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Ein Wispern unter Baker Street: Roman (German Edition)

Ein Wispern unter Baker Street: Roman (German Edition)

Titel: Ein Wispern unter Baker Street: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Aaronovitch
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nicht, dass du ein Dungeons-and-Dragons-Spieler bist«, hatte Lesley gesagt, als ich ihr meinen Gedankengang erklärt hatte. Ich war versucht gewesen, mich zu rechtfertigen, dass ich dreizehn gewesen war und außerdem hauptsächlich Call of Cthulhu gespielt hatte, aber aus bitterer Erfahrung wusste ich, dass ich es durch solche Erklärungen meistens nur noch schlimmer machte.
    »Musst du nicht einen Wahrnehmungswurf machen?«, fragte sie, während ich langsam an der staubigen Backsteinmauer entlangging.
    »Du weißt ja verdächtig viel über Rollenspiele«, gab ich zurück.
    »Na ja, Brightlingsea ist nicht gerade das Freizeitmekka der Jugend von Essex – was will man da schon weiter machen.«
    Da spürte ich etwas. Ich blieb stehen und ließ meine Finger über die Ziegel gleiten. Die Oberfläche war rau und körnig – und plötzlich war es da: der heiße Sandgeruch des Brennofens und etwas wie ein kaum hörbares Wispern oder Murmeln. Selbst für ein Vestigium war es schwach. Noch im letzten Sommer hätte ich es wahrscheinlich überhaupt nicht bemerkt, aber ich bekam allmählich Übung.
    »Ich hab’s«, sagte ich und nahm eine schnelle Positionsbestimmung vor. Ich stand auf der Nordseite der Ausschachtung unterhalb der Straße, an die die beiden falschenHäuser grenzten – es war eine Stelle, die immer im Schatten lag und weder von der Straße noch von einem der benachbarten Häuser aus einsehbar war. Und sie war keine fünf Meter von der Klappleiter entfernt.
    Ich fuhr meinen Schlagstock aus und klopfte damit gegen die Wand. Es klang nicht hohl, aber deutlich anders als ein Stück daneben. Zwecks höherer Stabilität war die Wand mit einer Reihe von Rundbögen verstärkt worden, die aussahen wie zugemauerte Fenster. Die einfachste Methode, eine Tür zu verbergen, wäre die, sie genau in Form eines der Rundbögen zu bauen. In einem Film hätte der Öffnungsmechanismus wohl daraus bestanden, gegen einen falschen Ziegel zu drücken. Nur um diese blöde Vorstellung aus dem Kopf zu bekommen, suchte ich mir einen Stein in bequemer Höhe aus und drückte dagegen.
    Der Ziegel glitt nach innen, es klickte, und die Tür öffnete sich einen Spalt breit.
    »Ich glaub’s nicht«, sagte Lesley. »Eine Geheimtür.«
    Die Tür war gut ausbalanciert und wurde definitiv regelmäßig gewartet, denn obwohl sie schwer war, schwang sie auf meinen Druck hin leicht und geräuschlos auf. Die Rückseite bestand aus Stahl, was das Gewicht erklärte, und die Außenseite war mit einer dicken Tarnschicht aus Keramik verkleidet. Wie man die auf den Stahl aufgebracht hatte, war mir ein Rätsel.
    »Sprich, Freund, und tritt ein«, sagte Kumar.
    Ich trat ein und sah mich um. Es war ein Gang mit Ziegelwänden, breit genug, dass zwei Personen nebeneinander gehen konnten, und die gewölbte Decke war so hoch, dass ich mich recken musste, um sie zu berühren. Er verlief parallel zum U-Bahn-Graben in beide Richtungen, rechtsnach Bayswater und links in Richtung Notting Hill. In dieser Richtung fand ich eine zerquetschte Sojasprosse auf dem Boden.
    »Da lang sind sie gegangen«, sagte ich. Die Luft war reglos und roch fad, wie Wasser, das zu oft aufgekocht worden war.
    »Folgen Sie den Brotkrumen, Peter«, sagte Nightingale. »Ich werde mit David einen raschen Erkundungsgang in die andere Richtung machen und sehen, wie weit der Gang in diese Richtung verläuft.«
    »Glauben Sie, er reicht bis Baker Street?«, fragte Lesley.
    »Das würde sicherlich erklären, wie James Gallagher dorthin kam.«
    Streckengänger David blickte skeptisch. »Dazu müsste man durch Paddington. Das ist ein Riesenbahnhof mit offenen Bahnsteigen.«
    »Wir sollten es trotzdem nachprüfen«, sagte Nightingale. »Vielleicht verläuft der Gang unter dem Bahnhof hindurch.«
    »Und was ist mit mir?«, fragte Lesley.
    »Sie können die Geheimtür bewachen und als Kommunikationsrelais dienen«, sagte Nightingale. »Und sollten Sie einen von uns schreien hören, können Sie kommen und uns retten.«
    »Super«, sagte Lesley wenig enthusiastisch.
    Also ging ich, Lesleys bösen Blick im Nacken, mit Kumar davon. Und ich konnte nicht umhin zu denken, dass unserer Gruppe entschieden ein Schurke und ein Kleriker fehlten.

Freitag

18
Notting Hill Gate
    Mein erster Gedanke war: Wie viele Menschen kann man mit fünf bis sechs Kisten Gemüse am Tag ernähren? Mein zweiter Gedanke, nachdem wir ungefähr fünfhundert Meter in gerader Linie gegangen waren, war, dass das ein verdammt langer

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