Eine besondere Herzensangelegenheit
Physiotherapie. Vor drei Jahren hat mein alter Physiotherapeut aufgehört, und mein Arzt hat mir einen jungen Therapeuten empfohlen, der gerade erst seine Praxis eröffnet hatte.«
»Und das war Tobias?«, folgerte ich.
Mona strahlte. »Genau. Früher haben mich die Anwendungen immer total genervt, aber seitdem ich bei ihm in Behandlung war, habe ich plötzlich jedem Termin entgegengefiebert. Und als ich dann das letzte Mal vor einer Therapiepause bei ihm war, hat er tatsächlich gefragt, ob ich mit ihm essen gehen würde. Seitdem sind wir zusammen, und glaub mir, er ist wirklich ein Glücksgriff.«
»Na ja, ich kenne ihn ja kaum, aber er sieht zumindest danach aus«, stimmte ich zu. Dabei gelang mir sogar ein leichtes Lächeln. Dann wurde ich wieder ernst.
»Mona«, begann ich schweren Herzens, »ich freue mich wirklich, dass es dir anscheinend so gut geht, und ich bin auch froh, dass du mir nicht die Schuld an dem gibst, was passiert ist. Aber trotzdem solltest du wissen, dass ich alles dafür geben würde, deinen Sturz ungeschehen zu machen. Und ich schäme mich so dafür, dass ich dich in der Zeit danach alleingelassen habe.«
»Ich habe dir doch schon gesagt, dass ich Verständnis dafür habe«, bemerkte Mona, doch diesmal unterbrach ich sie.
»Nein, du warst immer meine beste Freundin, und ich hätte für dich da sein müssen, als es dir nicht gut ging. Das war ein Riesenfehler, und ich würde ihn unheimlich gern wieder gutmachen.«
»Lass mich überlegen.« Sie runzelte demonstrativ die Stirn und legte den Finger ans Kinn. »Also, der Keller müsste mal wieder gründlich aufgeräumt werden, im Garten sprießt jede Menge Unkraut, das gejätet werden müsste, und – ach ja – wir hatten auch noch vor, einen Carport zu bauen.«
Plötzlich war sie wieder genau wie früher.
»Ich fasse es nicht«, stöhnte ich. »Du schaffst es immer noch nicht, länger als fünf Minuten am Stück ernst zu bleiben, oder?«
»Äh, nein.« Mona zog einen Mundwinkel nach oben. »Aber mit einem ist es mir ernst: Ich bin wirklich froh, dass du hergekommen bist, auch wenn du dir dafür nicht unbedingt zehn Jahre hättest Zeit lassen müssen. Und wenn du deinen Fehler wieder gutmachen willst, dann lass uns einfach versuchen, unsere Freundschaft wieder aufleben zu lassen.« Sie verzog schelmisch das Gesicht. »Ich glaube, das würde mir sogar mehr bedeuten als ein aufgeräumter Keller.«
Wider Willen musste auch ich lachen. Langsam hatte ich wirklich das Gefühl, wieder ganz die alte Mona vor mir zu haben.
Eine ganze Weile saßen wir noch zusammen, lachten, alberten herum und quatschten über alte Zeiten. Und je länger das Gespräch dauerte, umso unbefangener wurde es.
Erst kurz nach Mitternacht verabschiedeten wir uns wieder voneinander. Mona umarmte mich und nahm mir noch das Versprechen ab, mindestens einmal pro Woche bei ihr anzurufen. Dann brachte Tobias mich zur Tür.
»Danke«, sagte er, als er mir zum Abschied die Hand gab. Als ich ihn fragend ansah, erklärte er: »Mona tut immer so cool, aber es war wahnsinnig wichtig für sie, dass ihr euch wieder versöhnt habt. Sie hat sehr darunter gelitten, dass ihr keinen Kontakt mehr hattet.«
Ich zögerte einen Moment.
»Ja, ich auch«, gab ich dann ehrlich zu.
Kapitel 24
In der folgenden Woche fühlte ich mich, als würde ich die ganze Zeit auf Wolken schweben – oder hätte etwas sehr stark Bewusstseinserweiterndes eingeworfen, allerdings ohne die unangenehmen Nebenwirkungen.
Wie abgesprochen telefonierten Mona und ich jetzt regelmäßig miteinander, und langsam hatte ich die Hoffnung, dass es vielleicht sogar möglich sein könnte, wieder eine tiefe und fast unbelastete Freundschaft aufzubauen.
Erst nach meiner Aussprache mit Mona hatte ich gemerkt, wie sehr mich mein schlechtes Gewissen belastet hatte. Noch am selben Abend hatte ich bei Sebastian angerufen, um ihm von dem Gespräch zu berichten. Er war zwar nicht besonders begeistert gewesen, dass sein Telefon ihn aus dem Bett geklingelt hatte, bestand aber darauf, dass er sich für mich freute. Und das wiederum freute mich sehr.
Am Freitag konnte ich es kaum erwarten, in meine Wohnung zu kommen und Lily von meiner bestandenen Herausforderung zu berichten. Es dauerte ungewöhnlich lange, bis ihre Antwort bei mir ankam.
Ich muss zugeben, diesmal hast du mich echt schockiert , schrieb sie. Weißt du, als ich ein paar Jahre jünger war, habe ich ganz schön viel Mist gebaut. Wenn ich so
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