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Eine Billion Dollar

Eine Billion Dollar

Titel: Eine Billion Dollar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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aber standesgemäß«, raunte Eduardo ihm zu. Er wirkte angespannt.
    Oben ging es durch eine breite Tür, hinter der Teppiche lagen, Bilder an den Wänden hingen, Fresken und bemalter Stuck die Decken zierten. John hatte längst jede Orientierung verloren, als eine riesige Türe geöffnet wurde und man sie in einen kleinen Saal führte, dessen Wände über und über bemalt waren in einer Farbenpracht, die einen schier erschlug. Vor lauter Engeln mit vergoldeten Flügeln und Rosenbüschen hätte er fast die Männer übersehen, die darauf warteten, ihm vorgestellt zu werden. »Signor Fantozzi, der Finanzminister. Signor Bernardini, der stellvertretende Minister des Inneren. Signor Nuncio Tafale, der Notar.« John schüttelte Hände und versicherte, wie angenehm es ihm sei, all diese Leute kennen zu lernen, und so früh am Morgen noch dazu.
    Er hatte sich die ganzen letzten Tage, seit feststand, dass es passieren würde, gefragt, wie es sein würde. Er hatte sich einen weihevollen Akt vorgestellt, und es war zu merken, wie sie sich bemühten, es zu einem solchen zu gestalten. Aber John spürte nur sein Herz schlagen, das Blut im Hals und im Schädel pochen, und alles in ihm war darauf konzentriert, keinen Fehler zu machen, nichts Dummes zu sagen, all diese Weihe nicht zu zerstören. Es war wie damals bei seiner Fahrprüfung, an die er sich nur noch erinnern konnte als an eine Zeit, von der er nicht hätte sagen können, wie lange sie gedauert hatte, Stunden oder Tage. Nur dass er so absolut bei der Sache gewesen war, dass er sich, als alles vorbei gewesen war, nicht einmal mehr erinnern konnte, wo er überall gefahren war und wo er eingeparkt hatte. Absoluter Tunnelblick. Stress. Und hier und jetzt – wozu? Das war keine Prüfung, die es zu bestehen galt. Er hatte nichts dafür getan, er konnte auch nichts dagegen tun. Diese Männer waren aufgetaucht mit dem festen Vorsatz, ihm eine Billion Dollar zu schenken, und sie waren nicht davon abzubringen gewesen. Er hätte aufspringen und zu allem Nein sagen müssen, um es zu verhindern.
    Es begann mit dem Innenminister, dem stellvertretenden, der ihm ein Formular vorlegte, das fertig ausgefüllt war, und etwas, das aussah wie ein Vertrag, mit roter Kordel und richtigem Siegel, und auf beide Dokumente stürzten sich die Vacchis und prüften sie Buchstabe für Buchstabe, ehe sie ihm zunickten, dass er unterschreiben solle. Und John unterschrieb gehorsam. Sein Italienisch reichte inzwischen mit Mühe für die Zeitungen, vor den juristischen Texten musste er kapitulieren. Ohne die Vacchis an seiner Seite hätte man ihm eine Waschmaschine verkaufen können, und er hätte es nicht gemerkt.
    Der Innenminister lächelte, mehr höflich als entspannt, und händigte ihm seinen neuen Pass aus, einen samtroten Europapass, fix und fertig mit Passfoto und Unterschrift, fälschungssicher eingesiegelt. Seinen zerfledderten alten blauen amerikanischen Pass musste er dafür abgeben. Der Innenminister nahm ihn an sich wie ein Beutestück; John fragte sich flüchtig, was er wohl damit machen würde. Stand nicht Eigentum der Vereinigten Staaten von Amerika darin?
    Noch mal Händeschütteln. Glückwünsche. Nun war er Italiener, wieder Bürger des Landes, aus dem sein Großvater geflohen war. Der stellvertretende Innenminister lächelte ihm aufmunternd zu, als wolle er ihm versichern, dass das so schlimm nicht sei, aber der Finanzminister lächelte deutlich stärker.
    Als alle Hände geschüttelt waren und Kaffee nachgeschenkt, ergriff der Notar das Wort. Das tat er, indem er ein Schriftstück hervorholte und es vorlas in einer Weise, die einen hätte glauben lassen können, ein blinder Gott schwebe unsichtbar im Raum und nichts gelte, ehe es nicht an seine Ohren gedrungen war. »Rom, am 16. Mai 1995. Vor dem beurkundenden Notar Nuncio Tafale sind in der Angelegenheit Übereignung des Vermögens des Giacomo Fontanelli erschienen: John Salvatore Fontanelli, italienischer Staatsbürger, geboren am 1.9.1967 in New York; Cristoforo Vacchi, italienischer Staatsbürger, geboren…«
    Und so ging es weiter, bis John nichts mehr verstand. Die Worte ›Nachlass‹ und ›Übereignung‹ und ›uneingeschränkte Verfügung‹ tauchten aus dem Singsang auf wie platzende Blasen aus einem sich schwerfällig dahinwälzenden Wortstrom. Dann verlasen die Vacchis ihrerseits Dokumente, die in einem altertümlichen, formellen Italienisch verfasst waren, gegen das die Ansprache des Notars wie feinsinnige,

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