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Ein verzauberter Sommer: Roman (German Edition)

Ein verzauberter Sommer: Roman (German Edition)

Titel: Ein verzauberter Sommer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Hall
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war es das.« Tess konnte nicht glauben, wie ruhig sie war, ruhig und distanziert. Sie stand auf. »Aber du hast dich entschieden.« Sie war zu stolz, um zu versuchen, ihn umzustimmen.
    Er erhob sich ebenfalls, nahm ihren Arm. »Wenn du zurück bist …«
    Tess sah ihn unverwandt an. »Nein«, sagte sie.
    »Ich mache das wieder gut, Schatz.«
    Wieder entzog sie sich ihm. »Leb wohl, Robin.« Verließ den Pub, nicht zu schnell und nicht zu langsam. Ich bin mehr wert als das . Sie stieg ins Auto. Ich werde nicht zusammenbrechen . Sie startete den Motor. Und ich werde nicht weinen. Verdammt sollte er sein! Warum sollte sie weinen? Man weinte, wenn man etwas verlor, das einem gehörte, oder? Aber er hatte ihr nie gehört. Und deswegen hatte sie heute auch nichts verloren.

7. Kapitel
    F lavia trocknete sich die Hände am Geschirrtuch ab und trat dann gemächlich durch die Hintertür aus der Küche in den Garten. Es war kurz nach Mittag, und die Sonne schien warm auf ihre bloßen Arme. In Sizilien würde es wärmer sein, dachte sie und blieb am Kräuterbeet stehen, wo die Minze wie jedes Jahr schon wieder wild wucherte. Jedes Jahr nahm sie sich vor, sie auszugraben und in einen Topf zu sperren, doch nie konnte sie sich dazu überwinden. Die Natur hatte die Minze dazu bestimmt, wild und frei zu sein. Wer war sie, sich da einzumischen?
    Sie warf einen Blick auf die Armbanduhr. Tess war jetzt schon in der Luft. In diesem Moment überquerte das Flugzeug vielleicht gerade Frankreich. Was ihre Tochter wohl dachte, wenn sie aus dem Fenster auf die Wolken hinuntersah? Ob sie aufgeregt war oder gar ein wenig Angst hatte vor dem, was vor ihr lag?
    Aus ihrer Schürzentasche zog Flavia ein gebundenes Notizbuch mit leeren Seiten und einen Stift. Sie nahm die Schürze ab, faltete sie ordentlich zusammen und legte sie auf den Gartenstuhl. Es war Lennys Stuhl. Er stand an dem Holztisch gegenüber von ihrem eigenen auf den Bodenplatten, die er vor zwei Jahren gelegt hatte. Lenny war unterwegs. Er traf sich zum Mittagessen mit einem seiner alten Freunde. Daher hatte sie Haus und Garten für sich.
    Zufrieden schaute sie sich um. Der Garten war nicht groß, aber groß genug. Er war bunt und hatte einen gut gepflegten Rasen; dafür sorgte Lenny. Wie nannten die Immobilienmakler das noch – Außenfläche? Das war ein Begriff, mit dem man in Cetaria nicht viel anfangen konnte. In Sizilien gab es Häuser, in denen man wohnte, und der Rest war »draußen«. Merkwürdig, dass man ausgerechnet in England, wo alles so grau war, Außenflächen für so enorm wichtig hielt – obwohl sie sich im Lauf der Jahre an das Klima gewöhnt hatte; das Wetter war ihre geringste Sorge. Trotzdem … Sie ließ sich auf ihrem Stuhl nieder und machte es sich bequem. Ihr fehlte dieses intensive Blau des sizilianischen Sommers; die herrliche Sommerhitze, obwohl sie früher oft darüber geflucht hatte.
    Sie holte hörbar Luft. Tess war allein nach Sizilien geflogen, was gut war. Noch besser wäre allerdings gewesen, sie wäre gar nicht geflogen.
    »Ich denke an dich«, hatte Flavia zu ihr gesagt. Und an Sizilien.
    Sie setzte sich und schlug das Notizbuch auf. Man muss die Geschichte erzählen, um sie loslassen zu können. Na schön, sie würde es versuchen. Sie würde versuchen, das, was sie nicht aussprechen konnte, niederzuschreiben: die Geschichte des Mädchens namens Flavia, das ihr von heute aus betrachtet so fern und so verloren vorkam. Es war an der Zeit dazu.
    Meine liebste Tess, schrieb sie.
    Wo sollte sie beginnen? Am besten am Anfang, dachte sie. Mit dem Tag, an dem es geschehen war, an dem alles begonnen hatte.
    Es war Juli gewesen und heiß, sehr heiß. Sie erinnerte sich an die Hitze der Sonne auf ihrem Rücken, die in ihren Nacken stach, als sie sich bückte, und die dünne weiße Bluse an ihrer Haut kleben ließ. Sie erinnerte sich, wie sie mit dem Handrücken ihr dichtes Haar zurückgeschoben hatte. Ihre Hand war fleckig von den Tomaten gewesen.
    Juli 1944
    Flavia ging in die Hocke, um die reifen Tomaten von der nächsten Pflanze in der Reihe zu pflücken. Heilige Muttergottes, dachte sie. Sie hatte gerade erst mit dem Pflücken begonnen, und schon tat ihr der Rücken weh, und ihre Finger waren grün. Wieder Juli, wieder Ernte, und im August, September und Oktober wurde weitergepflückt. Tomaten und Oliven, Äpfel und Pflaumen. Pflück, pflück, pflück, den ganzen Tag, damit Mama die Feldfrüchte zerkleinern, durchsieben, sterilisieren, auf Flaschen

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