Ein verfuehrerischer Tanz
Frau, und bei Amelia witterte er die Chance, eine Dame zu bekommen, der er nicht lange den Hof machen musste. Wenn ein Mann von seinem Einfluss und seiner gesellschaftlichen Stellung einer Lady wie ihr einen Antrag machte … Sie wussten beide, dass Amelia ihm letztlich keinen Korb gab.
Gleichwohl hatte sie kein Problem damit, ihn warten zu lassen. Was Spencer verabscheute. Wenn man seine Geduld überstrapazierte, platzte ihm allzu leicht der Kragen.
Nicht zuletzt deshalb hatte er auf einer kleinen, privaten Zeremonie im Hause ihres Bruders bestanden. Ohne Gäste, ohne Musik und das ganze Brimborium würde es ihm vermutlich leichter fallen, ruhig und kontrolliert zu bleiben. Und jetzt ließ sie ihn über zehn Minuten warten, als wäre er ein dummer Schuljunge! Nicht nur das machte ihn rasend, er spürte auch, dass diese innere Unruhe irgendetwas zu bedeuten hatte. Hatte es mit ihm zu tun, mit ihr … oder vielleicht mit ihnen beiden? Wie dem auch sei, er beschloss, erst einmal zu heiraten, seine Angetraute in die Kutsche zu packen und das Rätsel im Bett zu lösen.
»Hoheit?«
Sein Kopf fuhr hoch. Lady Amelia stand vor ihm. Alle Achtung, er hatte der Schneiderin ein Vermögen gezahlt, aber das Kleid war wirklich sein Geld wert.
Amelia hielt die Hände hinter dem Rücken verschränkt, das brachte ihre Figur in dem Kleid besonders gut zur Geltung. Sie hatte ein ausladendes Becken, und ihr Busen war sündhaft aufreizend. Seide umschmeichelte ihre üppigen Kurven, schmiegte sich an die richtigen Stellen. Der silbrig irisierende Farbton, der ihn an taufeuchtes Heidekraut und springende Forellen in einem gurgelnden Bach erinnerte, betonte ihre zarte, helle Haut. Sie wirkte weich und feminin, und ihm schwirrte der Kopf. Er hätte nicht zu sagen vermocht, ob er sie elegant, schön oder umwerfend fand.
Ihre Erscheinung hatte etwas erfrischend Natürliches, wie kühles, glasklares Wasser an einem heißen Sommertag. Er musterte sie anerkennend.
Sie bedachte ihn mit einem respektvollen Nicken.
»Ich bitte meine Verspätung zu entschuldigen, Hoheit. Ich bin bereit. Wo ist denn dein Trauzeuge?«
Er starrte sie verständnislos an.
»Du … Du hast doch einen Trauzeugen, oder? Jemand, der nachher die Rechtmäßigkeit der Trauung mit seiner Unterschrift bezeugen kann?«
Er schüttelte den Kopf. Verdammt, daran hatte er nicht gedacht.
»Kann Beauvale das nicht übernehmen?«
»Laurent?« Sie runzelte die Stirn. »Doch, sicher, aber ich frage ihn ungern. Er ist nämlich nicht begeistert von meinem Entschluss. Leider sind meine anderen Brüder nicht hier. Michael ist mal wieder auf hoher See, und Jack … der geht dir verständlicherweise aus dem Weg.« Amelias Blick schweifte durch das Zimmer und blieb an ihrem Butler hängen. »Wir könnten Wycke nehmen. Aber du willst mit Sicherheit keinen Butler als Trauzeugen, oder?«
Spencer war fast schon bereit, den erstbesten Ganoven von der Straße zu nehmen. Er wollte die Trauung in der nächsten Viertelstunde hinter sich bringen.
»Doch, meinetwegen.« Er machte eine knappe Geste. »Holen Sie den Geistlichen herein. Wir erledigen das gleich hier.«
Als der Pfarrer das Zimmer betrat, warf Spencer ihm einen auffordernden Blick zu, und er stellte sich neben ihn.
Der Geistliche senkte sein schütteres Haupt.
»Ja, Euer Hoheit?«
»Ich lasse Ihrer Pfarre eine sehr großzügige Spende zukommen, wenn Sie schnell machen. Zehn Minuten und keine Sekunde länger.«
Stirnrunzelnd öffnete der Angesprochene sein Textbuch.
»Die Zeremonie ist immer die gleiche, Hoheit. Der heilige Bund der Ehe ist eine ernste Sache und bedarf der Prüfung, ob die beiden Verlobten sich das auch reiflich überlegt haben. Ich weiß nicht, aber den Text einfach so herunterzurattern …«
»Zehn Minuten. Eintausend Guineen.«
»Also gut, meinethalben. Was sind schon ein paar Minuten für einen Gott, der ewig herrscht?« Seine knochige Hand zitterte, als er Amelia zu sich winkte.
»Komm, mein Kind. Wir fangen an.«
Spencer hörte nur mit halbem Ohr zu, als der alte Mann den Text hastig herunterleierte. Im Grunde genommen hatte der Geistliche Recht. Eine Eheschließung war eine ernste, feierliche Angelegenheit – da sollte man nichts überstürzen. Allerdings brauchte er sich nichts vorzuwerfen, er hatte lange gezögert und sich die Entscheidung nicht leichtgemacht, denn sonst hätte er schon vor Jahren geheiratet. Als Amelia »Ja, ich will« murmelte, schickte der Duke ein kurzes Stoßgebet zum Himmel:
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