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Ein vortrefflicher Schurke (German Edition)

Ein vortrefflicher Schurke (German Edition)

Titel: Ein vortrefflicher Schurke (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabrina Jeffries
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Dennoch, man sollte doch meinen, dass ich davor zurückschrecken würde, über solche Dinge zu schreiben, nachdem meine Eltern auf so entsetzliche Weise umgekommen sind.«
    »Ich denke, genau das Gegenteil ist der Fall. Die kindliche Fantasie ist leicht beeinflussbar, besonders in dem Alter, das du hattest, als deine Eltern starben.« Er fuhr mit dem Daumen über ihre Fingerknöchel. »Du hast von ihrem schrecklichen Tod erfahren, und die Bilder gingen dir nicht mehr aus dem Kopf. Also hast du einen Weg gesucht, damit fertigzuwerden und die Kontrolle wiederzuerlangen, die dir im Leben entrissen worden war. Das zeigt einfach nur, wie stark du bist.«
    »Bist du wirklich dieser Ansicht?«
    »Wäre ich es nicht, wäre ich nicht hier.«
    Mit einem dankbaren Lächeln ließ sie seine Hand los. »I-ich denke, ich bin jetzt bereit. Wir können wieder hineingehen, und du zeigst mir, was du mir vorhin zeigen wolltest.«
    »Nicht nötig.« Er würde sich eher den rechten Arm abhacken, als sie diese Schrecknisse nochmals durchleben zu lassen. »Dinge zu meiden, die einem zu nahe gehen, ist keine Feigheit.« Er zögerte und fragte sich, ob er ihr wirklich mehr sagen sollte, doch ihr gequälter Gesichtsausdruck hielt ihn dazu an weiterzusprechen. »Ich habe keinen Fuß mehr in die Bibliothek gesetzt, seit sich mein Vater dort erschossen hat. Ich war damals schon längst erwachsen, aber trotzdem bringe ich es immer noch nicht über mich hineinzugehen.«
    Sie sah ihn mitfühlend an. »Du warst nicht derjenige, der ihn gefunden hat?«
    »Nein. Ich wünschte fast, es wäre so gewesen.« Seine Stimme wurde rauer. »Mutter ist als Erste hineingelaufen, als wir den Schuss hörten. Sie schrie immer noch, als ich hinter ihr herkam.«
    Er wandte den Blick ab. »Ich war zufällig zu Hause zu Besuch, als Vater die Nachricht erhielt, dass …« Nein, er durfte ihr nicht sagen, dass sein alter Herr alles an den Betrüger Sir John Sully verloren hatte. Es würde nur unangenehme Fragen aufwerfen. »Als Vater eine schlechte Nachricht erhielt. Mein Bruder war in der Stadt, also waren Mutter und ich allein.« Er räusperte sich. »Ich habe den Constable gerufen, mich um den Coroner gekümmert und dafür Sorge getragen, dass in der Bibliothek hinterher gründlich sauber gemacht wurde.«
    »Oh Giles!«, hauchte sie und ergriff abermals seine Hand. »Daher kennst du dich mit Blutflecken aus.«
    »Ja. Es gab einen in unserer Bibliothek. Mutter hat den Boden erneuern lassen, doch ich habe es nie gesehen. Ich … gehe da nicht hinein. Ich schicke stets Daniel oder einen Diener.« Er atmete geräuschvoll aus. »Ich sage mir immer wieder, dass es albern ist und dass es keinen Grund gibt, diesen Raum zu meiden, und dass schließlich nicht sein Geist darin herumspukt, und trotzdem …«
    »Die Bilder tauchen wieder vor deinem geistigen Auge auf, und du willst von ihnen nicht noch mehr gequält werden als ohnehin schon.«
    »Genau.« Seine Stimme wurde sanfter. »Es war falsch, etwas von dir zu erwarten, das mir selbst nicht gelingt.«
    »Du hast keine Schuld. Ich habe dich darum gebeten. Und ich möchte immer noch, dass du …«
    »Es ist nicht nötig. Ich habe alles gesehen, was es hier zu sehen gibt. Jetzt brauche ich erst einmal weitere Informationen.«
    Sie nickte. »Ich erinnere mich. Du hast gesagt, du wüsstest gern, in welcher Position sich die Leichen befanden, als sie gefunden wurden.«
    »Daraus könnte ich eine Menge Rückschlüsse ziehen. Leider kann man sich nicht darauf verlassen, dass niemand etwas am Tatort verändert hat, bevor der Constable ihn zu sehen bekam. Nur deine Großmutter kennt die Wahrheit. Aber deine Brüder wollen sie nicht damit behelligen, solange sie Desmond im Verdacht haben. Wie ich hörte, war sie krank, und sie möchten sie nicht mit unausgegorenen Theorien in Aufregung versetzen.«
    »Eigentlich …« Minerva biss sich auf die Unterlippe, als überlege sie, ob sie Giles ihren Gedanken anvertrauen sollte. Dann atmete sie tief durch. »Eigentlich weiß Oliver, in welcher Position sich unsere Eltern befanden. Er hat sie gefunden.«
    Giles sah sie erstaunt an. »Ist das wahr?«
    Sie nickte, wich jedoch seinem Blick aus. »Er hat sie nicht getötet! Dazu wäre er niemals fähig gewesen! Er hat sie lediglich gefunden.«
    »Ich weiß, dass dein Bruder sie nicht getötet hat«, versicherte Giles. Wie konnte sie nur glauben, er würde so etwas denken! »Ich war schon lange vor dem Tod eurer Eltern mit ihm befreundet. Er ist der

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