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Ein Wispern unter Baker Street: Roman (German Edition)

Ein Wispern unter Baker Street: Roman (German Edition)

Titel: Ein Wispern unter Baker Street: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Aaronovitch
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Gelegenheitsjob für die Zeit gesucht.
    Bevor ich ging, bat ich darum, mich noch etwas umschauen zu dürfen. Der Architekt hatte nichts dagegen. Die beiden oberen Stockwerke waren komplett herausgebrochen worden. Man sah noch die Überreste des Stucks und die Linie der unverputzten Backsteine wie eine Hochwassermarke. Etwa in der Mitte des Hauses spürte ich Klaviermusik – Fetzen alter Pub-Evergreens, Roll out the barrel , Knees up Mother Brown und so. Und mit dem Klavier der Geruch von Pulverdampf und Patschuli und das Flick flick flick eines altmodischen Filmprojektors.
    Es war ein Vestigium , fast schon eine Lacuna – eine Häufung magischer Spuren. Oder, wie Lesley es nennen würde, dieses Gefühl, als ob jemand über dein Grab geht. Hier hatte sich etwas Magisches ereignet, aber leider konnte ichnur erkennen, dass es entweder noch nicht lange zurücklag oder, wenn doch, sehr stark gewesen war.
    Ich klingelte noch rasch bei den Nachbarhäusern. Die meisten Anwohner hatten nichts Ungewöhnliches bemerkt, nur einer meinte, er habe vor ein paar Tagen abends Klaviermusik gehört. Ich fragte, was für welche.
    »Altmodisch«, sagte der Nachbar, der weiß, dünn und von vornehmer Nervosität war. »Ein bisschen wie beim Varieté. Wissen Sie, nun da ich darüber nachdenke, glaube ich, dass sogar gesungen wurde.«
    Ich notierte mir das als »Es gibt Anzeichen, dass sich in der vergangenen Woche einer oder mehrere Unbekannte in dem Haus aufhielten«, was ich in den Bericht aufnehmen würde, und »starke magische Aktivität«, was draußen bleiben würde. Bei laufendem Motor verfasste ich im Auto einen ersten Entwurf meines Berichts. Man muss so etwas so schnell wie möglich niederschreiben, damit man noch klar unterscheiden kann zwischen dem, was man hineinschreibt, und dem, was wirklich passiert ist.
    Ich beschrieb gerade die Statue und versuchte mich zu erinnern, wo ich ihre Beweisreferenznummer notiert hatte, als mein Handy klingelte.
    Ich sah aufs Display – die Nummer wurde nicht angezeigt.
    »PC Grant?«, fragte ein Mann.
    »Am Apparat. Mit wem spreche ich?«
    »Simon Kittredge, CTC. Ich bin der Kontaktbeamte für Special Agent Reynolds.«
    CTC oder SO15, das Counter Terrorism Command, ist ungeachtet des Namens eine im weitesten Sinne mit Spionage befasste Abteilung der Metropolitan Police. Zu ihrenAufgaben gehört es, zur »Beobachtung« unter uns weilenden Kollegen aus dem befreundeten Ausland erfahrene Kräfte zur Seite zu stellen, um sicherzugehen, dass sie nichts beobachten, was sie unnötig aufregen könnte. Ich konnte mir nicht vorstellen, warum er mich anrief, hatte aber meine Zweifel, ob es sich um gute Neuigkeiten handelte.
    »Was kann ich für Sie tun?«
    »Ich habe mich gefragt, ob Agent Reynolds vor kurzem mit Ihnen Kontakt aufgenommen hat.«
    Wenn er Fremde anrief, konnte das nur bedeuten, dass Reynolds ihm entwischt war.
    »Warum sollte sie mit mir reden wollen?«
    Eine deutliche Pause, in der Kittredge offensichtlich seine Verlegenheit darüber, dass er meine Hilfe brauchte, gegen die Dringlichkeit, die entschlüpfte Amerikanerin wiederzufinden, abwägte.
    »Sie hatte sich nach Ihnen erkundigt.«
    »Wirklich? Hat sie gesagt, warum?«
    »Nein. Aber sie hat mitbekommen, dass Sie nicht zum regulären Team gehören.«
    Hölle noch mal, das ging aber schnell – sie war doch kaum aus dem Flugzeug gestiegen.
    »Was soll ich machen, wenn sie Kontakt zu mir aufnimmt?«
    »Mich sofort anrufen.« Er gab mir seine Nummer. »Und wickeln Sie sie ein bisschen ein, bis ich komme.«
    »Ja, im Einwickeln bin ich ganz gut.«
    »Hab ich schon gehört«, sagte Kittredge und legte auf.
    Von wem bitte, fragte ich mich.
    Ich sah auf die Uhr. Zeit für ein bisschen Kultur, beschloss ich.Weiter zu Punkt C – in diesem Fall Southwark, angestammte Heimat der Bärenhatz, der Hurenhäuser, des elisabethanischen Theaters und inzwischen auch der Tate Modern Gallery. Das Gebäude, in dem sie untergebracht war, war einst ein Ölkraftwerk, gebaut von ebenjenem Typen, der auch die berühmten roten Telefonzellen entworfen hat. Es ist einer der letzten Monumentalbauten aus roten Ziegeln, bevor die Modernisten begannen, an Altären aus Stahlbeton dem Brutalismus zu huldigen. Das Kraftwerk war in den achtziger Jahren aufgegeben worden, in der stillen Hoffnung, dass es von allein zerbröckeln würde, wenn es nur lange genug leer stand. Als klar wurde, wie stabil das verflixte Ding war, beschloss man, dann eben die Tate-Sammlung

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