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Ein weißes Land

Ein weißes Land

Titel: Ein weißes Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sherko Fatah
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was ich so täte, antwortete ich ausweichend. Ich suchte nach einer Möglichkeit, das Gespräch auf ungefährliche Themen zu lenken.
    »Du gehst nicht mehr zur Schule, habe ich gehört. Was ist geschehen?«
    »Ich weiß nicht, es war genug. Sagte nicht Ephraim immer, dass der Umsturz unausweichlich ist? Wie geht es ihm eigentlich?«
    »Er bereitet sich und seine Leute noch immer auf den entscheidenden Augenblick vor. Die Gewehre haben sie gut versteckt und alle paar Wochen schickt er jemanden, der sie ausgräbt, putzt und ölt. Die Gruppe ist übrigens größer geworden.«
    »Bist du jetzt auch dabei?«
    »Nein, du kennst mich doch, ich stehe daneben und schaue zu. Na ja, nicht immer: Ich werde wohl bald heiraten.«
    »Das freut mich für dich. Kenne ich sie?«
    »Nein. – Was ist mit dir? Hast du eine Frau kennengelernt?«
    Ich verneinte, gab mir jedoch Mühe, dabei fröhlich zu wirken.
    »Willst du nicht?«
    »Doch. Aber ich habe kaum Zeit.« Umständlich beschrieb ich ihm meine Arbeit im Offiziersclub, vermied aber jeden Hinweis auf die politischen Umtriebe dort.
    Ezra fragte nicht weiter nach und ich erkundigte mich nach seiner Familie. So erfuhr ich, dass Mirjams damaliger Bräutigam nach einigem Hin und Her abgesprungen und in Indien geblieben war.
    »Nein, mach dir keine Gedanken«, sagte Ezra. »Er hatte sie nie gesehen, daher konnte sie auch nicht wirklich gekränkt sein. Es war eine familiäre Sache und, natürlich, ging es ums Geld. Baba fürchtet nun, dass sie ein spätes Mädchen wird, eine, die man mit jedem weiteren Jahr schwerer loswird. Das ist bei euch Muslimen ja nicht anders, am Ende bleiben sie im Haus und leben als Schatten mit den Eltern. Baba hat aber gerade jetzt wieder einen Neuen gefunden, der für sie infrage kommen könnte. Allerdings ist er ziemlich alt, ein Witwer, und Mirjam will nichts von ihm wissen.«
    Während wir so plauderten, spürte ich die alte Vertrautheit wieder entstehen und auch die müßige Entspanntheit, die sich für mich nur mit Ezra verband. Es lag wohl daran, dass dieser immer Zeit zu haben schien, nie den Eindruck erweckte, in Eile zu sein oder überhaupt etwas vorzuhaben.
    Wir standen vor einem der Restaurants direkt am Ufer des Tigris. Schwaden von Rauch stiegen durch das Strohdach auf, alte Männer nuckelten an ihren Wasserpfeifen und blickten unbeteiligt zu uns heraus.
    »Was gibt es denn zu essen?«
    Ezra hob die Schultern. »Huhn und Reis vielleicht.«
    Die Schuhputzer hockten in der brütenden Hitze, und ich dachte daran, dass sie nie teures Fleisch aßen, sondern ausschließlich von Brot, Datteln und Wasser lebten.
    »Uns geht es gut, nicht wahr«, murmelte ich. »Trefft ihr euch noch in dem Café in Bataween?«
    »Ja, ziemlich oft.«
    »Vielleicht komme ich wieder einmal hin«, sagte ich und es war mir ernst damit.
    So sehr sehnte ich die kurze Zeit meiner Unbeschwertheit zurück, dass ich Mirjam sogar ihr Spielchen von damals verzieh. Ich wollte sie wiedersehen, ihr gereift gegenübertreten, malte mir die Szene in Gedanken aus.
    »Du kommst aber als Freund, oder?«, sagte Ezra noch, nachdem wir uns bereits verabschiedet hatten.
    Diese Bemerkung riss mich aus meiner Sentimentalität. Misstrauisch blickte ich mich zu ihm um, während ich den Schritt beschleunigte. Es war nicht Ezras Art, rätselhafte Bemerkungen von sich zu geben. Ich war sicher, dass er damit etwas bezweckt hatte. Vielleicht wusste er besser Bescheid, als er sich hatte anmerken lassen. Nichts ist mehr so einfach wie früher, dachte ich ernüchtert.
    Mit dem unerwarteten Tod König Ghazis bei einem Autounfall wurden die Abende im Offiziersclub länger. Immer öfter kamen spät noch wichtige Leute, die ich nicht kannte und die offensichtlich nicht von jedermann erkannt werden wollten. An Nidals Verhalten konnte man sehen, welche Bedeutung diese Besucher hatten, manchmal war er so nervös, dass er kurz vorher rasch zwei Gläser Whisky hinunterstürzte.
    Den ersten Deutschen meines Lebens sah ich in einer kühlen Nacht im Oktober. Die Fenster waren geöffnet worden, um frische Luft hereinzulassen, ich und die anderen Saaldiener hatten Anweisung, die Räume besonders gründlich zu säubern.
    »Er ist eben ein Deutscher«, sagte Nidal weihevoll, und das schien ihm Erklärung genug zu sein.
    Der Mann im offenen Staubmantel, der schließlich in Begleitung zweier Leibwächter den Raum betrat, hatte einen unaussprechlichen Nachnamen und ließ sich daher rücksichtsvoll mit seinem Vornamen

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