Eine besondere Herzensangelegenheit
verstehst du?«
»Aber du hast sie nicht gezwungen mitzumachen. Es war doch ihre Entscheidung, oder?«, wandte Sebastian ein. Er hatte inzwischen meine Hand genommen, und ich drückte sie dankbar.
»Schon«, gestand ich ein. »Aber das ist ja auch noch nicht alles. Mona musste operiert werden und natürlich für eine ganze Weile im Krankenhaus bleiben. Ich habe sie dort zwei Tage nach dem Unglück besucht. Unverständlicherweise schien sie es mir auch gar nicht übel zu nehmen, dass ich diese blöde Idee hatte. Im Gegenteil, sie hat eher mich getröstet, als ich sie.
Aber trotzdem – ich konnte es einfach nicht ertragen, sie da so hilflos liegen zu sehen. Ich habe mir solche Vorwürfe gemacht ihretwegen. Und da habe ich den zweitgrößten Fehler meines Lebens gemacht. Ich bin einfach nicht mehr hingegangen.«
»Du hast den Kontakt abgebrochen?«, fragte Sebastian. Er starrte mich überrascht an, vielleicht auch ein bisschen entsetzt.
Als ich beschämt nickte, meinte er: »Das ist echt ziemlich hart. Ihr habt euch nicht mehr gesehen?«
»Nein, leider nicht. Nach dem Krankenhaus musste Mona noch in die Reha. Und dann hat sie auf eine andere Schule gewechselt, wo sie besser mit ihrer Behinderung klarkam. Ich habe seit Jahren nicht mit ihr gesprochen – bis gestern Abend. Ich wollte mich endlich bei ihr entschuldigen.«
»Ich nehme an, sie war nicht besonders angetan von deiner Idee?«, hakte Sebastian nach.
Gegen meinen Willen musste ich lächeln. »Nicht wirklich. Wenn du es genau wissen willst, sie hat mich hochkant rausgeschmissen. Ich hatte gar keine Chance, ihr irgendetwas zu erklären.«
»Ehrlich gesagt wundert mich das nicht. Ich bin mir nicht sicher, wie ich an ihrer Stelle reagiert hätte.«
Es war hart, dass er mir seine Meinung so direkt ins Gesicht sagte, aber trotzdem war es mir tausend Mal lieber als irgendwelche Ausflüchte und hohle Floskeln.
»Ich weiß. Das verstehe ich ja auch.« Ich seufzte wieder. »Trotzdem hatte ich gehofft, dass ich ihr zumindest erklären kann, warum ich so gehandelt habe. Aber es hat wohl nicht sein sollen.«
Das Klingeln meines Handys unterbrach mich.
»Entschuldige«, sagte ich geistesabwesend. »Ich habe vergessen, das blöde Ding auszuschalten.« Ich warf einen Blick auf das Display. Die Nummer, die angezeigt wurde, kannte ich nicht.
»Geh ruhig ran«, ermunterte mich Sebastian. »Ich gehe solange zu Carola rüber und sage kurz Hallo.«
Während er sich auf den Weg in die Küche machte, um der Besitzerin des Grottenolms einen Besuch abzustatten, nahm ich das Gespräch an.
»Isabelle?«, ertönte eine mir gut bekannte Stimme. »Ich bin’s, Mona.«
»Oh«, rutschte es mir heraus. »Das ist aber eine Überraschung. Ich wusste gar nicht, dass du meine Nummer hast.«
»Hatte ich auch nicht. Ich habe bei deinen Eltern angerufen und sie davon überzeugt, dass sie sie mir unbedingt geben müssen. Deine Mutter hat übrigens ähnlich erstaunt geklungen wie du jetzt.«
»Aha«, sagte ich lahm. Mehr fiel mir in diesem Moment einfach nicht ein.
»Isabelle, ich wollte mich bei dir entschuldigen, wegen gestern, meine ich. Du hast mich einfach total geschockt, als du plötzlich vor meiner Tür standst. Da habe ich vielleicht ein bisschen überreagiert.«
»Ein bisschen ist gut«, bemerkte ich. »Ich dachte wirklich, du würdest auf mich losgehen.«
Mona kicherte. »Und dich mit meinem Rollstuhl umfahren?«
»So ungefähr.« Ich atmete auf. Wenn meine ehemalige Freundin diesen Ton anschlug, war das Schlimmste überstanden.
Tatsächlich fuhr Mona fort: »Es tut mir leid, dass ich dich rausgeschmissen habe. Können wir uns noch mal treffen und in Ruhe über alles reden?«
Ich schluckte. »Du meinst heute noch?«
»Wenn du das hinkriegst.«
Ich nickte, auch wenn Mona das nicht sehen konnte. »Klar. Ich bin in spätestens einer halben Stunde bei dir.«
Als Sebastian wieder zurück an den Tisch kam, strahlte ich ihn an.
»Gute Nachrichten?«, fragte er verwundert.
»Sogar sehr gute«, gab ich zurück. »Der Anruf war von Mona. Sie will sich mit mir treffen. Jetzt gleich.«
Er grinste. »Soll ich dich hinfahren?«
»Nee, das schaffe ich schon selbst«, lachte ich. »Aber es wäre gut, wenn du heute die Rechnung übernimmst, damit ich gleich los kann. Ich lade dich dafür morgen ein.«
Kapitel 23
Dieses Mal fiel mir der Weg von meinem Auto zur Tür von Monas und Tobias’ Haus wesentlich leichter, trotzdem war ich noch nervös. Ich hatte am Telefon
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