Ein verführerischer Pakt
können ihn jetzt beruhigt losbinden und ins Bett bringen."
"Versuch doch lieber, ihn erst aufzuwecken", schlug sie vor.
Es gelang dem Viscount, seinen Freund in eine halbwegs sitzende Stellung zu bringen, obwohl Galens breite Schultern immer wieder nach vorn sackten, als sei er vollkommen erschöpft. Tränen glitzerten in seinen Augenwinkeln, als er langsam den Kopf hob, um Lily anzusehen. Er presste die vollen Lippen hart aufeinander und schüttelte langsam den Kopf.
Der arme Mann brauchte dringend Trost. Lily beugte sich vor und legte ihm sanft die Hand auf den Arm. Galen unterdrückte ein Aufschluchzen und schloss die Augen. Von dem verschmitzten, draufgängerischen Richter war nichts mehr zu entdecken. Er war jetzt ein gebrochener und völlig wehrloser Mann.
"Ich stehe für immer in Ihrer Schuld, Sir", flüsterte Lily, denn sie wusste, wenn er nicht gewesen wäre, dann hätte jetzt Guy so trostlos und verstört neben ihr gesessen.
14. Kapitel
Am nächsten Morgen wartete Lily im Speisezimmer ungeduldig darauf, dass Guy endlich nach unten kam. Er hatte die Nacht im Zimmer seines Vaters verbracht und bei ihm und Galen Wache gehalten.
Beau hatte schon zeitig gefrühstückt und spielte jetzt in Guys ehemaligem Kinderzimmer mit einem der beiden angestellten Hausmädchen. Lily hatte an diesem Morgen erfahren, dass das gesamte Personal aus Mr. Mimms, Mrs. Sparks, der Haushälterin, dem Stallburschen Corrie und eben den beiden Hausmädchen bestand. Diesem Zustand musste bald Abhilfe geschaffen werden. Hier gab es genug Arbeit für mehr als doppelt so viele Bedienstete.
Sie trank bereits die dritte Tasse Kaffee und knabberte an einem mittlerweile kalten Hörnchen, doch Hunger verspürte sie nicht. Ihr war klar, sie würde es nie wieder über sich bringen, Tee zu trinken.
Guy kam herein und hielt seinem sehr erschöpft wirkenden Freund die Tür auf. Er legte ihm eine Hand auf die Schulter und führte ihn zu einem Stuhl. "Wir haben den Kaffee gerochen", teilte er Lily mit einem kläglichen Lächeln mit.
"Wie geht es Ihnen, Galen?" erkundigte sie sich und strich ihm besorgt über die Hand.
Er zog nur eine Schulter hoch, und selbst das schien ihn sehr anzustrengen. "Todmüde. Guy hat mir gesagt, ich hätte mich ziemlich aufgeführt."
Lily tauschte einen Blick mit ihrem Mann. "Nicht, dass ich das gern noch einmal miterleben möchte, aber ich habe auch schon mehrere Male eine solche Vorstellung abgegeben."
Der Richter nickte. "Der Tee war mit einer Droge versetzt. Die Frage ist nur, mit welcher?"
Guy schenkte zwei Tassen Kaffee ein und reichte eine davon seinem Freund. "Kamen dir die Empfindungen, die du erlebt hast, irgendwie vertraut vor?"
"Nein, so etwas habe ich noch nie durchgemacht", gab Galen zu und nahm Lily dankend den Teller ab, den sie auf der Anrichte für ihn vorbereitet hatte. Mit erstaunlich viel Energie machte er sich über die Hörnchen und das Birnenkompott her. Er kaute hastig, schluckte und spülte dann das Ganze mit dem Kaffee herunter, ehe er weitersprach. "Die Wirkung hatte nichts Vergleichbares mit dem Rausch nach irgendwelchen alkoholischen Getränken. Oder nach dem Rauchen von Hanf." Er verzog das Gesicht, als habe er eine höchst unangenehme Erinnerung daran. "Es ähnelte eher dem Gefühl, das nach dem Genuss von Opium eintritt, nur noch viel schlimmer. Dazu kommen dröhnende Kopfschmerzen und Übelkeit, fast wie bei einem Kater, den Gin verursacht."
"Du bist mit dem Kopf auf dem Boden aufgeschlagen, falls du das nicht mehr weißt", bemerkte Guy.
"Ach. Nun ja, das könnte auch eine Erklärung sein. Vom Magen her geht es mir besser, seitdem ich etwas gegessen habe." Erfreut nahm er eine weitere Tasse Kaffee an. "Nach dieser bin ich sicher wieder fast der Alte", sagte er. "Vielen Dank."
"Nein, wir müssen uns bei Ihnen bedanken", meinte Lily aufrichtig. "Und Sie haben keine Ahnung, was in dem Tee gewesen sein könnte?"
Er schüttelte den Kopf, aber ganz vorsichtig, als täte er ihm weiterhin weh. "Gar keine."
Guy lachte trocken. "Und er ist Spezialist für so etwas."
"Guy!" mahnte Lily entrüstet.
"Nein, er hat ja Recht", gab Galen reumütig zu. "Meine missratene Jugend fand, wenn ich ganz ehrlich sein soll, noch als Erwachsener ihre Fortsetzung, Lily. Ich wundere mich selbst manchmal, dass ich das alles mit einigermaßen intaktem Verstand überlebt habe."
"Das ist noch die Frage", spottete Guy gutmütig. "Aber du hast uns den Beweis erbracht, dass irgendetwas all die Jahre
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