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Ein wildes Herz

Ein wildes Herz

Titel: Ein wildes Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Goolrick
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zu trennen, auch wenn Sam offenbar zu Charlies einzigem Trost geworden war und es Alma das Herz brach, wenn sie nur daran dachte, aber es musste sein. Sam verbrachte jetzt den halben Tag in der Schule und hätte besser mit Jungen seines Alters gespielt, anderen Erstklässlern. Wenigstens war das der Grund, den sie nannte, während Sam auf der obersten Treppenstufe stand und zuhörte.
    Sie setzte gerade den Kaffee auf, als sie Charlie auf seinem Weg in die Metzgerei vorbeikommen sah. Er trug keinen Mantel, und seine Manschetten waren nicht zugeknöpft. Beides hielt Alma für ein sicheres Zeichen geistiger Verstörung. Verrückte trugen im Winter nie genügend Kleidung, und im Sommer waren sie zu warm angezogen. Ihr schien, als wüsste er nicht recht, wo er war, obwohl er auf direktem Weg zur Metzgerei marschierte. Früher  – als es noch ein Früher gab  – wäre er auf eine Tasse von ihrem Kaffee und einen ihrer selbstgebackenen Kekse hereingekommen. Aber das hatte er seit jenem Tag im Oktober nicht mehr getan. Ein Mann, der unschuldig war, der aber gesündigt hatte. Und jetzt ein Gefangener der Sünde, wie er im Buche stand.
Sie maß das Kaffeepulver ab und fragte sich, was sie tun sollte. So vieles geschieht, dachte sie, wenn man Kekse im Ofen hat. Sie fühlte mit ihm, doch weder rief sie nach ihm noch winkte sie. Wäre er hereingekommen, hätte sie nicht gewusst, was sie hätte sagen sollen, aber das würde er sowieso nicht tun. Nicht mehr.
    Charlie schritt in dem klaren Licht eines Dezembertages die Straße entlang, schloss die Tür des Ladens auf und machte die Lichter an. Er ging seiner vertrauten Routine nach, wischte den Boden, prüfte, was im Kühlraum war, schrubbte den Metzgerblock ab. Alles schien ihm so zart, so verletzlich zu sein. Das traurige, kalte Fleisch im Kühlraum, das grobe Salz und die Stahlbürste auf dem Holz, die Lauge auf dem Marmortresen. Seine Hände, die all diese Dinge taten, die wischten und schrubbten, alles für den Tag fertig machten, den Tag, den er sich nicht vorstellen und mit dem er nicht wirklich beginnen konnte, obwohl er doch da war und all diese Dinge tat, alles, wie es sein sollte. Stell mir bloß keine Fragen, flehte er Will insgeheim an, der immer noch am Frühstückstisch saß. Schließlich hisste er an der Stange vor dem Laden noch die Flagge, um die Toten und den Tag zu ehren.
    Als Will um neun Uhr hereinkam, war alles perfekt in Ordnung, die Schneidemaschine und der Fleischwolf blitzten und schimmerten, die Messer waren gewetzt und so scharf wie Rasierklingen, und die gesamte Ware, die Koteletts und das Hackfleisch, prangte in der Auslage. »Pearl Harbor Day«, sagte Will, reichte Charlie eine braune Papiertüte. Darin war, wie er wusste, ein Sandwich mit Ei und Speck, das er, wie sie beide wussten, nicht essen würde. »Traurig.«
    »Ja, Sir«, sagte Charlie.
    »Haben Sie jemanden verloren?«

    »Dort nicht, nein.«
    »Ich auch nicht. Trotzdem.«
    »Ja.«
    »So viele junge Männer.«
    Der Morgen begann, die schwarzen Frauen kamen wie immer als Erste, sie zählten ihr Geld in Münzen auf die Theke, sprachen wenig. Dann kam die Parade der weißen Frauen, die alle nur mit Will redeten, während Charlie sie bediente, und dabei wünschte sich jede von ihnen, diejenige zu sein, die den Mann retten würde, der den Jungen gerettet hatte, und jede von ihnen wusste, dass sie es nicht sein würde, sollte es denn überhaupt jemanden geben, in dessen Macht es stünde, ihn wieder in ihre Mitte zurückzuholen. Doch was geschehen war, war für immer und ewig, es gab keine Besserung und keine Entlastung, auch akzeptieren würde man ihn nie wieder. Wenn sie diese Tatsache auch nur einen Moment vergaßen, waren da immer noch ihre Priester, die sie Sonntag für Sonntag daran erinnerten, und ihr Glaube war wie ein Stöpsel, mit dem sie jene Wahrheit in ihren Herzen verschlossen, so traurig sie dies auch machte.
    Wäre er inmitten all dieser Frauen auf die Knie gefallen und hätte um Erlösung gebeten, so wie Sylvan es getan hatte, hätten die Priester ihre Hände auf ihn gelegt und ihn wieder ganz gemacht, dann wäre alles anders gewesen. Doch das würde Charlie nicht tun, und so kam es, wie es kam.
    Sie alle wünschten sich etwas anderes, doch was es war, hätte keine von ihnen benennen können, nicht einmal sich selbst gegenüber. Jede wünschte sich, sie wäre diejenige gewesen, jene Frau. Es war keine unter ihnen, die nicht in die Hölle mit ihm gegangen wäre, so wie dieses

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