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Ein verhängnisvoller Auftrag Meisterspionin Mary Quinn I

Ein verhängnisvoller Auftrag Meisterspionin Mary Quinn I

Titel: Ein verhängnisvoller Auftrag Meisterspionin Mary Quinn I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Y.S. Lee
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aber er wollte deine Mutter nicht beunruhigen. Er überließ mir ein Zigarrenkistchen, das er wieder an sich nehmen wollte, wenn er zurückkehren würde; sollte das jedoch tatsächlich nicht der Fall sein, dann wollte er, dass ich es dir zukommen ließe, wenn ich die Zeit für gegeben hielte.« Mr Chen sah sie bedauernd an. »Ich hatte zu viel Angst, deiner Familie zu helfen, und ich habe es versäumt, dir das hier zu geben, ehe du verschwunden bist. Dieses Versäumnis kann ich mir nicht verzeihen. Aber nun bist du hier.   – Dein Vater liebte dich von Herzen, Mary. Das hier hat er dir hinterlassen.«
    So viele Fragen hatten sich in ihr angestaut, aber Mary konnte den Blick nicht von der Zigarrenkiste wenden. Sie starrte sie nur an, voller Angst, dass essich um einen bösen Scherz handeln könnte   – oder dass sich die Kiste, sobald sie gierig die Hand danach ausstreckte, um sie zu berühren, in Luft auflösen oder zu Staub werden könnte.
    Der gedämpfte Klang der Türglocke unterbrach sie. »Ich lasse dich allein, damit du dir dein Erbe ansehen kannst«, sagte Mr Chen leise. Sie brachte keine Antwort heraus, aber als sie wieder aufsah, war er verschwunden.
    Die Zigarrenkiste war mit Bindfaden umwickelt. Als Mary ihn löste, erinnerte sie sich plötzlich wieder, wie ihr Vater ihr verschiedene Seemannsknoten beigebracht hatte: den Palstek, den Achterknoten, den Kreuzknoten. Mit zitternder Hand klappte sie den Deckel auf, sodass der Klebstreifen aus Papier an der hinteren Kante fast zerriss. Obenauf lag ein Umschlag, auf dem in sorgfältiger, kindlicher Handschrift einfach nur »Mary« stand. Daraus zog sie eine halbe Briefbogenseite und ein zusammengefaltetes Stückchen Papier, das etwas enthielt, was sich wie ein Pflaumenkern anfühlte.
     
    Meine liebe Mary,
    als Erstes und Wichtigstes: Ich liebe Dich von Herzen.
Ich bin stolz auf Dich und werde es immer sein.
    Ich gehe auf eine gefährliche, aber wichtige Reise. In
dieser Kiste hinterlasse ich ein paar Informationen, die
eines Tages bedeutungsvoll für Dich sein könnten. Du
kannst auf die Hilfe von Mr Chen vertrauen.
    Ich muss nun los. Pass gut auf Deine Mutter und Dein
neues Schwesterchen oder Brüderchen auf und hilf
ihnen, sich an mich zu erinnern.
    Dein Dich liebender Vater
    Er war so kurz. Mary las ihn immer wieder und hoffte jedes Mal, etwas mehr herauszulesen. Mehr über ihn selbst, mehr über sie, überhaupt mehr. Sie merkte nicht, dass sie weinte, bis ihre Tränen auf den Bogen fielen und die Unterschrift verwischten.
    Da musste sie noch heftiger weinen, und ihre Finger zitterten, als sie das zusammengefaltete Stück Papier öffnete. Darin war etwas, das sie ganz und gar vergessen hatte: ein kleiner Anhänger aus geschnitzter Jade, nicht größer als ihr Daumennagel. Er sah wie eine kleine Frucht aus   – eine Birne vielleicht. Die Kette war schwarz angelaufen, aber sie hatte ihr gehört   – vor langer Zeit. Etwas von ihrem chinesischen Erbe, das sie an Feiertagen hatte tragen dürfen. Aber was machte es hier? Warum hatte ihr Vater den Schmuck so vorsichtig versteckt, an einem Ort, den sie möglicherweise niemals gefunden hätte?
    Ein leises Klopfen an der Tür ließ sie zusammenfahren; hastig wischte sie sich die Tränen ab. »Ja?«
    Mr Chen kam herein. »Es tut mir leid, dass ich stören muss, aber ich brauche dieses Büro, um einen geschäftlichen Besuch zu empfangen. Würdest du ins Wohnzimmer gehen? Dort kannst du dir Zeit lassen, so viel du brauchst.«
    Das Wort »Zeit« rief ihr plötzlich ihre Situation ins Gedächtnis. »Ich muss gehen!«, stieß sie aus. Wie lange war sie schon hier drin?
    »Aber nein, Mary, bleib doch!«
    Sie versuchte zu lächeln. »Ich muss los   – in eigener Sache.« Sie sah auf die Zigarrenkiste hinunter. Sie enthielt einen weiteren Umschlag, der an ihre Mutter adressiert war, sowie eine Rolle mit Dokumenten, die ebenfalls mit Bindfaden umwickelt war. »Mr Chen«, sagte sie, »darf ich diese Kiste bei Ihnen lassen? Ich kann sie jetzt nicht mitnehmen.«
    »Aber gerne. Sie hat ja schon zehn Jahre auf dich gewartet; sie wird noch ein bisschen länger warten.«
    Mary packte alles wieder ein, zögerte, nahm die Kette heraus, legte sie an und steckte den Anhänger unter ihre Bluse. »Danke«, sagte sie mit belegter Stimme. »Ich komme bald wieder.«
    Mr Chen verbeugte sich leicht. »Bis zum nächsten Mal, Mary.«

Sechzehn
    A us dem Schutz seiner Kutsche beobachtete James das Laskarenheim mit zusammengekniffenen

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