Ein Wispern unter Baker Street: Roman (German Edition)
hatte, über die Musik hinweg zu quatschen, und ein DJ, der es müde ist, seine eigene Stimme zu hören, ist wahrhaftig müde.
Ich fing Olympias Blick auf und winkte die Zwillinge zu mir. Sie machten nicht einmal den Versuch, widerstrebend zu tun. Unsere FBI-Agentin hatte ihr Interesse geweckt, und jetzt lechzten sie nach Insider-Informationen.
»Eure Flüsse …«, begann ich.
Chelsea kniff gefährlich die Augen zusammen. »Was ist mit unseren Flüssen?«
»Sie verlaufen … hauptsächlich unterirdisch. Oder?«
»Es kann ja nicht jeder fröhlich durch die Vororte plätschern«, sagte Chelsea. »Manche Leute müssen sich ihren Lebensunterhalt verdienen.«
»Wobei Ty da gewisse Pläne hat«, sagte Olympia.
»Ty hat immer Pläne«, sagte Chelsea.
»Wenn Leute in der Kanalisation leben würden, das wüsstet ihr aber?«
»Nur unseren Lauf entlang«, sagte Olympia. »Wir treiben uns nicht oft in den dreckigen Zonen rum.«
Chelsea nickte. »Würdest du ja auch nicht, oder?«
Olympia machte eine unbestimmte Geste. »Manchmal bekomm ich so ein kribbeliges Gefühl, weißt du, wie wenn in deinem Kopf ein Gedanke auftaucht, und du bist nicht sicher, ob er wirklich von dir stammt.«
»Ich finde eher, es ist, wie wenn einem das Bein zuckt«, sagte Chelsea.
»Dein Bein zuckt?«, fragte Olympia. »Seit wann?«
»Ich sag doch nicht, dass es die ganze Zeit zuckt. Es ist nur diese Art unwillkürliche Bewegung.«
»Habt ihr hier unten mal einen Typen namens James Gallagher getroffen?«, fragte ich. »Amerikaner, weiß, Anfang zwanzig, Kunststudent.«
Olympia nickte zu Reynolds hinüber. »Ist sie deshalb hier?«
»Ist er so wichtig?«, fragte Chelsea.
»Er wurde ermordet.«
»Ach. Doch nicht der Typ in der Baker Street Station?«, wollte Olympia wissen.
Ich bestätigte ihnen, dass es ebender war. In diesem Moment entdeckte ich Zachary Palmer hinter der Bar.
»Wie lange arbeitet der schon für euch?«
»Wer?« Olympia sah hinüber. »Ach, der kleine Goblin.«
»Goblin?«, fragte ich. »Er sagte, er sei eine Halbfee.«
»Ist das Gleiche«, erklärte Chelsea. »Mehr oder weniger.«
»Ich bring die immer durcheinander«, gestand Olympia.
»Ist uns auch egal«, fügte Chelsea hinzu.
»Aber arbeitet er für euch?«, fragte ich. »Vollzeit?«
»Sei nicht albern«, sagte Chelsea. »Er ist ein Typ für Gelegenheitsjobs.«
»Genau«, sagte Olympia. »Dein Goblin für alle Fälle.«
Ich sah wieder zu Zach hinüber und bemerkte, dass er zurückstarrte. Ich war sehr in Versuchung, hinzugehen und ihm ein paar Fragen zu stellen, aber allmählich hatte ich wirklich und wahrhaftig die Nase voll vom Untergrund.
»Ich hab jetzt keine Lust, mich mit euch beiden abzugeben«, sagte ich, »aber ihr könnt davon ausgehen, dass ich mich demnächst mal mit eurer Mum unterhalte.«
»Oh, wir zittern schon«, sagte Olympia.
»Entspann dich, Magic-Boy«, sagte Chelsea. »Wir halten das doch völlig im Rahmen.«
Ich bedachte sie mit meinem strengsten Blick, der sie überhaupt nicht beeindruckte, und machte mich wieder zu Kumar und Reynolds auf.
Anscheinend hatten wir zwei Optionen – wir konnten eine lange Wendeltreppe hochsteigen oder uns nach nebenan in die U-Bahn-Station Holland Park begeben, wo wir, da der Tagesbetrieb schon längst wieder im Gange war, den Lift nehmen konnten. Die Entscheidung fiel uns nicht schwer. Wir waren schon auf dem Weg zur Station, da fing Zach mich ab.
»Was machst du denn hier?«
Ich bat Kumar und Reynolds, schon vorauszugehen.
»Wir hatten gehört, das hier ist ’ne coole Location.«
»Äh, na ja, also«, sagte Zach. »Ich dachte, du bist vielleicht auf der Suche nach noch anderen Tunneln.«
»Nein. Ich bin auf der Suche nach anderen Klamotten.«
»Der alte Telefontunnel läuft genau hier vorbei.«
Da hörte ich das Pfeifen zum zweiten Mal. In Anbetrachtder dröhnenden Bässe und der Tatsache, dass Zach sich brüllend mit mir zu verständigen suchte, war es ein Wunder, dass ich es überhaupt hörte. Beim dritten Pfiff gab es keinen Zweifel mehr, dass das Geräusch nicht zur Musik gehörte, und ich blickte mich um. Hinter der Tanzfläche versuchte Kumar armwedelnd meine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Als es ihm gelungen war, deutete er auf seine Augen und dann auf das andere Ende des Clubs. Ich drehte mich wieder zu Zach um. Er machte eine seltsam panische Miene.
»Ich muss weg«, sagte ich.
»Und die Tunnel?«
»Später.«
So schnell es ging, drängte ich mich durch die Menge. Kaum
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