Ein verhaengnisvoller Winter
murmelte Richard, und Josefine hakte sich etwas fester bei ihm ein. „Was ist los? Du bist die ganze Zeit schon so ruhig“, bemerkte Josefine.
Richard bog auf den Pfad ein, der um den See führte. „Ich hab mich gefragt, ob du dich mittlerweile entschieden hast, was du jetzt machen willst.“ Er sah kurz zu ihr hinüber, ehe er wieder die Umgebung betrachtete. „Wirst du denn nun hier bleiben oder kann ich dich demnächst nur noch am Wochenende sehen, wenn ich dich besuchen komme?“
„Würdest du mich oft besuchen?“ fragte sie lächelnd.
„Jedes Wochenende, Josi.“
Sie drückte seinen Arm, ehe sie versicherte: „Das brauchst du gar nicht. Ich hab mich entschlossen, dass ich hier bleib.“
„Josi! Ich wusste, dass du vernünftig wirst“, rief er aus, nahm sie in die Arme und hob sie ein Stück hoch.
„Richard, lass mich runter!“ , zappelte Josefine. „Der Mann da hinten guckt schon!“
Richard ließ sie runter und sah sich suchend um. „Ach, das ist der alte Kalter.“ Richard hob grüßend eine Hand zu dem Mann, der am Ufer angelte. „Der hat Angst, dass wir ihm die Fische verscheuchen. Deshalb guckt der so.“
„Ja, sicher. Das glaubst du.“ Josefine strich sich peinlich berührt den Rock glatt.
„Stell dich nicht immer so an.“ Richard winkte ab und lief weiter.
Josefine hakte sich wieder bei ihm ein und fiel in seinen Schritt ein.
„Und wie kommt es, dass du jetzt vernünftig geworden bist?“
„Ha, ha.“ Josefine warf noch einen Blick auf den merkwürdig aussehenden Angler, ehe sie sich wieder auf ihr Gespräch konzentrierte. „Ich hab hin und her überlegt. Bis ich mich gefragt hab, was mich zu Hause erwartet, außer meine Familie, natürlich. Aber ich hab zu Hause ja keine Arbeit und, nun, du bist hier und auch die Margot und Gabi. Also hab ich gedacht, ich bemüh mich auch um eine Stelle in der Seidenweberei. Die suchen immer noch jede Menge Arbeitskräfte, auch ungelernte und Lisbeth und Anneliese haben jetzt eine Stelle sicher. Der verantwortliche Mann in der Fabrik war wirklich sehr nett. Er sagt, sobald sie wieder jemanden anlernen können, bin ich seine erste Wahl. Er würde sich persönlich darum kümmern.“
„Ach ja?“ Richard runzelte die Stirn. „Der war ja wohl ni cht aufdringlich, oder?“
Josefine verdrehte die Augen. „Richard, bitte! Der Mann hat sich auf die Arbeit bezogen.“
„Na, ich weiß nicht. Kannst du nichts anderes finden?“
Josefine blieb stehen und sah ihn an. „Was soll das denn jetzt? Ich dachte, du freust dich.“
„Ja, aber wenn du da mit jemandem zusammen arbeitest, der schon blöde Bemerkungen macht, bevor du da anfängst …“
„Der Mann stellt die Leute ein. Mehr nicht“, versicherte Josefine ruhig. „Das ist ja lächerlich, Richard, w ie du wieder aus einer Mücke einen Elefanten machst.“
Richard zuckte nur die Achseln und ging weiter.
„Wie auch immer“, erzählte Josefine weiter, „auf jeden Fall helf ich mit, die Kinder aufzupassen, während Lisbeth und Margot arbeiten sind. Und später, wenn ich auch eine Stellung hab, können wir uns dann vielleicht abwechseln, je nachdem, welche Schicht wir haben.“ Gutgelaunt sah Josefine über den ruhigen See. „Das kommt der Lisbeth und der Margot auch sehr recht, dass sie jetzt die Kinder nicht bei Anneliese lassen müssen. Der Kindergarten ist zu teuer, und in die Schule kommen die beiden Großen ja noch nicht.“
Richard sah sie wieder an. „Die Anneliese lässt sich ganz schön hängen, was?“
„Ja, Herberts Tod hat ihr einen gewaltigen Schlag verpasst. Ich hoffe nur, sie kommt bald drüber weg. Zumal jetzt ja doch der große Skandal ausgeblieben ist.“
„Ja, ich weiß immer noch nicht, ob ich darüber froh sein soll. Dass ich mich aber auch nicht genau erinnern kann, was damals passiert ist.“
„Der Arzt sagt, das ist nicht ungewöhnlich, nach so einer Verletzung“, beruhigte Josefine.
„Ja, aber hätt ich nicht gestammelt wie ein Idiot, als die Polizei kam, um mich zu befragen, dann hätte man die Sache ernst genommen. Aber ich hab erst gemerkt, dass ich mich eigentlich nur an verschwommene Bruchstücke von dem erinnern kann, was eigentlich passiert ist, als ich zu Hause war und man mich befragt hat. Ich bin auch völlig mit der Zeit durcheinander gekommen. In einem Moment stand ich noch bei dir an der Hauswand, im nächsten lag ich schon zu Hause auf dem Sofa. Die Polizisten haben sich nur noch mit hochgezogenen Brauen angeguckt, als ich endlich
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