Ein verfuehrerischer Tanz
mache?« Ein ironisches Funkeln trat in seine dunklen Augen. »Du meinst, wenn ich nicht anderweitig nachts aktiv bin?« Er machte eine vielsagende Pause, und Amelia bekam rote Ohren. »Wenn ich nicht gerade wieder was Heimtückisches aushecke?«
Er neigte sich vor, und ein heftiges Prickeln überlief ihre Haut.
Mit tiefer Stimme sagte er: »Ich lese.«
Sie starrte ihn mit großen Augen an.
»Bücher«, fügte er erklärend hinzu.
»Ah so«, erwiderte sie, als wäre ihr ein Licht aufgegangen.
Er öffnete eine kleine, prall mit Büchern gefüllte Truhe. Der Duke war doch immer wieder für eine Überraschung gut!
»Alle Achtung.« Sie kicherte. »Du bist wirklich ein begeisterter Leser.«
»Immer wenn ich in London bin, nehme ich die Gelegenheit wahr und stocke meine Bibliothek auf.« Er nahm ein paar Bücher aus der Truhe. »Ich habe nie eine Universität besucht, sondern viel gelesen und mir so mein Wissen angeeignet.«
»Wolltest du denn nicht studieren?«
»Nicht unbedingt. Und selbst wenn, wäre mein Onkel von der Idee wenig begeistert gewesen.«
»Wegen der Geschichte mit Lord Asworth in Eton? Weil du von der Schule geflogen bist?«, tippte sie aufs Geratewohl. Nach den Gerüchten zu urteilen schien ihr dies die logische Konsequenz zu sein. Außerdem gab es starke Ressentiments zwischen den beiden Gentlemen.
Er warf ihr einen ärgerlichen Blick zu. Aha, damit wäre also eine Frage beantwortet.
»Nein«, sagte er frostig, während er ein Buch heraussuchte und die anderen wegpackte, »weil mein Onkel gesundheitliche Probleme hatte und ich als sein Erbe alles übernehmen sollte. Ich musste mich um seine Geschäfte und die Gutsverwaltung kümmern, das war wichtiger als Latein oder Mathematik. Ich habe meine Studien uanbhängig davon fortgesetzt.«
»Tja, so geht es vielen von uns.«
Er hob forschend die Augenbrauen hoch.
»Oh, damit meinte ich nicht dich und mich.« Sie hielt den Blick auf Nadel und Faden gesenkt. »Ich meine, so geht es vielen Frauen.« Sie tippte sich auf die Brust. »Obwohl sie nicht die Universität besuchen, eignen sich etliche ihr Wissen durch Bücher an.«
Mit dem Vergleich wusste der Herzog nichts anzufangen. Verdutzt lehnte er sich mit einem Buch auf seinem Stuhl zurück. Amelia lächelte und war sehr zufrieden mit sich.
»Was liest du denn da?«, erkundigte sie sich scheinheilig.
Er hielt ihr das Buch hin.
» Waverley ! Und ich dachte, du verschlingst Bücher. Und dann hast du das noch nicht gelesen?«
»Doch, sogar mehr als einmal.« Er blätterte durch die Seiten. »Ich brauche heute Abend ein wenig leichte Lektüre.«
Amelia konzentrierte sich auf ihre Stickerei und sagte zögernd:
»Ich gebe zu, es überrascht mich, dass Waverley zu deinen Lieblingsbüchern gehört.«
»Ich weiß auch nicht, warum. Es ist eben sehr populär.«
»Stimmt.« Sie warf ihm unter halb gesenkten Lidern einen koketten Blick zu. »Und es ist eine Liebesgeschichte.«
»Ist es nicht.« Er hielt das grün eingebundene Buch auf Armeslänge von sich und starrte darauf, als hätte Amelia gesagt, es sei eine Ananas. »Es ist ein historischer Roman über die schottischen Aufstände. Es werden Schlachten ausgefochten.«
»Und es geht um eine romantische Dreiecksbeziehung.«
Er schnaubte gereizt.
»Kann ich jetzt in Ruhe lesen?«
Sie verkniff sich ein Kichern. Kurz darauf war sie tief in ihre Handarbeit versunken – konzentrierte sich auf die präzisen, gleichmäßigen Stiche und eine sorgfältige Auswahl der farbigen Stickfäden. Die Stille im Zimmer wurde lediglich von dem leisen Knacken des Kaminfeuers und einem gelegentlichen Rascheln durchbrochen, wenn der Duke eine Seite umblätterte. Amelia wurde zunehmend schläfrig. Als sie merkte, dass ihre Stiche immer ungenauer wurden, verknotete sie den letzten blauen Faden und schnitt ihn ab. Dann betrachtete sie ihr Werk.
»Wie hast du das gemacht?« Spencer griff nach der Stickarbeit.
Erschrocken über die plötzliche Nähe fuhr Amelia auf ihrem Stuhl zusammen. Wann hatte er seinen Stuhl neben ihren gerückt? Wie lange schaute er ihr schon über die Schulter?
»Das da.« Er zeigte auf den kleinen gestickten Wasserfall, der durch eine Schlucht sprudelte. »Es sieht wirklich aus wie Wasser. Wie machst du das?«
»Ach das.« Ein Anflug von Stolz schlich sich in ihre Stimme. »Das sind feine Seidenfäden in unterschiedlichen Blautönen und ein bisschen silbernes Garn. Ich drehe die Nadel beim Sticken, dadurch fängt jeder Faden das Licht
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