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Ein verführerischer Akt

Ein verführerischer Akt

Titel: Ein verführerischer Akt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gayle Callen
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ihm ein paar Münzen und eilte davon.
    Der Junge schaute ihm mit runden Augen nach. »Zu Befehl, Mylord.«
    Rebecca nicht aus den Augen zu verlieren war gar nicht so einfach, denn sie hatte vermutlich bereits eine Fahrkarte und er nicht, sodass sie gleich zum Bahnsteig eilen konnte. Würde er es mitbekommen, welchen Zug sie nahm, fragte er sich, als er sich ein Erster-Klasse-Ticket am Schalter löste. Und würde er so weit gehen, wirklich einzusteigen, ohne Gepäck und mit unbekanntem Ziel? Nur um Rebecca Leland zu folgen?
    Dann tauchte vor seinem geistigen Auge wieder ihr rosig überhauchtes Gesicht auf, wie es erwartungsvoll innehielt, als er sie beinahe geküsst hätte. Und im Kontrast dazu ihre fast entsetzte Miene soeben, als sie ihn erspähte. Was war innerhalb dieser einen Stunde passiert?

Kapitel 6
    Rebecca hatte keinerlei Probleme, ihre Fahrkarte gegen eine für einen früheren Zug umzutauschen, nur dass ihr vor lauter Nervosität das Ticket herunterfiel. Zwei Gentlemen bückten sich sogleich eilfertig, um es für sie aufzuheben, und bei dieser Gelegenheit schaute sie sich vorsichtig um.
    Der Earl of Parkhurst war ihr tatsächlich gefolgt.
    Aber hatte sie nicht genau das gewollt? Ihm nicht buchstäblich gesagt, dass sie verreisen würde? War es nicht so, dass sie ein Abenteuer erleben wollte?
    Eigentlich schon, doch dann war sie in ihrer eigenen Kutsche überfallen worden, man hatte sie bedroht und zur Flucht gezwungen. Wer steckte bloß dahinter. Bestimmt nicht Julian Delane, Earl of Parkhurst, und auch nicht seine Freunde – so etwas konnte sie sich bei Angehörigen des Adels nicht vorstellen. Bei Gentlemen, mit denen man gesellschaftlichen Umgang pflegte. Allerdings kannte er nicht nur das Gemälde, sondern hatte auch den Diamanten bei ihr gesehen an jenem Abend. Wer konnte sonst noch diese Verbindung herstellen?
    Sie rief sich in Erinnerung, dass auch andere Mitglieder des Clubs, die das Gemälde kannten, sie auf dem Ball mit dem Schmuck gesehen hatten. Durchaus möglich, dass der eine oder andere eins und eins zusammenzählte, als das Gerücht die Runde machte, das Modell sei eine Dame der Gesellschaft.
    Trotzdem: Es war Lord Parkhurst, der ihr jetzt folgte, und kein anderer. Hatte er vielleicht doch den Ganoven aus der Kutsche auf sie gehetzt? Sie hoffte inständig, ihn noch abhängen zu können, denn schließlich konnte er nicht ahnen, welchen Zug sie nehmen würde. Hauptsache, sie behielt einen klaren Kopf.
    Der Zug der London and Birmingham Railway, der sie gen Norden bringen sollte, stand bereits unter Dampf wartend am Gleis. Männer und Frauen eilten zu den Waggons mit kleinen Koffern in der Hand oder mit Trägern, die das gesamte Gepäck auf Karren zum Zug brachten. Nicht mehr lange, und sie würde in Sicherheit sein, dachte sie. Bis sie beim Einsteigen in den Erster-Klasse-Waggon hinter sich auf dem Bahnsteig den Mann aus der Kutsche erblickte. Um ein Haar wäre sie vor Schreck auf den schmalen Stufen ins Straucheln geraten. Bei Licht und aus der Ferne betrachtet wirkte er weniger abstoßend und gefährlich, und man hätte ihn durchaus für einen kleinen Angestellten halten können. Er stand neben dem Waggon der dritten Klasse, in dem es keine Sitzplätze, sondern nur Stehplätze gab. Man hatte diese Wagen erst vor kurzem mit Dächern versehen, um die Reisenden vor den Unbilden des Wetters zu schützen. Er schien mit dem Einsteigen zu zögern, als würde er abwarten, ob sie aufs Neue die Flucht ergriff, nachdem sie ihn bemerkt hatte.
    Bestürzt stellte sie fest, dass er sich mit einem anderen Mann unterhielt. War das womöglich sein Komplize, der schon in der Nähe von Madingley House auf ihn gewartet hatte? Oder wollte er ihr bloß Angst einjagen und sie glauben machen, es mit zwei Männern zu tun zu haben? Fragen über Fragen schwirrten in ihrem Kopf herum wie ein Schwarm Bienen.
    Und was alles hatte Parkhurst damit zu tun? Eigentlich glaubte sie nicht an eine Verbindung und fühlte sich gleichzeitig verunsichert, zumal sie ihn in diesem Moment mit einer Fahrkarte in der Hand aus dem Schalterbüro treten sah. Sie war sich nicht sicher, ob er in ihr Abteil schauen konnte, doch er kam direkt auf sie zu. Es passten immer nur sechs Personen in jedes Coupé, und in ihrem saßen außer ihr noch ein Ehepaar mit zwei Kindern, die an der teuren, auffälligen Kleidung unschwer als Angehörige der neureichen Fabrikbesitzerklasse zu erkennen waren, aber neben ihrem offen zur Schau gestellten Wohlstand

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