Eine Billion Dollar
wieder loslassen sollte. »Aber wieso denn?«
»Weil ich, wenn ich dich heirate, auch Ja sagen muss zu dem Leben, dass du führst. Das ich dann teilen müsste. Und davor graut mir, John, ehrlich.«
»Dir graut davor, reich zu sein?«
»Mir graut davor, ein Leben zu führen, das weder meines ist noch deines, John. Ich bin tagelang durch dieses Schloss hier gegangen, und ich sehe nichts von dir darin, nirgends. Wenn du hier bist, dann scheint das alles überhaupt nichts mit dir zu tun zu haben. Deine Angestellten leben hier. Du bist nur zu Gast.«
Er spürte ein Zittern in seinem Kehlkopf, als wolle der zerreißen. Die Welt bekam Risse, das war es, und hinter diesen Rissen lauerte Bodenlosigkeit. »Willst du, dass wir woanders wohnen?«, fragte er mit tauber Zunge und wusste zugleich, dass nichts mehr zu retten war, dass alles dabei war, zu zerbrechen. »Von mir aus können wir – was weiß ich – ein Haus in der Stadt kaufen oder auf dem Land… wo du willst…«
»Darum geht es nicht, John. Es geht darum, dass ich dein Leben teilen will, aber du hast kein Leben, das deines ist. Du lässt von einem Mann, der seit fünfhundert Jahren tot ist, bestimmen, welchen Sinn dein Leben hat. Dein Geschäftsführer schreibt dir vor, wo und wie du wohnen sollst. Du lässt dir sogar von deinem Innenarchitekten vorschreiben, dass du ein Show-Schlafzimmer brauchst, mein Gott!«
»Das wird alles anders«, sagte er. Seine eigene Stimme klang ihm schwach und hilflos in den Ohren. »Das wird anders, ich schwöre es dir.«
»Schwör mir nichts, John«, bat sie traurig.
Er sah auf, sah sich um. Sie waren allein. Die Musiker mussten sich klammheimlich verdrückt haben, ohne dass er es mitbekommen hätte. Die Kellner hatten sich taktvoll zurückgezogen. Der Speisesaal lag verlassen da, öde, tot. »Was wirst du jetzt machen?«, fragte er.
Sie antwortete nicht. Er sah zu ihr hoch, sah in ihr Gesicht und wusste es.
McCaine betrachtete ihn lange, ohne etwas zu sagen, nickte nur ab und zu sachte und schien gründlich zu überlegen, was zu sagen und was zu tun war. »Das tut mir leid für Sie, John«, sagte er schließlich. »Sie machte wirklich den Eindruck, die Richtige für Sie zu sein… Soweit ich das beurteilen kann, natürlich. Ich bin ja auch nicht gerade ein Experte für Zweierbeziehungen.«
John fühlte sich wie tot. Als wäre ihm das Merz herausoperiert worden und nur ein Hohlraum zurückgeblieben. »Sie hat darauf bestanden, einen Linienflug zu nehmen«, sagte er. »Und sie wollte nicht einmal, dass ich sie zum Flughafen begleite.«
»Hmm.«
»Glauben Sie, das stimmt? Wenn eine Frau sagt, dass sie Zeit und Abstand braucht, um über alles nachzudenken … kann es dann sein, dass sie am Ende doch zurückkommt?«
Es klopfte an der Tür, eine der Sekretärinnen streckte den Kopf herein. McCaine bedeutete ihr mit einer unwirschen Geste, zu verschwinden.
»Ich weiß es nicht, John. Aber wenn ich Ihnen ganz ehrlich sagen soll, was ich glaube…« Er zögerte.
»Ja?«, machte John mit großen Augen.
McCaine biss sich auf die Lippen, als bereue er es, davon angefangen zu haben. »Ich kann natürlich nur nach dem urteilen, was Sie mir erzählt haben, John.«
»Ja? Und?«
»Es tut mir leid, Ihnen das sagen zu müssen, aber mir scheint, sie ist eine Frau mit Prinzipien. Prinzipien, die ihr mehr bedeuten als Sie.«
John ächzte. Da war doch noch ein Herz. Jedenfalls eine Stelle, die wehtun konnte.
»Und«, fuhr McCaine damit fort, in der offenen Wunde zu wühlen, »ganz offensichtlich kann sie die Verantwortung nicht akzeptieren, die mit dem Erbe verbunden ist. Sie, John, können es. Es ist eine große Last, und sie schmerzt manchmal – aber Sie tragen sie trotzdem. Das ist es, was Sie zum Erben macht. Und so leid es mir tut, Ihre Partnerin muss Sie darin unterstützen, oder sie kann nicht Ihre Partnerin sein.«
Ja, so war es wohl. John starrte vor sich hin, betrachtete die Muster der dunkelblauen und schwarzen Linien im Teppichboden, sich ausbreitend, ja, wie Risse.
»Sie werden darüber hinwegkommen«, sagte McCaine. »Aber Sie dürfen sich jetzt nicht hängen lassen, John.«
»Ich weiß nicht«, jammerte John.
»John, verdammt noch mal, Sie haben eine Aufgabe. Sie haben eine Verantwortung. Sie sind der Erbe, John!«
»Wenn ich es nicht wäre, wäre sie nicht gegangen.«
McCaine gab einen Laut von sich, der wie ein wirkungsvoll zwischen den Zähnen zerbissener Fluch klang, ging stampfend ein paar Schritte durchs
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