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Ein zahnharter Auftrag

Ein zahnharter Auftrag

Titel: Ein zahnharter Auftrag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Gehm
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eine Hand aufs Herz gelegt.
    Ein paar Sekunden standen die Schwestern in der Dunkelheit auf dem Friedhof des Grauens und spürten ihrem Herzschlag nach.
    »Herzstillstand auf jeden Fall nicht«, stellte Daka fest.
    Silvania nickte. »Bei mir auch nicht. Aber es pocht ganz schön schnell. Fühl mal!«
    »Meins auch. Ist das schon Rasen?«, sagte Daka, während sie die Hand auf Silvanias Herz legte und Silvania ihre Hand auf Dakas Herz.
    Nach ein paar Sekunden zuckte Silvania mit den Schultern. »Wir müssen den Puls messen.« Sie streifte den Ärmel hoch und sah auf die Uhr. Plötzlich riss sie die Augen auf. »Schlotz zoppo! 2:58 Uhr!«
    »WAS?« Daka starrte erst ihre Schwester an, dann auf die Uhr.
    »In einer Minute müssen wir die Germania Dracona herausziehen!« Silvania vergaß sofort jedes Herzrasen. Obwohl ihr Herz jetzt ganz sicher noch schneller schlug.
    »Okay, ich gehe in Position«, sagte Daka, stellte sich auf das Beet, öffnete die Box und legte eine Hand um die Pflanze. Die Blätter stachelten. Dakas Hand zitterte. Die Knie auch. Am liebsten hätte sie sich die Nase zugehalten. Aber sie hatte keine Hand frei. Nervös sah sie zu ihrer Schwester. In den nächsten Sekunden hing alles von ihnen ab. Die Rettung der Vampirheit. Und ihr eigenes Leben.
    Silvania hielt sich die Uhr vors Gesicht. Sie blinzelte mehrmals schnell hintereinander und unterdrückte ein Zittern im Arm. Es war 2:58 Uhr und 30 Sekunden. Sie ließ den Sekundenzeiger nicht aus den Augen. Mit belegter Stimme flüsterte sie ihrer Schwester zu: »Noch zehn Sekunden, neun, acht, sieben, sechs, fünf, vier, drei, zwei, eins. JETZT!«

Ein seltsames Gefühl
    L udo saß im Schneidersitz auf der Klobrille auf dem Rasen. Er drückte sich die Zeigefinger an die Schläfen. Er kniff die Augen zusammen. Der Empfang war schlecht. Wenn er doch nur deutlicher sehen könnte! Wenn er doch nur wüsste, warum er ein schlechtes Gefühl im Magen hatte. Als hätte er fünfzig Dosen Hundefutter gegessen.
    Ludo versuchte, sich zu konzentrieren. Er atmete tief ein. Das Bild blieb unscharf, wie bei einer verwackelten Fotografie. Ludo wusste nur eins: Etwas lief gerade gewaltig schief. Er spürte es. Es war irgendein Fehler oder eine Dummheit. Sie hatten etwas vergessen! Etwas Wichtiges.
    Etwas Lebenswichtiges.
    »Was ist?«, fragte Helene. Sie saß neben Ludo auf der Klobrille und musterte ihn. Obwohl er mittlerweile ihr Freund war, kam er ihr manchmal immer noch unheimlich vor. Dieser Blick. Diese Augen. Der katzenartige Gang. Jetzt saß Ludo steif wie ein Bügelbrett da und hatte die Augen geschlossen.
    Ludo brummte. Dann öffnete er ein Auge. Er sah Helene einen Moment schweigend an, atmete lautstark aus und öffnete das andere Auge. »Ich weiß nicht. Ich habe so ein seltsames Gefühl.«
    »Wie – seltsam?«, fragte Helene.
    Ludo zuckte mit den Schultern. »Na eben kein gutes.« Plötzlich spürte Ludo eine Hand auf der Schulter. Er zuckte zusammen und fuhr herum.
    »Mach dir keine Sorgen, Lumo«, sagte Mihai Tepes und klopfte Ludo auf die Schulter. Dann warf er die schwarze Mähne nach hinten und sah zu den Friedhofsmauern. Sein linkes Augenlid zuckte mehrmals hintereinander. »Meine Töchter schaffen das.« Seine Stimme war belegt. Er räusperte sich. »Jawohl. Ganz bestimmt.«
    Vlad hatte die Hände in die Manteltaschen gesteckt. »Ich fresse eine Knoblauchzehe, wenn sie es nicht schaffen.« Sein Blick flog nervös zum Friedhofstor. Er kniff die Hände in den Manteltaschen ununterbrochen auf und zu. »Alles wird gut.«
    Helene nickte. »Immerhin haben Daka und Silvania schon zwei eiskalte Kunsträuber hinter Gitter gebracht.« Sie biss sich auf die Unterlippe.
    »Genau!« Herr Tepes nickte Helene zu.
    »Trotzdem«, sagte Ludo und stand auf. »Ich habe kein gutes Gefühl.«
    »Das habe ich auch manchmal«, sagte Onkel Vlad. »Wenn ich zur Arbeit gehe, den Kassenbon von Schlachter Sangrasa sehe oder den Hochzeitstag von Karpa und mir vergessen habe ...«
    »Genau das ist es!«, rief Ludo. »Wir haben etwas vergessen!«
    »Einen Hochzeitstag?« Mihai Tepes zog die dichten Augebrauen hoch. Seiner war es nicht.
    »Nein, etwas anderes, ganz Wichtiges.« Ludo sah verzweifelt in die Runde.
    Helene, Vlad und Mihai Tepes überlegten. Daka hatte die luftdichte Box. Silvania hatte eine Uhr. Sie waren am richtigen Ort. Zur richtigen Zeit.
    »Gibt es vielleicht noch ein Zauberwort oder so was, von dem wir nichts wissen?«, fragte Helene.
    Onkel Vlad schüttelte den Kopf.

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