Ein Weihnachtswunder zum Verlieben - Roman
hinter der sein Lieferwagen auf ihn wartet.
»Prima, dann bis bald!«, zwitschere ich fröhlich.
In Gedanken bin ich schon bei der Planung unseres großen Abends. Das wird toll.
Fünfzehntes Kapitel
E he man sichs versieht, ist es neun Uhr, und kurz darauf kommt die gesamte Belegschaft zur allwöchentlichen montagmorgendlichen Personalbesprechung ins Warenlager; gähnend und sich an Tee- und Kaffeepappbecher zum Mitnehmen klammernd wie an Rettungsringe auf hoher See, während alle irgendwelches zusammenhangloses Zeug quasseln. Die meisten sind noch in Jacke und Mantel, also gerade erst von der Straße durch den Personaleingang hereingekommen, was auch heißt, dass sie noch nicht im Laden waren.
Leise räume ich die letzten Sachen der morgendlichen Lieferung weg, während sich alle angeregt miteinander unterhalten.
»Würg, ich kann es nicht fassen, dass schon wieder Montag ist«, stöhnt Becky an niemand Bestimmtes gerichtet, während sie sich auf mein Sofa in meinem kleinen Pauseneckchen fallen lässt. Schnell reiße ich einen Stapel neu eingetroffener Waren unter ihrem Po weg, ehe sie sich draufsetzt und alles zerknautscht. Sie scheint es nicht mal zu merken. »Könnte mich bitte jemand wecken, wenn Sharon mit den Zahlen durch ist? Das Letzte, was ich jetzt noch brauche, ist eine Lehrstunde zum Thema ›Wie viele Handtaschen ich letzte Woche nicht verkauft habe‹.«
»Wenigstens brauchst du dich nicht damit herumzuärgern, dass sie und Carly dir in deine Abteilung reinpfuschen«, knurrt Elaine aus der Designerabteilung. »Das ganze Wochenende hatte ich sie am Hals. Dauernd sind sie herumgelaufen, haben sich alles angeschaut und sich auf einem Klemmbrett Notizen gemacht. Ichkonnte mich nicht ein Mal in Ruhe hinsetzen und meine Grazia lesen. Es war zum Erbrechen.«
»Aber ist es zu fassen, was in Guys Abteilung los war?«, meldet sich Becky zu Wort. »Einfach unglaublich, was er da auf die Beine gestellt hat; er ist kaum wiederzuerkennen. Auf einmal läuft er rum wie aus dem Ei gepellt und brabbelt dauernd was von ›meine Vision‹ und ›Ich weiß einfach, was Kunden wünschen …‹, statt mit einem Gesicht wie sieben Tage Regenwetter in der Ecke zu sitzen und zu jammern.«
Ich kann mir ein Lächeln nicht verkneifen. Ich wusste, Guy würde sich rückhaltlos in diese Sache hineinstürzen. Und ich freue mich für ihn. Wenn es so weitergeht, behält er seinen Job vielleicht doch.
»Und er hat kein einziges Mal erwähnt, wie einsam man sich als Homosexueller zuweilen fühlt«, meint Jenny. »Oder sich gefragt, ob sein Ex wohl am Samstagabend auf der Old Crompton Street unterwegs ist. Er war einfach … glücklich.«
»Aber es war irgendwie komisch, so viele neue Kunden im Laden zu haben«, sagt Becky. »Ich meine, zum ersten Mal seit einer Ewigkeit war hier mal wieder richtig was los.«
»Ich hoffe, meine Abteilung sieht nicht auch irgendwann so aus«, brummt Elaine. »Wenn ich so viel zu tun hätte wie Guy, käme ich ja gar nicht mehr dazu, in Ruhe meine Zeitschriften zu lesen. Zu viel harte Arbeit für meinen Geschmack.«
Bei dieser Bemerkung muss ich lachen. Elaine ist berühmt-berüchtigt für ihre Faulheit. Die Arbeit bei Hardy’s ist für sie der Himmel auf Erden. Früher hat sie bei Selfridges gearbeitet, und ihrer Aussage zufolge muss das samstags die Hölle sein. Den Job hier bei Hardy’s hat sie nur angenommen, weil sie sich hier einen lauen Lenz machen kann. Fürs Nichtstun auch noch bezahlt zu werden ist für sie einfach das Größte. Und doch stöhnt sie immer, hier käme es einem vor, als würde die Zeit stillstehen. Undrecht hat sie. Eine Stunde kann einem hier drinnen manchmal vorkommen wie zehn. Ein Großteil der Verkäufer weiß die Hälfte der Zeit nichts mit sich anzufangen. Schließlich hat man irgendwann alle Regale zum x-ten Mal aufgeräumt und alles geordnet, und dann bleibt einem nichts anderes übrig, als dumm in der Abteilung herumzustehen, stumpf ins Leere zu starren und zu hoffen, dass jemand – irgendjemand – vorbeikommt und einem dabei hilft, ein bisschen Zeit totzuschlagen. Sie tun mir richtig leid. Die meisten haben ihren Job inzwischen schon fast verlernt, und ich weiß gar nicht, was sie tun würden, würden wir plötzlich mit Kunden überschwemmt. Guy jedoch hat sich tapfer der Herausforderung gestellt und sie gemeistert, was mich wirklich sehr freut. Wobei er natürlich nicht die geringste Ahnung hat, dass sein Job davon abhängt.
»Ach, du lieber Himmel!«
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