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Ein verhängnisvolles Versprechen

Ein verhängnisvolles Versprechen

Titel: Ein verhängnisvolles Versprechen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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abrutschen können, denn Eltern rechnen immer mit dem Schlimmsten, auch an einem so netten Ort wie einem Spielplatz. Ich habe mir vorgestellt, wie ihr winziger Fuß eine Stufe nicht richtig trifft. Ich habe mir vorgestellt, wie ihre kurzen Finger den Halt verlieren, wie ihr kleiner Körper nach hinten kippt, wie sie auf den Kopf fällt und ihr kleiner Hals in einem unglücklichen Winkel …«
    Ihre Stimme erstarb.
    »Also habe ich hinter ihr gestanden und war auf das Schlimmste vorbereitet.«
    Claire sah ihn schweigend an.
    »Ich hätte ihr niemals weh getan«, sagte Myron.
    »Ich weiß«, sagte sie leise.
    Er hätte erleichtert sein sollen. Das war er aber nicht. Etwas in ihrem Ton verriet ihm, dass er noch längst nicht aus dem Schneider war.
    »Ich weiß, dass du ihr nichts tun würdest.« Sie sah ihn mit glühendem Blick an. »Trotzdem bist du nicht ganz schuldlos.«
    Er wusste nicht, was er darauf sagen sollte.
    »Warum bist du nicht verheiratet?«, fragte sie.
    »Was hat das denn damit zu tun?«
    »Du bist einer der liebenswürdigsten und nettesten Männer, die ich kenne. Du liebst Kinder. Du bist nicht schwul. Warum bist du also nicht verheiratet?«
    Myron hielt sich zurück. Claire stand immer noch unter Schock, sagte er sich. Ihre Tochter wurde vermisst. Jetzt schlug sie einfach auf alles ein, was in ihre Nähe kam.

    »Ich glaube, es liegt daran, dass du Zerstörung mit dir bringst, Myron. Überall, wo du hingehst, werden Menschen verletzt. Ich glaube, daran liegt es, dass du nie geheiratet hast.«
    »Was soll das denn jetzt? Willst du sagen, dass ein Fluch auf mir liegt?«
    »Nein, natürlich nicht. Aber meine kleine Tochter ist verschwunden.« Sie sprach jetzt langsam und betonte jedes Wort. »Und du bist derjenige, der sie zuletzt gesehen hat. Dabei hattest du ihr versprochen, sie zu beschützen.«
    Er rührte sich nicht.
    »Du hättest es mir erzählen können«, sagte sie.
    »Ich hatte ihr versprochen …«
    »Nein«, sagte sie und hob eine Hand. »Das ist keine Entschuldigung. Aimee hätte nichts davon erfahren. Du hättest mich zur Seite nehmen und sagen können: ›Pass auf, ich hab Aimee gesagt, dass sie mich anrufen kann, wenn sie ein Problem hat.‹ Das hätte ich verstanden. Es hätte mir sogar gefallen, weil ich dann immer noch für sie da gewesen wäre. Genau wie damals auf der Leiter. Ich wäre in der Lage gewesen, sie zu beschützen, denn das tun Eltern. Eltern, Myron, nicht Freunde der Familie.«
    Er wollte sich verteidigen, aber ihm fielen keine Gegenargumente ein.
    »Aber das hast du nicht getan«, fuhr sie fort. Die Worte prasselten nur so auf ihn herab. »Stattdessen hast du Aimee versprochen, dass du ihren Eltern nichts davon erzählst. Dann hast du sie irgendwohin gefahren und dort abgesetzt, ohne weiter auf sie aufzupassen, wie ich es getan hätte. Verstehst du das? Du hast dich nicht um meine kleine Tochter gekümmert. Und jetzt ist sie verschwunden.«
    Er sagte nichts.
    »Und was hast du jetzt vor?«, fragte sie.
    »Was?«
    »Ich habe gefragt, was du jetzt vorhast.«

    Er öffnete den Mund, schloss ihn wieder und versuchte es noch einmal. »Ich weiß nicht.«
    »Doch, du weißt es ganz genau.« Plötzlich wirkte Claires Blick ganz klar. »Die Behörden haben zwei Möglichkeiten. Wahrscheinlich werden sie sich da raushalten. Erste Anzeichen dafür habe ich schon bemerkt. Aimee hatte sich Bargeld besorgt, bevor sie dich angerufen hat. Also legen sie den Fall entweder auf den Stapel mit den Ausreißern und kümmern sich nicht weiter darum, oder sie gehen davon aus, dass du irgendwie in die Sache verwickelt bist. Vielleicht auch beides. Dass du ihr beim Ausreißen geholfen hast oder so. Weil du ihr Liebhaber bist. Es kommt aber gar nicht drauf an, weil sie über achtzehn ist. Sie werden nicht lange nach ihr suchen. Die müssen sich um dringendere Angelegenheiten kümmern.«
    »Was soll ich tun?«
    »Du sollst sie finden.«
    »Ich rette keine Menschen. Das hast du doch gerade noch gesagt.«
    »Dann wird es langsam Zeit, dass du damit anfängst. Schließlich ist meine Tochter deinetwegen verschwunden. Ich mache dich dafür verantwortlich.«
    Myron schüttelte den Kopf. Aber sie ließ sich nicht davon abbringen.
    »Du hast sie was versprechen lassen. Hier in diesem Haus hast du ihr ein Versprechen abgenommen. Jetzt bist du dran, verdammt noch mal. Versprich mir, dass du meine kleine Tochter findest. Versprich mir, dass du sie wieder nach Hause bringst.«
    Und einen Augenblick

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