Eine angesehene Familie
Pornomagazine, tranken Fruchtsäfte – Alkohol war im Dienst verboten – und rauchten ununterbrochen.
Petrescu klappte den Bildschirm in den kleinen Schrank zurück, der jetzt aussah wie ein Schreibmaschinentischchen, und setzte sich bequem. Die Sekretärin ließ nach kurzem Anklopfen die drei Besucher eintreten. Sie blieben jedoch an der Tür stehen, sahen Petrescu an und warteten auf sein erstes Wort.
»Guten Morgen!« sagte Petrescu auf englisch. »Sie sprechen doch Englisch? Mein Türkisch ist nicht sehr gut, mein Kurdisch miserabel. Wie geht es Akbar Görynjö? Was macht sein Rheuma?«
Die drei kamen näher und setzten sich in die Sessel, die vor dem Schreibtisch standen. Der Mittlere schien am besten Englisch zu sprechen. Er war der Wortführer. Seinen Aktenkoffer legte er auf die Knie wie ein Jäger sein Gewehr.
»Kennst du Kemal?« fragte er.
»Ich habe von ihm gehört. ›Kemal der Türke‹ heißt er bei den Jungs.« Petrescu hob die Schultern. »Mehr weiß keiner. Er spielt Phantom. Mal ist er da, mal dort. Ein geschickter Mann! Aber für uns unbedeutend.«
»Er heißt Kemal Özdogan. Er ist ein Verräter.«
Petrescu zog das Kinn an. So einfach ist das. Da kommen drei Mann aus dem Kurdenland und sagen schlicht: Er ist ein Verräter! – Was das für Kemal bedeutete, ist kein Rätsel. Mit dieser Feststellung war er bereits von der Liste der Lebenden gestrichen. Die Zeit, die er noch atmen durfte, war bemessen.
»Was ist mit Kemal Özdogan?« fragte Petrescu.
»Er hat betrogen. Er hat Gelder unterschlagen oder weniger abgerechnet als er mußte. Er sagt, die Preise seien sehr gefallen.«
»Das sind sie, Gentlemen …«
»Wenn Kemal einen Gewinn von über 1.000 Prozent macht, kann er die Ankaufpreise immer halten! Aber er denkt nicht an die große Sache, er denkt an sich selbst. Er verrät uns wegen des Geldes.« Der Abgesandte klopfte mit der flachen Hand auf seinen Aktenkoffer. Die beiden anderen schielten zu ihm hin und legten ebenfalls ihre Hände auf ihre Koffer. »Jeder von uns vier Kilo …«
Petrescu atmete mit geblähten Nasenflügeln. »Zwölf Kilo?« fragte er ungläubig.
»Ja.«
»Im Aktenkoffer? Seid ihr total verrückt? Wenn euch die Polizei kontrolliert hätte!«
»In jedem Koffer ist eine Bombe; die sofort explodiert, wenn ein Fremder ihn öffnet. Es gibt keine Spuren!« Der Wortführer sah Petrescu forschend an. »Der normale Preis weniger zehn Prozent. Für diese zehn Prozent wollen wir von dir hören: Das Problem Kemal ist gelöst …«
Petrescu rechnete. Zwölf Kilogramm reines H aus der Küche von Gaziantep – das war so ungeheuerlich, daß er seine Berechnung abbrach. Wenn man das 90 Prozent reine H nur auf 80 Prozent Reinheit herunterdrückte, lohnte es sich schon, Kemal zu suchen und zu jagen.
»Wir haben siebzehn Kuriere unterwegs«, sagte der Wortführer der Kurden. »Diese arbeiten wieder mit eigenen Kurieren. Wenn sie alle durchkommen, bieten wir dir 120 Kilo an.« Der mittlere ließ seinen Koffer aufschnappen und nahm ein Bündel Papier heraus. Er erhob sich, trat an den Schreibtisch und zählte Petrescu siebzehn halbe Geldscheine auf den Tisch. Zerrissene Ein-Dollar-Noten. Petrescu kannte diesen Ritus des absoluten Schutzes. Nur wenn der Kurier die andere, passende Hälfte vorlegen konnte, war er der richtige Mann. Ein eingeschleuster V-Mann der Kripo hätte gar keine Chancen, als Großhändler aufzutreten. Er würde sich nur lächerlich machen – und vielleicht für immer stumm.
»Warum gerade ich?« fragte Petrescu und starrte die Geldscheine an. Jeder war anders zerrissen, so wie jeder Sicherheitsschlüssel einen anderen Bart hat. Natürlich kam es auch darauf an, daß beide Teile dieselbe Notennummer trugen.
»Du bist der einzige, der uns sofort bezahlen kann«, sagte der Kurde. »Ein Schiff mit Waffen ist unterwegs und wird bei Iskenderun landen. Wir können die Waffen nur gegen bar übernehmen – wie du unsere Ware. Sage nicht nein, Bruder, wir wissen, daß du es bezahlen kannst. In der Schweiz, in Monaco und auf den Bahamas liegen die Gelder von deinem Geschäft mit Ban Hin Taek und Khun Sha. Bruder, es geht um die Freiheit.«
»Ich bin Rumäne«, sagte Petrescu.
»Was spielt das für eine Rolle?« Der Wortführer lächelte breit. »Unsere Gegner im Irak werden von sowjetischen Offizieren beraten! Mußt du lange überlegen?« Er sah Petrescu ernst an. »Du weißt jetzt sehr viel …«
Petrescu war lange genug im Geschäft, um diesen Satz zu
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