlisch“, rief sie aus und leckte sich etwas Honig vom Finger. „Gibt es etwas Besseres als frisches, warmes Brot mit Honig?“
„Ich wüsste da schon ein paar Dinge.“ Allein beim Klang dieser tiefen Stimme lief Grace ein Schauer über den Rücken.
„Obwohl das hier sehr appetitlich aussieht.“ Der Blick, den er ihr dabei zuwarf, verriet, dass er nicht das Brot gemeint hatte. Sie hörte sofort auf, sich die Finger abzulecken und versteckte sie, obwohl sie noch immer etwas klebrig waren. „Guten Morgen, Miss Greystoke.“
„Guten Morgen, Lord D’Acre“, gab sie liebenswürdig zurück. Sie war fest entschlossen, sich nicht von seinem verwegenen Aussehen oder seinen versteckten Andeutungen aus der Fassung bringen zu lassen.
Er schlenderte träge zu ihr herüber und beugte sich so nah an ihr Ohr, dass sie seinen warmen Atem spüren konnte. „Da ist ein köstlicher Honigtropfen genau neben Ihrem Mund. Wenn Sie möchten, könnte ich ihn weglecken ... “
Grace rieb sich hastig über den Mund, danach warf sie ihm einen aufgebrachten, warnenden Blick zu. Er zwinkerte ihr schmunzelnd zu und hielt ihren Stuhl, um ihr beim Aufstehen zu helfen. Er hatte sie nur geneckt; nicht einmal er würde es wagen, sie vor Mrs Stokes und Enid zu küssen. Bestimmt nicht.
„Wenn Sie mit dem Frühstück fertig sind ..."
„Er will Papa schon wieder zur Ader lassen! “ Melly stürzte in diesem Augenblick verzweifelt in die Küche. „Ich habe ihm gesagt, das nicht zu tun, aber er meinte nur, ich sollte weggehen und ihn nicht weiter stören.“ Sie warf Grace einen angstvollen Blick zu. „Papa hat doch schon so viel Blut
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