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Ein Wispern unter Baker Street: Roman (German Edition)

Ein Wispern unter Baker Street: Roman (German Edition)

Titel: Ein Wispern unter Baker Street: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Aaronovitch
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war ich in Kumars Hörweite, schrie er: »Er ist hier!«
    Wer, brauchte ich nicht zu fragen. »Wo?«
    »Auf dem Weg zur U-Bahn rüber.«
    Mitten unter die unschuldigen Passanten, dachte ich. »Hat er die Sten-Gun noch?«
    Kumar hatte sie nicht gesehen.
    Wir betraten den Durchgang zur Station Holland Park. Gleich dahinter kauerte Reynolds am Fuß einer Treppe und versuchte nach oben zu spähen, ohne selbst gesehen zu werden. »Er ist gerade da raufgegangen«, flüsterte sie uns zu.
    Ich fragte, ob sie sicher sei, dass er es war.
    »Bleich, große Augen, diese seltsam vorgebeugte Haltung. Ganz sicher.«
    Ich war beeindruckt. Seine Haltung war mir gar nicht weiter aufgefallen. Von den Schwestern wusste ich, dass die Treppe in einen kurzen Korridor führte, dann kam mandurch eine Brandschutztür in die eigentliche Station. Wir überlegten, dass er unsere Schritte auf der Treppe auf jeden Fall hören würde. Also schlugen wir ein gemächliches Tempo an und unterhielten uns dabei leise, in der Hoffnung, wie müde Clubbesucher zu klingen. Auf den ersten beiden Treppenabschnitten erfuhr ich, dass Agent Kimberley Reynolds aus Enid, Oklahoma, kam und erst in Stillwater studiert hatte, dann in Quantico ausgebildet worden war. Sergeant Jaget Kumar kam aus Hounslow und hatte zunächst an der Sussex University Maschinenbau studiert, war dann aber zur Polizei übergelaufen. »Ich wäre ein schrecklicher Ingenieur geworden. Keine Geduld.«
    Ich hatte schon eine Jazz-Anekdote über meinen Dad auf den Lippen, da hörten wir über uns eine Tür zuschlagen – und spurteten los.
    Es war eine ganz normale Brandschutztür mit extrem schwerer Schließfeder, vermutlich damit Olympias und Chelseas Freunde hinauskonnten, ohne dass die U-Bahn-Pendler die Chance hatten, nach drinnen zu strömen. Langsam und leise schlüpften wir hindurch und fanden uns in der Nähe der Aufzüge wieder. Unser Verdächtiger stand nicht in der Warteschlange davor, und die Wartenden versicherten uns, dass sie bereits einige Minuten hier standen, also konnte er auch noch nicht nach oben gefahren sein.
    »Treppe oder Bahnsteig?«, fragte Kumar.
    »Der bleibt lieber unter der Erde«, sagte ich. »Also zuerst der Bahnsteig.«
    Das Schicksal meinte es gut mit uns. Ich erspähte ihn durch das vergitterte Fenster, durch das man auf den Bahnsteig für die Züge Richtung Osten blickte. So unauffällig wir konnten, eilten wir die nächste Treppe hinunter undfielen an ihrem Fuß fast übereinander wie Comic-Helden. Ich nahm gerade allen Mut zusammen, um um die Ecke zu schielen, da zeigte Kumar auf einen konvexen Spiegel in Kopfhöhe an der gegenüberliegenden Wand – ein Überbleibsel aus den Tagen vor der Big-Brother-Ära, als das Stationspersonal und die BTP sich auf die gute alte Überwachungstechnik Marke Holzauge verlassen mussten.
    Ich entdeckte ihn, klein und verzerrt, ganz am Ende des Bahnsteigs.
    »Wenn er noch bewaffnet ist«, sagte Kumar, »kommen wir nie an ihn ran.«
    Da blies mir ein Windstoß ins Gesicht, und die Schienen begannen zu singen. Es war zu spät – ein Zug fuhr ein.

21
Oxford Circus
    In einer Hinsicht war Sergeant Kumar eisern: Solange der Zug in Bewegung ist, wird kein Unfug getrieben.
    »Wenn zwischen zwei Stationen die Notbremse gezogen wird, kann es vorkommen, dass einem ein Passagier an einem Herzinfarkt wegstirbt. Und glauben Sie mir, Sie wollen es um jeden Preis vermeiden, Zivilisten über stromführende Gleise zu evakuieren.«
    Auch wollte man auf keinen Fall einem flüchtigen Verdächtigen in etwas gegenübertreten, was exakt die Maße einer Schießbahn hatte – vor allem wenn er derjenige mit der Waffe war.
    Außerdem waren die Wagen zu meiner Überraschung brechend voll, und es waren nicht einmal die üblichen Pendler, sondern haufenweise Familien mit Kindern, Grüppchen kichernder Teenager, Senioren in gepflegten Mänteln, die Stofftaschen oder Einkaufstrolleys umklammerten. Natürlich, heute war der letzte volle Einkaufstag vor Weihnachten. Kumar hatte recht, wir sollten nichts lostreten, was wir eventuell nicht mehr unter Kontrolle halten konnten.
    Wieder mal zeigte sich: Die Polizeiarbeit wäre so viel einfacher, wenn einem nicht ständig irgendwelche Unbeteiligten um die Füße wuseln würden.
    Kumar bat Agent Reynolds, die als Einzige von uns nicht so aussah, als wollte sie ein Ghostbusters -Remake drehen, durch das schmierige Doppelfenster von unserem Wagen in den nächsten zu spähen. Als sie uns winkte, dass die Luft rein

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