Ein Wispern unter Baker Street: Roman (German Edition)
um Zach?
Ich schaute mich gründlich um, fand aber keine Bücher über arkane oder auch nur vage mystische Themen und nicht einmal den Hauch eines Vestigiums außer dem üblichen Hintergrundrauschen. Es war ein klassisches Beispiel dessen, was ich inzwischen als »Umkehrgesetz des magischen Nutzens« bezeichnete: Die Chance, auf ein magisches Phänomen zu stoßen, ist umgekehrt proportional dazu, wie verdammt hilfreich es wäre, es zu finden.
Es war natürlich gut möglich, dass die magische Komponente des Mordes komplett auf Seiten des Mörders und nicht des Opfers lag. Wahrscheinlich wäre ich besser mit Kumar und dem Suchtrupp im Tunnel geblieben.
Prompt fand ich, was ich suchte, fünf Minuten später im Erdgeschoss, als wir Zachs Aussage zu Protokoll nahmen.
Während ich oben gewesen war, hatte Zach sich immerhinschon mal eine Trainingshose und ein T-Shirt übergezogen. Zusammengesunken saß er am Tisch, während Carey seine Aussage zu Protokoll nahm. Guleed lehnte ganz beiläufig an der Einbau-Landhausküche, knapp innerhalb Zachs Sichtbereich, und behielt ihn mit gerunzelter Stirn im Auge. Ich vermutete, dass auch sie das Buch über Geisteskrankheiten entdeckt hatte.
Auf dem Tisch wartete eine Tasse Kaffee auf mich. Ich setzte mich neben Carey, nahm die Tasse und lehnte mich betont entspannt zurück. Zachs Hände zitterten, und er schaukelte unbewusst leicht vor und zurück, während wir seinen gestrigen Tagesablauf mit ihm durchgingen. Es ist zwar immer ganz nützlich, wenn man seine Zeugen ein bisschen verunsichert, aber es kann des Guten auch zu viel werden.
Auf dem Tisch stand eine Tonschale mit zwei Äpfeln, einer fleckigen Banane und einer Handvoll Visitenkarten von Minitaxis darin. Die Schale hatte dieselbe helle Biskuitfarbe wie die Scherbe im Tunnel, war aber zu stark gerundet, um das gleiche Modell zu sein.
Ich nahm noch einen Schluck Kaffee, der tatsächlich gut war, und strich beiläufig über den Rand der Schale. Und da war es, wenn auch schwächer als an der Scherbe – Hitze und Holzkohle und etwas, was ich als Geruch von Schweinemist erkannte und … noch etwas. Etwas Undefinierbares.
Ich nahm das Obst und die Karten heraus und ließ die Fingerspitzen über die konkave Innenfläche wandern. Sie kam mir wunderschön geformt vor, aber ich hätte nicht sagen können, warum. Rund ist schließlich rund. Doch sie war so schön wie Lesleys Lächeln. Beziehungsweise, wie Lesleys Lächeln einmal gewesen war.
Plötzlich fiel mir auf, dass das Gespräch um mich verstummt war.
Ich sah Zach an. »Woher kommt das hier?«
Er starrte mich an, als hätte ich sie nicht mehr alle. Guleed und Carey übrigens auch.
»Die Schüssel?«, fragte er.
»Ja. Woher kommt sie?«
»Das ist nur ’ne Schüssel«, sagte er.
»Ich weiß«, erwiderte ich. »Wissen Sie, woher sie kommt?«
Zach blickte verwirrt zu Carey hinüber, vielleicht fragte er sich, ob das die selten benutzte »Guter Cop/Bekloppter Cop«-Verhörtechnik darstellen sollte. »Ich glaub, er hat sie vom Markt.«
»Dem Portobello Market?«
»Ja.«
Der Portobello Market ist über einen Kilometer lang und besteht aus mindestens tausend Ständen plus den Geschäften auf beiden Seiten der Portobello Road und in den Seitenstraßen.
»Besteht die Hoffnung, dass Sie das etwas genauer definieren können?«
»Oberes Ende, glaub ich. Also, nicht das Nobel-Ende, sondern das andere, mit den normalen Ständen. Mehr weiß ich echt nicht.«
Ich nahm die Schale mit beiden Händen vom Tisch und hob sie auf Augenhöhe. »Ich muss das hier einpacken«, sagte ich. »Hat jemand vielleicht zufällig etwas Luftpolsterfolie?«
4
Archway
Erstaunlicherweise war die Antwort auf diese Frage ja. Kunststudenten müssen offensichtlich immer mal wieder zerbrechliche Gegenstände transportieren, daher befand sich in einem der Küchenschränke nicht nur eine Sammlung alternder Spaghettipackungen und zweifelhafter Fünf-Minuten-Suppen, sondern auch Luftpolsterfolie, Seidenpapier und Kreppklebeband.
Hier bewahrte Zach auch seinen Stoff auf, einen wiederverschließbaren Gefrierbeutel voller gelblicher Blätter, die Carey eher als Gewürzmischung denn als Droge einstufte. Nichtsdestoweniger konfiszierte er den Beutel inoffiziell, bis wir wussten, ob wir ihn als Vorwand brauchten, um Zach zu verhaften, oder nicht.
Die Schale kam in einen Beweisbeutel, den ich durch ein weißes Klebeetikett mit meinem Namen, Rang und Dienstnummer darauf verschloss. Zudem krakelte ich noch in
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