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Ein verzauberter Sommer: Roman (German Edition)

Ein verzauberter Sommer: Roman (German Edition)

Titel: Ein verzauberter Sommer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Hall
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fester umarmte. Trotz seiner neunundsiebzig Jahre war er immer noch kerngesund. Gott sei Dank. »Vielleicht wartet sie auf den richtigen Zeitpunkt«, sagte sie.
    »So wie du?« Seine Worte waren kaum hörbar, aber Flavia wusste schon, was er sagen wollte, bevor er sie ausgesprochen hatte.
    »Ich hatte meine Gründe«, gab sie zurück.
    »Und was willst du jetzt tun?«
    Flavia schmiegte sich enger an ihn. Bei Lenny fühlte sie sich geborgen, hier war der Platz, wo sie genau richtig war. Lenny kannte sie so gut. Er hatte instinktiv erkannt, dass sich etwas verändert hatte.
    »Sie fliegt hin«, erklärte sie. »Ich kann sie nicht davon abbringen.«
    Lenny streichelte ihr übers Haar. Heute war es schneeweiß, aber früher war es einmal fast schwarz gewesen. »Für sie ist dieser Ort nicht mit schlimmen Erinnerungen behaftet, Schatz«, sagte er. »Es ist deine Vergangenheit, nicht die von Tess. Sie will nur sehen, wo du groß geworden bist. Das ist vollkommen normal.«
    Flavia seufzte. Wenn man es so betrachtete, hatte er natürlich recht. Aber noch etwas anderes war wahr: Ein Ort konnte einen festhalten, verändern und beeinflussen. Und Siziliens Geheimnisse reichten weit zurück. Ob sie unter Verfolgungswahn litt? Vielleicht. Irgendwo hatte sie gelesen, dass niemand so empfindsam war und so feine Antennen für andere hatte wie jemand, der leicht paranoid war. Ach ja, sie war alt. Was wusste sie schon?
    »Wovor hast du so große Angst?« Lenny blieb beharrlich. »Was in aller Welt glaubst du, könnte ihr passieren, Liebes?«
    »Ich weiß es nicht.« Flavia lachte, doch es klang ein wenig hysterisch.
    »Hast du Angst um sie?« Lennys Hand auf ihrem Haar wirkte beruhigend.
    Sie spürte, wie sie sich entspannte und den Gedanken losließ.
    »Oder um dich selbst?«
    Kurz bevor sie einschlief, wurde ihr bewusst, dass er recht hatte. Um dich selbst … Wenn sie etwas tun wollte, musste sie es bald tun. Wie lang hatte sie noch Zeit? Sie musste sich dieser Sache stellen. Tess ging nach Sizilien. Es war so weit.

4. Kapitel
    G inny war scharf auf ihren Friseur. Sie sah ihn nicht so oft, wie ihr lieb gewesen wäre, obwohl sie auch noch zwischen den normalen Terminen zum Haareschneiden im Salon vorbeischaute, um sich gratis den Pony nachschneiden zu lassen. Jetzt sah sie im Spiegel zu, wie er eine ihrer dunklen Haarsträhnen nahm, betrachtete und die Stirn runzelte.
    »Was?«, fragte sie und überlegte, ob er sich die Augenbrauen zupfte. Erstaunen würde sie das nicht. Sie hatten eine perfekte Halbmondform.
    »Hast du mal eine Haarkur benutzt, wie ich es dir empfohlen habe?« Er verdrehte die Augen, während er die Locke zwischen Daumen und Zeigefinger rieb, und sie kicherte.
    Er hatte irre Augen. Irre im Sinne von »Wahnsinn«. Fast dunkelblau. Und er hatte fast schwarzes Haar. Seine Fingernägel, die jetzt durch ihr langes Haar fuhren, waren in einem metallischen Grün lackiert. Es war so eine grauenvolle Verschwendung, dass er schwul war.
    Die attraktivsten Jungs waren schwul, das war eine bekannte Tatsache. Sie und ihre beste Freundin Becca mochten bei Männern beide den gleichen Stil und führten eine Liste: Männer mussten gut riechen, vorzugsweise nach Jean Paul Gaultier for men . Sie mussten dunkles Haar haben, am besten mit einem langen Pony, der ihnen bis über die Augen hing und erforderte, dass sie ihn gelegentlich zurückwarfen. Sexy. Vorzugsweise trugen sie Eyeliner, leicht verwischt und verrucht. Sie mussten die richtigen Klamotten tragen, und zwar solche mit Klasse. Und sie mussten groß sein.
    Ginny war einszweiundachtzig in Turnschuhen, Becca einssiebenundachtzig. Das war alles andere als komisch. Bis vor Kurzem hatte Ginny beim Gehen die Schultern rund gemacht und nur Ballerinas getragen. Aber seit sie im College Becca kennengelernt hatte, waren hochhackige Schuhe das Größte – je höher und schmaler die Absätze, umso besser. Gemeinsam gehörten die beiden einer höheren Lebensform an. Kriegerinnen. Amazonen.
    »Hmmm«, meinte Ginny. Ben hatte das Thema gewechselt und erzählte jetzt von Freitag, als er abends im The Church gewesen war. »Klingt cool.« Sie lächelte und spürte jedes Mal, wenn er ihr Haar berührte, einen köstlichen Schauer.
    In solchen Momenten vergaß Ginny die Kugel beinahe. Aber nicht ganz. Die Kugel war sehr fest und saß unterhalb ihrer Kehle und über ihrem Brustbein. Wie etwas Verfilztes. Sie war sich nicht sicher, wie lange sie schon da war. Ungefähr ein Jahr vielleicht. Manchmal

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