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Ein Wispern unter Baker Street: Roman (German Edition)

Ein Wispern unter Baker Street: Roman (German Edition)

Titel: Ein Wispern unter Baker Street: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Aaronovitch
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Nightingale, Ritter im Kampf gegen den abstrusen Scheiß.
    »David-Lean-Filme könnte ich ja noch nachvollziehen«, sagte ich. »Aber billige einheimische Horrorstreifen?«
    »Der Film wurde einen Katzensprung vom Folly entfernt gedreht. Ich war neugierig.«
    »Gibt’s auch Gerüchte, die nicht verfilmt wurden?«
    »Ein alter Schulkamerad von mir namens Walter versuchte mich einmal zu überzeugen, dass jedes System, beispielsweise die Untergrundbahn oder selbst das Telefonnetz, mit der Zeit Genii loci entwickeln kann, so wie Flüsse und heilige Stätten.« Nightingale verstummte, weil das Abbiegen von der belebten Harrow Road seine Aufmerksamkeit erforderte.
    »Und ist da was dran?«
    »Ich weiß es nicht«, gab er zu. »Wenn Walter richtig in Fahrt kam, verstand ich ehrlich gesagt kaum jedes zehnte Wort, aber er war ein sehr heller Kopf, daher ziehe ich dieMöglichkeit durchaus in Betracht. Wenn also ein Schotte vor mich hinträte und behauptete, der Gott der Telefone zu sein, wäre ich nicht abgeneigt, ihm zu glauben.«
    »Warum denn ein Schotte?«
    »Wegen Alexander Graham Bell«, sagte Nightingale, der heute Abend offensichtlich zum Scherzen aufgelegt war.
    Wir fädelten uns durch das seltsame Rechtecksystem von Einbahnstraßen in Bayswater und kamen auf dem Queensway heraus, der sich in diesem Jahr weihnachtlich herausgeputzt hatte. Viele der Geschäfte hatten bis spätabends geöffnet, und auf den Bürgersteigen drängten sich die Käufer. Nach den wetterbedingten Ausfällen war das Vorweihnachtsgeschäft jetzt offenbar vorzeitig in den Panikmodus verfallen.
    »Haben Sie schon alle Geschenke?«, fragte Nightingale.
    »Alles erledigt. Das für meine Mum hatte ich sofort« – ein Umschlag mit ein paar Scheinen, denn sie gehört definitiv nicht zu den Leuten, für die der Gedanke zählt – »und für meinen Dad hab ich eine Original Easy-Geary-LP von 1955 gefunden.«
    »Eine Hathor-Produktion?«, fragte Nightingale. Ich war beeindruckt – es handelte sich hier um obskursten West-Coast-Jazz – und gratulierte ihm zu seinen Jazzkenntnissen. Für Lesley etwas zu finden, war extrem schwierig gewesen. Ich hatte mich schließlich für einen dicken Aran-Jumper entschieden, wie ihn dänische Fernsehkommissarinnen am Rande des Nervenzusammenbruchs trugen. Nightingale wollte nicht wissen, ob ich auch etwas für ihn hatte. Ich fragte ihn umgekehrt natürlich auch nicht.
    Es war still und kalt, als wir vor den falschen Häusern parkten, die uns praktischerweise als Operationsbasis und Umkleide dienen sollten. Kumar hatte mir einen Neoprenanzug und einen leuchtend orangefarbenen Overall mit Reflektorstreifen besorgt. Das Neopren war dünner und lag weniger eng an, als ich erwartet hätte, und über den Fashion-Aspekt des Ganzen möchte ich kein Wort verlieren.
    »Eigentlich rechne ich nicht damit, dass wir besonders nass werden, außer wir landen in einem Abflusskanal«, sagte Kumar. »Er muss locker sitzen, damit Sie sich noch gut bewegen können, und Sie wollen sich ja auch nicht überhitzen.« Er reichte mir ein Paar Stiefel, die wie ein unglückseliges Kind der Liebe zwischen einem Doc Martens und einem Gummistiefel aussahen, aber erstaunlich bequem waren. Wir zogen uns im Falltürraum um, wobei die Falltür geschlossen worden war, um zu verhindern, dass ich hineinfiel, während ich mir auf einem Bein herumhüpfend die Schuhe anzog.
    »Brauchen wir kugelsichere Westen?«, fragte ich.
    »Was glauben Sie denn, auf wen wir da unten treffen?«, fragte Kumar zurück.
    »Ganz ehrlich, ich habe keine Ahnung.«
    Unsere Schutzwesten namens Metvest wurden eigens für die Met entwickelt und sind sowohl kugel- als auch stichresistent. Man beachte das Wort »resistent« im Gegensatz zu »sicher«. In meinen zwei Jahren in Uniform hatte ich sie regelmäßig getragen, aber im letzten Jahr war ich außer Übung gekommen. Dennoch – wenn es hart auf hart kam, konnte eine Metvest einem Trost und Stütze sein, also kam sie über den Overall.
    Unsere Helme waren ebenso leuchtend orange wie dieOveralls und mit modernsten LED-Stirnlampen ausgestattet. Den Rest der Ausrüstung teilten wir unter uns auf – Kumar nahm das Seil und die Rettungswerkzeuge, ich die Erste-Hilfe-Tasche, die Notration und das Wasser.
    »Mann«, sagte ich, »das ist ja schlimmer als ein Krawalltraining.«
    Jetzt kam Lesley herein, die diskret im Nebenraum gewartet hatte, während wir uns umzogen. »Nightingale will wissen, wann ihr losgeht.«
    »Wir warten nur noch

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