Ein verführerischer Akt
abgeschiedene Flussbiegung, wo die dicht belaubten Bäume Schutz vor Wetter und neugierigen Blicken boten.
»Das wird genügen«, sagte Rebecca. »Kannst du mir beim Aufhaken meines Kleides helfen?«
Genau dies tun zu dürfen, darauf hatte er schon den ganzen Tag gehofft, aber er musste Vernunft walten lassen. »Möchtest du nicht zuerst etwas essen?«
»Es wird schnell dunkel, und ich habe keine Lust, im Finstern zu baden.« Ihr lief ein Schauer über den Rücken. »Ich würde nicht sehen können, was auf mich zukommt.«
Sie kehrte ihm ihren schmalen Rücken zu, und er raunte in ihr Haar: »Vielleicht wäre das ja nur ich.«
Sie lachte und erbebte kurz, was ihn im höchsten Maße befriedigte. Überrascht stellte er fest, dass seine Hände ein- oder zweimal zitterten, während er mit den winzigen Haken hantierte.
»Hast du die Seife und die Handtücher aus dem letzten Gasthaus mitgenommen?«, fragte sie, als sie einen Schritt zur Seite trat und das Oberteil ihres Kleides nach vorne und bis zur Taille nach unten zog.
»Ja.«
Er brachte das eine Wort kaum heraus, konnte nur noch daran denken, dass sie von ihm berührt werden, dass sie ein Abenteuer erleben wollte. Was würde er ihr geben? Wo sollte er die Grenze ziehen? Es würde alles davon abhängen, mit wie viel Leidenschaft er fertigwurde, ohne alles zu nehmen.
Sie stand bereits im Unterkleid da, dem steifen aus Leinen allerdings, wie er voll Bedauern feststellte. Das hauchzarte Seidenhemd vom ersten Abend wäre natürlich viel erotischer gewesen. Ihr Kleid ließ sie zusammengeknüllt auf einem Stein liegen.
»Ich werde später unsere Sachen waschen«, sagte sie und setzte sich hin, um Stiefel, Strumpfbänder und Strümpfe auszuziehen. Sie warf ihm ein freches Grinsen zu. »Die Unterhose kommt als Nächstes.«
»Hier in der Heide wird es schnell kalt«, sagte er, während er sie unverhohlen anstarrte, bis sie errötete. »Ich werde ein Feuer anmachen.«
»Hast du Angst davor, mit mir zu baden?«
Ihre Augen funkelten, während sie sich weiter auszog.
»Überhaupt nicht«, erklärte er bedeutungsvoll. »Aber wenn ich jetzt zu dir ins Wasser steige, wird nichts aus deinem Bad, und ein Feuer haben wir dann auch nicht.«
Ihr Lächeln schwand, und sie sahen einander eine ganze Weile tief in die Augen, bis sie sich abwandte, um in der Tasche nach dem eingewickelten Seifenstück zu suchen. Seufzend begann er, an dem kiesigen Ufer Holz zu sammeln, ohne jedoch den Blick von ihr zu wenden und zuzuschauen, wie sie im Unterhemd ins flache Wasser watete und schauderte.
»Ist das kalt.« Rebecca schnappte nach Luft.
»Hast du um diese Jahreszeit etwas anderes erwartet? Noch haben wir keinen Sommer.«
»Aber …« Ihre Schultern sanken nach vorne. »Ich hatte mich so sehr auf ein Bad gefreut.«
»Dann wirst du dich jetzt darauf freuen müssen, einfach nur sauber zu werden.«
Sie richtete sich auf. »Du hast recht. Und dafür lohnt es sich eindeutig, das kalte Wasser in Kauf zu nehmen.«
Sie ging noch ein bisschen tiefer hinein, bis ihr das Wasser bis zu den Knien reichte. Der Fluss war nicht breit und dementsprechend wahrscheinlich nicht sonderlich tief. Trotzdem rief er ihr besorgt zu: »Kannst du schwimmen?«
Sie schüttelte den Kopf und spreizte die Hände. »Sie fanden, wie du weißt, für mich sogar das Reiten zu gefährlich. Kannst du dir da vorstellen, dass sie mir erlaubt hätten, in einen kalten Teich zu steigen?«
»Dann sei vorsichtig. Geh nicht weiter als bis zu den Oberschenkeln rein. Sonst verlierst du womöglich das Gleichgewicht. Der Fluss scheint zwar keine starke Strömung zu haben, aber man weiß ja nie. Vielleicht sollte ich mir die Stelle erst einmal ansehen …«
»Julian, du passt schon mehr als genug auf mich auf, keine Angst. Und ich verspreche zu gehorchen, damit du erst gar nicht deine Schwimmkünste unter Beweis stellen musst. Du bist doch ein guter Schwimmer, oder?«
»Das bin ich.«
»Natürlich. Jetzt kümmere dich um deine Aufgaben; ich werde mich später um meine kümmern.«
Nachdem er Zweige und dünne Äste unter den Bäumen aufgeschichtet hatte, begann er mithilfe von mehreren Büscheln trockenen Grases ein Feuer zu entfachen. Als endlich die ersten Flämmchen flackerten, sah er zu Rebecca hin. Libellen schwirrten um sie herum, die untergehende Sonne ließ das Wasser funkeln und schimmerte auf ihrer glatten Haut. Sie rubbelte sich die Arme energisch mit einem seifigen Tuch ab. Ein ungewohnt ernster, entschlossener
Weitere Kostenlose Bücher