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Ein wildes Herz

Ein wildes Herz

Titel: Ein wildes Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Goolrick
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jene Gänze zu erschaffen, die ab jetzt der einzige Ort scheint, an dem es sich zu leben lohnt, für jetzt, und für jetzt, und für den Moment danach.
    Jeder Moment würde ewig andauern. Jeder Moment würde im Bruchteil einer Sekunde enden. Und am Ende würden sie aufschrecken und feststellen, dass sie immer noch die sind, die sie waren, dass auch dieses Jetzt irgendwann zu Ende geht und dass auch das hier eine Grenze hat, die sie mit halsbrecherischer Geschwindigkeit überschreiten, die sie mit Bedauern überschreiten, und mit Dankbarkeit, denn auch wenn der Verstand es vergisst, weiß der Körper es dennoch, dass es Länder gibt, in denen man sich nicht für immer aufhalten kann,
denn manche Länder würden dich umbringen, wenn du zu lange in ihnen verweilst.
    Doch noch während es langsam zu Ende geht, wissen sie beide, dass sie bis zu ihrem letzten Atemzug Bewohner im Lande des anderen sein werden. Die Frauen, die er vor ihr gekannt hat, leben in einem anderen Land, weit weg. Das Gefühl, in ihnen zu Hause zu sein, ist immer eine Lüge gewesen, die ihm das Herz brach, auch wenn er sich an jedes der Gesichter erinnert, an jede Einzelheit, jeden Körper. Doch das hier, sie, hier, jetzt, das ist die Wahrheit, von der er als Junge immer geträumt hat, etwas, das, einmal gekannt, nie mehr verlorengehen kann.
    Und für sie, für Sylvan, ist er einfach nur eines: Hollywood.

14. KAPITEL

    I n Brownsburg ging jeder in die Kirche, jeder außer ein paar alten Männern und einer Frau, die am Sonntagmorgen noch zu betrunken vom Vorabend waren, um irgendwohin zu gehen. Und so meinte Alma, Charlie müsse auch in die Kirche gehen. Er beklagte sich höflich darüber, dass Sonntag sein freier Tag sei und er Jackie Robinson nicht gerne allein lasse, doch auf ihre sanfte Art bekam Alma schließlich ihren Willen, indem sie sagte, es müsse sein, weil man es von ihm erwarte. Und so gab er nach und ging in die Kirche.
    Es gab fünf Kirchen im Ort  – eine episkopale, eine presbyterianische, eine methodistische und eine Baptistengemeinde für die Weißen sowie eine eigene methodistischepiskopale für die Schwarzen. Letztere war eigentlich gar keine richtige Kirche, oder sie sah zumindest nicht so aus. Man  – das heißt, insgesamt etwa zwei Dutzend Leute einschließlich Babys und einem Wanderprediger, Reverend Mr. Shadwell, der nur alle zwei Wochen hier predigte  – traf sich in einem Raum am anderen Ende der Main Street, ganz in der Nähe des Viertels, wo alle lebten. So musste man für den Kirchgang nicht einmal in die Stadt hinein.
    Alma und Will besuchten die presbyterianische Kirche,
und auch wenn Charlie nicht von Geburt an dieser Glaubensrichtung angehörte, dachte er, er könne es ja einmal probieren und mit den Menschen beten, die er am besten kannte. Am ersten Sonntag im November, vier Tage nachdem er zum ersten Mal mit seinem Pick-up vor Boatys Haus gehalten hatte, wachte er bei Morgengrauen auf, so wie immer, und bügelte ein sauberes weißes Hemd, während er seine erste starke Tasse Kaffee trank. Er wusste nicht, was für ein Gefühl es war, in die Kirche zu gehen; es war so lange her, dass er sich kaum mehr daran erinnerte.
    Einen Anzug oder eine Krawatte besaß er nicht, und so lieh er sich einen Binder von Will, was ihm jedoch etwas unangenehm war. Alma meinte, es mache nichts, niemand würde es bemerken.
    Doch Charlie machte es durchaus etwas aus. Er war der einzige Mann in der Kirche, der keinen Anzug trug, obwohl man auch den anderen anmerkte, dass sie dies nur am Sonntagmorgen oder bei einer Hochzeit oder Beerdigung taten. Die meisten Anzüge waren braun und alt, einige fadenscheinig; viele waren zu klein, als wären sie zu einer Zeit gekauft worden, als die Männer noch mindestens zwanzig Pfund weniger auf die Waage brachten. Die Frauen jedoch sahen hübsch aus. Einfache, saubere Kleider, viele davon von Claudie Wiley angefertigt, und jede Frau trug einen Hut; Alma hatte sogar kurze weiße Handschuhe an, die sie über ihre kleinen Hände zog und am Handgelenk zuknöpfte, während sie zur Kirche gingen, nachdem Charlie sie abgeholt hatte. Selbst Sam besaß einen Anzug, und auch der war braun, wie von jedermann sonst.
    Natürlich war sie da. Als Charlie und die Haisletts in die Kirche kamen und ihre Plätze mit der Selbstsicherheit von Menschen einnahmen, die jede Woche auf ihrer angestammten
Kirchenbank sitzen, saßen Boaty und Sylvan Glass bereits drei Reihen vor ihnen.
    Sylvan war die einzige Frau in

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