Ein verführerischer Schuft
Tony, Dalziel, Dearne und Lostwithiel - standen in der Nähe der Eingangstür und schauten ihnen nach, beobachteten ihren Abgang. Alicia wartete hinter ihnen mit leichter Ungeduld; ihre breiten Schultern versperrten ihr die Sicht. Sie erkannte es sogleich, als ihre Wachsamkeit nachließ.
Tony und Dearne entspannten sich merklich.
»Anmaßende Teufel«, bemerkte Lostwithiel.
»Allerdings«, pflichtete ihm Dalziel bei.
Sie alle begannen sich von der Tür wegzudrehen …
Dann hielten sie inne.
Zusammen mit den anderen verfolgte Tony, wie zwei Kutschen aus unterschiedlichen Richtungen herangefahren kamen, vor dem Haus stehen blieben. Die Türen schwangen auf. Tristan sprang aus der einen Kutsche auf den Bürgersteig, aus der anderen stieg Jack Hendon. Beide kamen nicht gleich zum Haus gelaufen, sondern drehten sich um und halfen jemandem beim Aussteigen.
Kit, Jacks Gattin, und Leonora, Tristans Ehefrau.
Sie ließen sich kaum die Zeit, die Röcke auszuschütteln, dann hasteten sie beide zum Haus - und entdeckten einander. Unten am Fuß der kleinen Treppe trafen sie sich, stellten einander vor und schüttelten sich die Hände, dann drehten sie sich zusammen um und gingen mit entschlossenen Mienen die Stufen hoch.
Auf dem Bürgersteig sahen Tristan und Jack einander leidgeprüft an, dann folgten sie ihren Frauen.
Alle vier Männer an der Tür machten Platz.
Ihnen kaum einen Blick gönnend traten die beiden Damen ein. Sie entdeckten Alicia und eilten zu ihr.
»Kit Hendon, meine Liebe.« Kit bemächtigte sich Alicias Hand und winkte mit der anderen in Richtung Jack.
»Jacks Ehefrau. Wie entsetzlich das für Sie sein muss.«
»Leonora Wemyss - ich bin mit Trentham verheiratet.« Leonora deutete vage in Tristans Richtung, drückte Alicia ebenfalls die Hand.
»Geht es Ihrer Familie gut?«
Alicia gelang ein Lächeln.
»Ja. Ich glaube schon.« Sie deutete zum Salon.
»Es ist schlicht unerträglich«, erklärte Kit.
»Wir sind gekommen, um zu helfen.«
»Genau.« Leonora drehte sich zum Salon um.
»Es muss etwas unternommen werden, um die Sache wieder in Ordnung zu bringen.«
Gemeinsam betraten sie zu dritt den Salon und schlossen die Tür hinter sich.
Alle sechs Männer in der Diele starrten auf die Tür, dann sahen sie einander kurz an.
Dalziel seufzte, wie sie fanden mitleidsvoll, und wandte sich an Tony.
»Ich gehe wohl recht in der Annahme, dass Sie bereits in Gewahrsam haben, was die Bow-Street-Leute finden sollten?«
»Ja.« Tony beschrieb knapp den Inhalt der Briefe und wie sie ins Gesamtbild passten. Dann erklärte er, dass A.C. ihrer Ansicht nach am wahrscheinlichsten Ruskins Information dazu benutzt hatte, es so einzurichten, dass gewisse Handelsschiffe vom Feind gekapert wurden.
Am Ende seiner Erklärung starrte Dalziel einen Moment lang blicklos und stumm durch die offene Tür nach draußen. Dann sagte er leise:
»Ich will ihn haben.«
Er sah zu Tony, dann zu den anderen.
»Es kümmert mich nicht, was getan werden muss - ich will wissen, wer A.C. ist. Sobald wie möglich. Sie haben meine volle Unterstützung - und was Whitley angeht, ist es überflüssig zu sagen, dass er die Sache ebenfalls unterstützt. Falls Sie seinen Namen brauchen, haben Sie ebenfalls die Erlaubnis, ihn zu nutzen.«
Kurz blickte er sie an, dann nickte er.
»Ich überlasse die Angelegenheit von hier an wieder Ihnen.«
Damit ging er zur Haustür; auf der Schwelle blieb er stehen, sah zu ihnen, zu Tony.
»Übrigens, die Information gegen Mrs. Carrington - es gibt keine Möglichkeit, die Quelle zu ermitteln. Ich habe es versucht. Wer auch immer dieser Mann ist, er verfügt über beste Verbindungen - er wusste genau, in wessen Ohr er seine Unterstellungen fallen lassen musste. Auf Nachfrage behauptete jeder Befragte, er habe es von jemand anderem. Ich werde meine Ohren weiter offen halten, aber man kann nicht mit bahnbrechenden Erkenntnissen an dieser Front rechnen.«
Tony nickte.
Dalziel verließ das Haus, stieg die Stufen hinab und schlenderte die Straße entlang.
Die fünf restlichen Männer in der Halle blieben, wo sie waren, bis seine Schritte verhallt waren, dann holten sie alle tief Luft und blickten einander an.
»Ich bin mit einem Mal wirklich dankbar, dass ich bloß mit Whitley zu tun hatte«, bemerkte Jack.
»Allerdings, das solltest du auch.« Tony trat vor und schloss die Tür.
Charles fing Tonys Blick auf, als er wieder zu ihnen kam, dann schaute er zu Christian und Tristan.
»Woher wusste er
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