Ein Weihnachtswunder zum Verlieben - Roman
Lederwarenabteilung zu, damit sie herkommt und ihnen unter die Arme greift, aber sie sieht mich nicht. Ich versuche es ein zweites Mal, und diesmal merkt sie es, legt ihr Telefon beiseite und kommt herübergefegt.
»Heiliges Kanonenrohr!«, ruft sie und eilt einer Kundin zu Hilfe, die sich suchend nach einer Verkäuferin umschaut.
Sharon und Rupert tauchen in einer Ecke auf, reden und weisen dabei auf Gwen, die in seliger Unwissenheit um ihre prekäre Beschäftigungssituation ihre Arbeit macht. Und dann laufen auch Sharon und Rupert los, um an der Kasse auszuhelfen, und in diesem Moment arbeiten alle zusammen wie ein wunderbar harmonisches Team und geben ihr Bestes, die Kunden zu bedienen und so letztendlich Hardy’s vor dem Untergang zu retten, damit hier in Zukunft noch viele, viele Kunden bedient werden können.
Und ich stehe daneben und schaue mir das alles an, noch immer schwer beladen mit Carlys illustrer Warenauswahl, während die Kunden um mich herumströmen wie Nebelschwaden, diemich noch unsichtbarer machen als sonst. Aufregung und Stolz überkommen mich wie eine mächtige Welle, und ich genieße dieses nie gekannte Gefühl in vollen Zügen. Das war ich. Ich. Und ich bin gut. Ich bin wirklich gut.
Sechzehntes Kapitel
G anz im Gegensatz zu der vor Geschäftigkeit wie ein Bienenstock brummenden Kosmetikabteilung unten wirkt die Designerabteilung still und menschenleer wie ein Friedhof, als ich mit den Kleidern hereinkomme. Carly steht mitten in der Abteilung; sie scheint von dem, was sich ein Stockwerk tiefer abspielt, überhaupt nichts mitbekommen zu haben. Derweil schiebt die griesgrämige Elaine diverse Kleiderständer von einer Seite der Abteilung zur anderen. Die Luft ist zum Schneiden.
»Aber da drüben waren sie doch schon mal«, protestiert Elaine, als Carly auf einen Punkt nahe des Kassenschalters an der gegenüberliegenden Wand zeigt.
»Gar nicht wahr«, widerspricht Carly, schaut mich an und verdreht die Augen, als wolle sie sagen: »Gutes Personal ist heutzutage schwer zu finden.«
»Wohl wahr, verdammt und zugenäht«, knurrt Elaine und setzt sich störrisch wie ein Esel auf die untere Stange des Ständers.
»Was hast du gesagt?« Carly zieht einen Schmollmund, wirbelt auf dem Absatz herum und nimmt Elaine wie ein Raubvogel ins Visier. Schockiert gehe ich in Deckung. Elaine verschränkt die Arme vor der Brust und reckt trotzig das Kinn. Carly schaut mich flüchtig an, und ihr Gesicht wirkt etwas weicher, als sie sich wieder Elaine zuwendet. »Ich hoffe, du hast nicht geflucht, Elaine. Denk dran, ich bin deine Vorgesetzte. Also dann«, sie klatscht in die Hände und legt diese dann nachdenklich an die Lippen, »wo war ich gerade? Ach ja, wir wollten den Kleiderständer gerade dahinten an die Wand stellen, nicht wahr, Elaine?« Der letzte Teil des Satzes ist eindeutig ein Befehl, keine Frage.
Elaine steht wieder auf und schiebt den Ständer an die gewünschte Stelle, wobei sie im Vorbeigehen irgendwelche Verwünschungen murmelt. Ich glaube, sie hat mich nicht mal bemerkt.
Carly dreht sich wieder zu mir um. »Hallo, Schätzchen, legst du das alles bitte irgendwohin und holst mir die restliche Ware? Wie viel ist es denn noch?«
Am liebsten würde ich sagen: »Mehr als einer allein tragen kann, und wichtiger noch, mehr als dieser Laden je verkaufen wird«, aber natürlich tue ich das nicht. Die heutige Lieferung war mehr als umfangreich, und dann sind da ja auch noch die Sachen, die schon am Donnerstag angekommen sind. Ich habe heute Morgen nach der Besprechung in den Inventarlisten nachgesehen, und wir haben kein einziges der Tops von Florence Gainsbourg verkauft, obwohl Carly es selbst im Laden getragen hat. Keine Ahnung, wo Hardy’s das Geld für diese kostspieligen Anschaffungen hernimmt oder wie Carly sie an die Frau zu bringen gedenkt.
»Das sind noch mindestens drei oder vier Ladungen«, sage ich und schaue mit flehendem Blick zur Treppe. »Wenn du mir hilfst, brauchen wir nur zwei Mal zu gehen«, füge ich hoffnungsvoll hinzu.
»Oh nein, Schätzchen.« Entschieden schüttelt Carly den Kopf. »Das geht nicht. Ich bin gerade mitten im kreativen Prozess, ich muss mir alles vorstellen und überlegen, wo was hinkommt. Das ist eine schwierige, langwierige Angelegenheit; das verstehst du nicht.« Freundlich lächelt sie mir zu. »Du schaffst das sicher, oder?«
Ich nicke matt und mache mich wieder auf den Weg die drei Stockwerke nach unten. Bei solchen Gelegenheiten wünsche ichmir
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