Ein Weihnachtswunder zum Verlieben - Roman
den Augenwinkeln linse ich auf das Passfoto mit meinem Namen, Eve Taylor, der in schwarzer Tinte quer darübergekritzelt ist. Und ich muss an diesen Tag denken, als ich mir sosehr gewünscht habe, die anderen Angestellten bei Hardy’s würden mich einfach bloß sehen ,und frage mich, warum ich damals nicht gemerkt habe, wie viele mich schon gesehen haben. Zumindest diejenigen, die mir am wichtigsten sind. Ich drücke Felix’ Arm, und er lächelt mir zu, um dann seine Krawatte zurechtzurücken.
»Blödes Ding«, schimpft er und hat seine »vornehme« Stimme ganz vergessen. »Weiß auch nicht, warum ich diese Foltergeräte überhaupt anziehe. Maisie hat immer gesagt, damit sehe ich aus wie eine dressierte Weihnachtsgans.«
»Komm her«, sage ich und drehe Felix zu mir um, um dann an seiner Krawatte zu zupfen und den Knoten zu lösen, sodass sie offen herunterhängt. Ich öffne den obersten Hemdknopf und lege die Krawatte so, dass sie glatt am Hemdkragen anliegt. »Das trägt man heute so. Sieht sehr lässig aus«, erkläre ich ihm. »Und passt viel besser zu dir.«
Felix lächelt dankbar, und wir spazieren gemeinsam in den Laden. Die gesamte Deckenbeleuchtung ist ausgeschaltet, und nur das märchenhafte Licht des riesigen Weihnachtsbaums an der Haupttreppe weist uns den Weg durch das Erdgeschoss. Langsam schreiten wir die Treppe hinab. Ich kann mich nicht wie sonst mit der Hand am Geländer festhalten, weil wir es bei unserer Verschönerung mit Stechpalmenzweigen und Efeu umwunden haben. Am Rand jeder einzelnen Stufe stehen brennende rote Stumpenkerzen in unterschiedlichen Größen, die ihr warmes flackerndes Licht verströmen und uns hinunter ins Untergeschoss leuchten, wo uns weitere Kerzen zu Lilys Teesalon geleiten.
»Was ist denn hier los?«, frage ich Felix flüsternd, während wir bedächtig den kerzengesäumten Weg entlanggehen. »Wird das eine Weihnachtsfeier?«
»Sozusagen«, entgegnet er und führt mich durch den Eingang.
Verdattert nach Luft schnappend schaue ich mich um. Lilys Teesalon ist wie verwandelt und scheint einem altmodischen Weihnachtstraum entsprungen. Der kleine Raum ist voller duftender Teelichte, die fröhlich in Vintage-Teetassen flimmern und die Luft mit dem Aroma von Granatäpfeln und Gewürzen erfüllen. Die Tische sind allesamt in die Ecken des Raums geschoben worden, bis auf einen einzigen kleinen Tisch für zwei, der in einemhandgemachten bemalten Schlitten mitten im Raum steht. Darüber ist ein Baldachin aus bunten Lichtern gespannt, der von der Decke hängt, sodass Tisch und Schlitten im Dunkel des Raums durch die am Nachthimmel leuchtenden Sterne zu sausen scheinen. An der rückwärtigen Wand stehen ein halbes Dutzend kleiner, mit Kunstschnee bestäubter Nadelbäume in Reih und Glied, was dem Ganzen einen verwunschenen Narnia-Touch verleiht. Ich kann mir gut vorstellen, dass Jan dabei seine Hände im Spiel hatte. Der Tisch im Schlitten ist mit einer tiefroten Tischdecke gedeckt, und Lily hat darauf bunt zusammengewürfeltes altmodisches Geschirr in Grün und Rot gestellt. Ein Tischschmuck aus Kerzen auf einem antiken Tortenständer, umgeben von Birnen mit goldenen Blättern, Cranberrys und einigen verstreuten Stechpalmenzweigen und Maronen ringsum, prangt in der Mitte. Im Hintergrund läuft weihnachtliche Swingmusik.
Felix führt mich zu dem Tisch, der für zwei gedeckt ist, und hilft mir in den Schlitten. Ich lächele schüchtern, und mein Herz wird ganz weit, als Sam aufsteht und sich verbeugt, um mir dann aus dem Mantel zu helfen, und mir bedeutet Platz zu nehmen. Eine dicke, weiche Kaschmirdecke liegt auf meinem Platz, die Felix mir jetzt umsichtig auf die Knie legt, damit ich nicht friere. Als wir die ganze Nacht an der Weihnachtsdekoration gearbeitet haben, mussten wir nämlich feststellen, dass es bei Hardy’s nachts ganz schön kalt werden kann. Als ich dann bequem sitze, schaue ich schließlich auf und sehe Sam an. Er trägt einen Smoking und hat die Haare zurückgekämmt, sodass er genauso aussieht wie die Filmstars auf Lilys alten Fotos.
Felix schenkt uns Champagner in zwei Kristallgläser ein und geht dann zurück zur Theke, wo Lily und Iris stehen und ihn hektisch heranwinken, beide ganz in Schwarz mit weißen Schürzchen.
»Ganz ruhig, Lil«, höre ich ihn sagen. »Der erste Gang kannwarten. Lassen wir die beiden erst ein bisschen reden. Kommt …« Und damit verschwinden die drei, leise miteinander tuschelnd.
Kopfschüttelnd sehe ich mich um und schaue
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