Eindeutig Liebe - Roman
wie kam es, dass ihr so oft zusammen ausgeht und du von ihrem Dad zum Abendessen eingeladen wirst und so?« Ich hatte den Eindruck, dass sie sich allmählich beruhigte, trotzdem wirkte sie noch immer sehr besorgt. Ich bot ihr eine Zigarette an, und sie schob sie zwischen die Lippen und riss ein Streichholz an. Der Geruch von Schwefel erfüllte die Luft.
»Tja, wir haben uns angefreundet, als ich ihr etwas vorbeibringen wollte. Damals war sie nicht da, sondern nur ihr Vater. Sie hatte mir vorher nicht verraten, dass er krank ist, und dann ist er vor meinen Augen bewusstlos geworden. Ich dachte, er wäre tot, Chloe – der Notarzt musste kommen und alles. Doch dann kam Sienna zurück, und wir hatten einen riesigen Krach, bei dem alles aus ihr herausbrach: der ganze Stress und all die Jahre, die sie sich um ihn kümmern musste, alles, was sie durchgemacht hatte …«
Chloe nickte verständnisvoll. Sie war wirklich ein guter Mensch, nur manchmal ein wenig impulsiv. Doch dieses Ungebändigte war gleichzeitig das, was sie so aufregend machte.
Sie wirkte beinahe erleichtert, aber nur beinahe. »Und du sagst, dass du nie versucht hast, sie ins Bett zu kriegen, und dass nie etwas zwischen euch gelaufen ist?« Sie durchbohrte mich förmlich mit ihrem Blick.
Die Stille hallte in meinen Ohren wider. Mein Blut gefror. Plötzlich tauchten Bilder vor meinem inneren Auge auf, die Erinnerung an jene seltsame dunkle Nacht, als sie sich stundenlang an mich gekuschelt hatte und ich mich fühlte, als gehöre mir die Welt. Ihr Körper, ihre Wärme – das alles war jetzt so weit weg. Der Aufprall auf der Erde hatte jedoch zu den schmerzhaftesten Erfahrungen meines ganzen Lebens gehört, und ich spürte ihn noch immer – so, wie ich die Rötung auf meinem Gesicht spürte.
»Zwischen uns ist nie etwas gelaufen, Chloe.« Wenn ich ihr von jener Nacht erzählt hätte, wäre nichts gewonnen gewesen. Für niemanden.
Chloe wurde still und fuhr mit dem Finger am Rand ihres Weinglases entlang; sie versuchte, es zum Singen zu bringen. Sie wirkte erschöpft, aber ihre Wangen waren noch immer rosig.
»Ich liebe dich, Nick«, sagte sie leise. Das sagte sie zum ersten Mal. Mein Herz setzte einen Schlag aus, und ich spürte die Wärme, die entstand, wenn Furcht sich mit Entzücken paarte.
Dass sie »Lass es uns langsam angehen« gesagt hatte, war bereits eine Weile her.
Ich erinnerte mich noch genau daran, wo wir an diesem Tag gewesen waren – in Brighton, an der Küste – und wie der Wind gerochen hatte. Sie hatte einen Bananen-, ich einen Schokoladenmilchshake getrunken, und ich war froh gewesen, als sie es sagte, denn es bedeutete, dass ich Zeit hatte. Zeit, um einen klaren Kopf zu bekommen.
Und doch saß ich nur Monate später hier und schwitzte, wie ich es seit dem Augenblick, in dem sie in mein Leben getreten war, dauernd tat.
Ich konnte ihr nicht das Gleiche sagen. Es war nicht das, was ich empfand. Noch nicht. Aber es war nicht schlecht, denn ich wusste, dass ich viel für Chloe empfand. Und darauf zählte ich. Ich betete Chloe an; ich verehrte den Boden, auf dem sie ging, ich erstarrte in Ehrfurcht vor der Magie, mit der sie die Menschen dazu brachte, sich nach ihr umzudrehen, wann immer sie einen Raum verließ, und ich mochte die Art, wie sie mich küsste. Ich war dicht daran, aber ich brauchte einfach noch mehr Zeit …
Mir fielen auf der Stelle mehrere mögliche Antworten ein, die zu einer weiteren Ohrfeige oder der Rückkehr in mein Singledasein geführt hätten – oder zu beidem –, als da wären:
1. »Echt?«
2. »Mann, na ja, was soll ich sagen?« Oder, noch schlimmer:
3. »Danke.«
So dumm bin ich nicht, also entschied ich mich für Möglichkeit vier, die darin bestand, zu ihr zu gehen, sie auf den Mund zu küssen und nach oben zu tragen. Und zum ersten Mal an diesem Abend lachte Chloe.
»Eine kleine Schachtel,
die ich überallhin mitnehme ...«
Nick
Der große Tag war gekommen: mein Geburtstag. Dreißig. Die Zahl, unter deren düsterer Vorahnung ich die Zwanziger verbracht hatte, vor der es mir mal gegraut, die ich aber auch manchmal herbeigesehnt hatte.
Gegraut hatte es mir davor wegen dieses »O mein Gott, ich habe nur noch ein paar Jahre, um jemand Besonderes zu werden«, und herbeigesehnt hatte ich sie für den Fall, dass ich an dem Tag aufwachte und feststellte, dass ich wirklich jemand Besonderes geworden war.
In Wirklichkeit war der Tag – wenigstens zunächst – in keiner Weise außergewöhnlich.
Ich
Weitere Kostenlose Bücher