Ein verfuehrerischer Handel
die Treppe hinuntergeleitete. Als sie endlich wieder in den Sonnenschein traten, holte sie tief Luft.
Justin runzelte die Stirn. »Ich hätte Euch nicht mitnehmen sollen.« Neben der Kutsche blieb er stehen in Erwartung der Geschäftsbücher. »Dieser Ort ist ein Schandfleck!«
Sie schüttelte nur den Kopf. »Der Besuch hier tut mir nicht Leid! Ich habe immer geglaubt, mein Leben auf den Feldern wäre schrecklich gewesen. Jetzt ist mir klar, dass es Menschen gibt, die ein noch viel schlimmeres Los zu ertragen haben als ich damals.«
Justin fuhr sich mit der Hand durchs Haar; die herrschenden Zustände beunruhigten ihn aufs Äußerste. »Ich habe diese Fabrik gekauft, weil ich das Gefühl hatte, dass die Industrie der Weg in die Zukunft ist. Mit einigen wenigen Veränderungen hielt ich den Gewinn aus der Fabrik für außergewöhnlich. Aber ich hätte niemals ...«Er reckte sich und verbat es sich, seinen Gefühlen freien Lauf zu lassen. »Es muss etwas geschehen! Die Menschen können in einer solchen Umgebung keine guten Leistungen erbringen.«
Ariel legte den Kopf zurück und sah in sein Gesicht. »Vielleicht ist es ein Segen, dass gerade Ihr die Fabrik gekauft habt. Womöglich könnt Ihr die Dinge hier verbessern!«
Er überhörte die Bitte in ihrer Stimme nicht. Grimmig räusperte er sich und wich ihrem Blick aus. »Nun ja, also, was auch immer wir an Verbesserungen einführen, wird auf die Dauer den Gewinn erhöhen.«
Ariel blickte noch einmal zu der Fabrik zurück, sie verfolgte den Rauch, der aus den Kaminen stieg. »Was werdet Ihr tun?«
Er wartete, während gerade ein drittes schweres Geschäftsbuch eingeladen wurde; dann half er Ariel hinein und kletterte anschließend selbst in die Kutsche. »Wie ich schon sagte, werde ich zuerst das Gebäude von oben bis unten reinigen lassen. Die Menschen arbeiten wesentlich besser, wenn sie ordentlichere Bedingungen haben.«
»Und dann?«, drängte sie.
»Ich halte es für unnötig, dass sich die Kinder hier so lange aufhalten. Wenn ihre Hilfe wirklich gebraucht wird, dann werden wir dafür sorgen, dass ihre Schichten kürzer sind.«
Ihr nachdenklicher Blick bewies ihm ihre Zustimmung. »Ihre Eltern brauchen das Geld, das die Kinder verdienen. Ich denke, weniger Stunden sind eine akzeptable Lösung.«
»In der Zukunft habe ich die Absicht, sowohl Baumwolle als auch Wolle zu verarbeiten. Demgemäß brauchen wir mehr Handweber. Die Arbeit wird nach Stückzahlen vergütet, einige von ihnen könnten dann zu Hause arbeiten - das heißt, falls ihre Unterkünfte angemessen wären, doch bei allem, was ich bis jetzt gesehen habe, sind sie das bei weitem nicht.«
Ariels Augen strahlten nun förmlich. »Aber Ihr könntet etwas bewirken, nicht wahr?«
»Ja. Mit einer Art billigem Hausbau.«
»Ich würde sagen, Mylord, dass sowohl die Moral als auch die Produktivität erhöht werden können, wenn Ihr einen solchen Plan verwirklicht.«
Justin betrachtete die schäbigen, heruntergekommenen
Absteigen, in denen die Arbeiterfamilien lebten. »Da habt Ihr wohl Recht.«
Ariel schenkte ihm ein so breites Lächeln, dass es ihm vorkam, als würden die Strahlen der Sonne durch die Kutschenfenster scheinen.
Ganz unbewusst erwiderte er ihr Lächeln; das war etwas so Seltenes, dass die Muskeln um seinen Mund herum sich ein wenig steif anfühlten. Dann verebbte seine Freude langsam wieder. Er wollte sie in seinem Bett haben, und zwar nicht infolge eines falschen Eindrucks. Justin war ein Mann, nicht irgend so ein verdammter Wohltäter. Sie würde lernen müssen, das zu akzeptieren.
»Es ist Euch hoffentlich klar, dass diese Veränderungen für mich einfach nur ein gutes Geschäft bedeuten.«
»Aber natürlich.« Doch ihre Miene drückte aus, dass sie es für wesentlich mehr als nur das hielt.
»Ich tue das nicht aus lauter Menschenliebe - sondern weil ich glaube, dass ich damit mehr Geld verdienen kann.«
»Jawohl, Mylord«, stimmte sie ihm zu und hob beschwichtigend die Hände.
»Hoffentlich begreift Ihr das!«
Ariel nickte nur. Sie machte keine weitere Bemerkung und sah wieder aus dem Fenster.
Justin lehnte den Kopf zurück in die Polster und schloss die Augen; dabei versuchte er, nicht an das sonnige Strahlen zu denken, das ihn so erwärmt hatte.
Ihr Lächeln, das ihm galt, da sie glaubte, er hätte es in der Tat verdient.
Der Graf fuhr später noch einmal zu der Fabrik und kehrte erst am Abend zurück. Tags darauf verließen sie Cadamon und machten sich auf den
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