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Ein wilder und einsamer Ort

Ein wilder und einsamer Ort

Titel: Ein wilder und einsamer Ort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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göttliche Vorsehung.« Meine Skepsis muß mir im Gesicht
gestanden haben, denn sie fragte mich: »Welchem Glauben gehören Sie an?«
    »Ich bin katholisch erzogen worden.
Jetzt bin ich... gar nichts.«
    »Gucken Sie nicht so erschrocken; ich
will Sie nicht missionieren. Aber daß Sie ›gar nichts‹ sind, nehme ich Ihnen
nicht ab.«
    »Wieso?«
    »Wenn Sie’s wären, wären Sie nicht
hier, um das kleine Mädchen zu retten. Sie glauben sehr wohl. Sie geben dem nur
keinen Namen.«
    »...Kann sein.«
    »Es ist so. Und jetzt sagen Sie — wann
fliegen Sie nach Jumbie Cay?«
    »Heute abend, so gegen zehn.« Ich
erläuterte ihr meine Theorie, wie Connors sich verhalten würde.
    »Da dürften Sie recht haben«, sagte
sie. »Also müssen wir zusehen, daß Sie ausreichend geschützt sind. Sehen Sie
die Spielzeugkiste da drüben? Machen Sie sie auf.«
    Ich ging hin, nahm den Teddy herunter
und klappte den Deckel auf. Drinnen befand sich ein Sammelsurium weiterer
Stofftiere. Ich sah Regina stirnrunzelnd an.
    Sie warf mir einen kleinen Schlüssel
zu. »Nehmen Sie alles raus und lösen Sie das Bodenbrett.«
    Ich beförderte das Spielzeug auf den
Boden, löste das Bodenbrett und nahm es heraus. Darunter verbarg sich ein
beeindruckendes Sortiment Handfeuerwaffen.
    »Ehe Sie gehen«, sagte Regina, »werden
wir dafür sorgen, daß Sie die richtige Waffe bei sich tragen, unsichtbar und
wasserfest verpackt. Aber darum kümmern wir uns später. Jetzt machen wir uns
erst mal an die Arbeit.«
    Regina setzte mich um Viertel nach fünf
in Marigot ab. Im Kopf hatte ich eine ganze Liste von Informationen und
Instruktionen. In meinem Kreuz klebte, vom Gürtel meiner weiten Hose zusätzlich
gehalten, ein wasserdicht verschweißter Plastikbeutel. Darin befanden sich mein
Geld, meine Ausweise und andere wichtige Papiere, eine superleichte
Neun-Millimeter-Glock und noch die eine oder andere unabdingbare Kleinigkeit.
Mein gelbes Hemd war so weit geschnitten, daß es die Beule kaschierte. Regina
drückte meine Hände, wünschte mir alles Gute und ermahnte mich, sie unter ihrer
unregistrierten Nummer anzurufen, wenn ich nach meiner Rückkehr mit der Kleinen
Hilfe brauchte.
    Daß sie so zuversichtlich unterstellte,
daß ich zurückkommen würde, machte mir Mut.
    Connors würde frühestens in einer
Stunde von seinem Charterauftrag zurück sein. Ich bog in eine Seitenstraße ein,
fand ein kleines Straßencafe und bestellte mir einen Kaffee. Während ich den
Kaffee trank, ging ich meinen Plan noch einmal durch. Ein paar Kleinigkeiten
waren noch zu erledigen; ich würde mir eine Telefonzelle suchen, ehe ich in
Connors Apartment zurückkehrte.
    Ich war zwar eine ganz gute
Schauspielerin, aber es würde nicht leicht sein, Connors gegenüber so zu tun,
als hätte sich nichts geändert. Dennoch, ich würde es schaffen, und eventuelle
Ausrutscher würde er sicher meiner Nervosität wegen des nächtlichen
Unternehmens zuschreiben. Die wenigstens brauchte ich nicht zu spielen.
    Der Plan war hieb- und stichfest;
Regina und ich waren ihn x-mal durchgegangen, und jede von uns hatte aus ihrem
Erfahrungsfundus heraus immer noch neue Verbesserungen beigesteuert. Exakte
Vorbereitung war alles, und ich war aufs detaillierteste gewappnet. Ein Schritt
würde mit reibungsloser Präzision zum nächsten führen.
    Während ich sämtliche Einzelheiten noch
einmal memorierte, merkte ich, wie meine Nervosität nachließ. Ich fühlte mich
der Sache gewachsen und fast schon ein bißchen euphorisch. Noch ein Weilchen,
und ich würde das Ganze genießen!
    War es das, was der Diplobomber fühlte,
wenn er eine seiner Bomben auf den Weg brachte? Vermutlich ja. Dieser
Machtrausch war vielleicht nicht das Motiv für die Anschläge, aber sicher ein
befriedigender Nebeneffekt. Und je unverfrorener er mit der Polizei spielte,
desto riskanter wurde es und desto stärker der Rausch.
    Allmählich begann ich ihn auf eine Art
und Weise zu verstehen, wie es das Studium eines trockenen Psycho-Profils nicht
zu bewirken vermochte. Wenn es mir gelang, mich immer weiter in ihn hineinzuversetzen,
bis ich fast genauso tickte wie er, vielleicht würde ich dann draufkommen, was
in seiner Gefühlslogik der absolute Höhepunkt war, auf den alles hinauslief.
Einen solchen mußte es geben; er hatte seine Aktivität allmählich gesteigert,
seine Verhaltensmuster geändert, mehr von sich gezeigt. Er würde bald auf
diesen Höhepunkt zusteuern. Und falls er das tat, wenn er...
    Halt, McCone! Eins nach dem

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