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Ein verwegener Gentleman

Ein verwegener Gentleman

Titel: Ein verwegener Gentleman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Brendan
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Stufen von Connaught Street Nummer sieben hinauf.
    Ross gab dem Kutscher ein Zeichen zu warten und folgte ihr bis zur Treppe.
    Vor der untersten Stufe blieb er stehen. „Elizabeth“, rief er leise und doch gebieterisch.
    Sie zögerte, drehte sich dann hoheitsvoll um und warf ihm einen fragenden Blick zu.
    Sein Gesicht lag im Dunkeln. „Komm her.“
    „Ich bin müde.“
    „Komm her.“
    Elizabeth ballte zornig die Fäuste, schritt zähneknirschend drei Stufen hinab und verharrte.
    „Ich erwarte von meiner Verlobten, dass sie mir freundlich Gute Nacht sagt.“
    Elizabeths Augen glitzerten voller Abscheu. „Und ich, Sir, werde eher einen kalten Tag in der Hölle erleben, als mich von einem Emporkömmling von Viscount über Höflichkeit belehren zu …“
    „Du undankbares, unbelehrbares Frauenzimmer!“
    Elizabeth fuhr zusammen, als sie die schimpfende Stimme ihrer Großmutter hinter sich hörte, und wäre vor Schreck beinahe gestolpert, doch Ross hinderte sie daran, die restlichen Stufen hinunterzufallen, indem er sie auffing.
    „Wo bist du gewesen? Was hast du getan? Weißt du, dass ich Pettifer zweimal zum Pfarrer geschickt habe, um nachzusehen, ob du zu ihm gegangen bist?“ Edwina stürmte mit flatterndem Morgenrock vor die Tür. „Also, wo bist du gewesen? Lüg mich nicht an, das werde ich merken. Warst du etwa im Armenviertel bei dieser fragwürdigen Freundin von dir?“
    Erst da gewahrte Edwina den Mann, der ihre Enkelin zu umarmen schien. Schockiert schlug sie sich die Hand auf die Brust und hielt sich an dem Eisengeländer fest. „Oh, mein Gott! Jetzt ist sie wirklich ruiniert …“
    „Lady Elizabeth war bei mir.“
    „Stratton?“, schnauzte Edwina. Sie erholte sich bemerkenswert rasch. „Was haben Sie getan? Haben Sie sie verführt? Oh, vergessen Sie es. Kommen Sie herein, alle miteinander, bevor wir noch jedem Passanten Gesprächsstoff liefern.“ Ohne ein weiteres Wort verschwand Edwina wieder durch die halb offene Tür ins Haus.
    Ross schob die zitternde Elizabeth sanft von sich und führte sie die Stufen hinauf. Elizabeth hatte keine Kraft mehr, sich gegen ihn aufzulehnen.
    „Dem Himmel sei Dank, dass sie bei Ihnen gewesen ist, Stratton! Ich hatte schon Sorge, dass die liebe Lizzie völlig den Verstand verloren hätte und mitten in der Nacht in das Elendsviertel gegangen wäre!“, platzte Edwina heraus, als sie im Salon waren. Sie lachte erleichtert auf.
    Elizabeth starrte die Großmutter an. Sie persönlich fand es weitaus wünschenswerter, eine unverheiratete Jungfer zu sein, die kurz vor Mitternacht bei einer guten Tat ertappt wurde, statt ein loses Frauenzimmer, das sich vor der eigenen Haustür an den Hals eines berüchtigten Schurken klammerte.
    Edwina jedoch entspannte sich zusehends. „Ich bin fast verrückt geworden, als ich herausfand, dass du aus dem Haus gegangen warst. Ich glaubte, du lägest längst im Bett.“
    Pettifer kam, zündete Kerzen an und schürte die erlöschenden Scheite im Kamin, als ob derartige Katastrophen nichts Ungewöhnliches wären.
    „Ich war außer mir“, fuhr Edwina fort. „Und ich meine, Liebes, dass es klüger und sehr viel anständiger gewesen wäre, wenn du bis morgen gewartet hättest, um den Viscount um Rat zu bitten, wie du deiner unglücklichen Freundin helfen kannst …“
    „Sei still, Großmama“, brachte Elizabeth zähneknirschend heraus.
    „Bitte fahren Sie doch fort, Mrs. Sampson“, widersprach Ross, der seiner beunruhigten Verlobten einen nachdenklichen Blick zuwarf. „Ich wäre natürlich erfreut, behilflich zu sein, wenn ich nur etwas mehr über das Problem wüsste.“
    Edwina stand mit dem Rücken zum Kamin und wärmte sich. „Wissen Sie, dass ich so närrisch war zu glauben, Lizzie wäre heute Abend mit etwas Wertvollem in dieses widerliche Armenviertel gegangen, um ihre Freundin freizukaufen?“
    Ross hob eine Augenbraue. „Ich entnehme Ihren seltsamen Äußerungen, dass Ihre Enkelin eine Frau kennt, die irgendwo im Elendsquartier in sehr unglücklichen Umständen lebt. Eine Freundin, der sie unbedingt helfen will … um jeden Preis?“
    „Nun, natürlich! Hat sie Ihnen denn nichts davon erzählt?“, fragte Edwina verblüfft.
    Elizabeth warf Ross einen rebellischen Blick zu. „Habe ich Ihnen nichts davon erzählt?“, wiederholte sie. „Nun, dann lassen Sie es mich Ihnen jetzt sagen. Der Grund, weshalb ich so tollkühn war, Sie heute Abend aufzusuchen, hatte nichts mit dem zu tun, was Sie in Ihrer Überheblichkeit

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