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Eine Braut für alle

Eine Braut für alle

Titel: Eine Braut für alle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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gefeit?»
    «Ja, aber nicht einem gegenüber, den man zum Dinner ausgeführt hat», versetzte ich elegant.
    Sie lachte. «Ich bin jetzt für dich bereit, Darling.»
    Ich zögerte. Dann überkam mich eine jener Inspirationen, die sich oft bei mir nutzbringend einstellen, als hätte ich auf einen Hebel gedrückt.
    «Ich kann dich unmöglich untersuchen», rief ich aus. «Zumindest nicht heute abend.»
    Ophelias Blondkopf tauchte auf.
    «Komm mir nicht damit, daß du heute früher Sperrstunde hast, ja?»
    «Nein. Aber ich habe keine Anstandsdame bei der Hand.»
    «Eine Anstandsdame? Großer Gott, Mensch! Wozu brauch ich eine Anstandsdame? Oder beabsichtigst du vielleicht, mich in einer Kutsche nach Hause zu schicken?»
    «Nicht deinetwegen, Mädel», klärte ich sie auf. «Sondern meinetwegen. Vorschrift Nummer eins der Medizinischen Schule lautet untersuche ein weibliches Wesen zwischen Schlüsselbeinen und Kniescheibe nur in Anwesenheit einer Geschlechtsgenossin. Und unsere Empfangsdame ist zu dieser nächtlichen Stunde natürlich nicht da. Du mußt also morgen vormittag wiederkommen.»
    Ophelia holte tief Atem, es klang wie das Zischen einer aufgestörten Brillenschlange.
    «Ich kann nicht behaupten, Dr. Grimsdyke, daß mir der Ton dieser Bemerkung sehr zusagt.»
    «Reine Routinesache, selbstredend», fügte ich rasch hinzu. Ophelia war gewiß ein köstlich munteres Wesen, aber manchmal leicht entzündlich, und ich wollte nicht riskieren, daß mir der Blutdruckmesser an den Kopf geworfen würde.
    «Es ist nur deshalb, weil - weil wir sonst einen ganz schrecklichen Verstoß gegen die ärztlichen Vorschriften begehen würden», machte ich geltend.
    «Wollen Sie damit vielleicht andeuten, Dr. Grimsdyke, daß ich mit meinen Abenden nichts Besseres anzufangen weiß, als in London herumzugehen und unerfahrene junge Ärzte zu kompromittieren?»
    «Ich hab’s nicht persönlich gemeint, versichere ich dir -»
    «Wirst du mich jetzt untersuchen, ja oder nein? Nicht nur, daß ich das Zeugnis morgen in aller. Früh brauche, ist’s hier hinterm Schirm abscheulich kalt. Falls du alle Patienten in dieser Art behandelst, mußt du schon ein Spezialist in Lungenentzündungen sein.»
    Ich ging hinter den Schirm.
    Ein paar Minuten später stand ich bereits am Chippendale-Schreibtisch und fertigte auf Razzys Briefpapier ein Attest an die Capricorn-Schiffahrtsgesellschaft, Leadenhall Street, aus, des Inhalts, daß ich heutigen Tages Miss Ophelia O’Brien (21) untersucht hatte, und daß sie meiner Ansicht nach weder körperliche noch geistige Unzulänglichkeiten aufweise.
    «Das war ja recht kurz und gut, muß ich sagen.» Ophelias Stimme schien erklecklich munterer geworden zu sein. «War meine Brust in Ordnung?»
    «Einwandfrei.»
    «Gaston, Lieber!» Sie tauchte hinter dem Schirm auf. «Bist du immer so streng und kurz angebunden mit deinen Patientinnen?»
    «Freundlichkeit und Interesse empfehlen sich erst am Krankenbett», murmelte ich. Ich fand, es sei höchste Zeit, eine dem ärztlichen Stand angemessene Würde zu entfalten.
    Sie lachte. «Sei ein Engel und mach meinen Büstenhalter zu, ja? Ich erwische nie den Haken.»
    «Ophelia -» begann ich, mich betätigend.
    «Ja, Liebling?»
    «Ophelia, Mädel -»
    Infolge des überraschenden Wiedersehens und der allgemeinen Verwirrung erkannte ich erst jetzt, welch schrecklicher Schicksalsschlag auf Grimsdykes seelische Verfassung herabzusausen drohte.
    «Warum mußt du just in jenem Augenblick aus meinem Leben entschwinden, da wir so gut miteinander auskommen?» fragte ich.
    «Aber es ist doch nur für drei Wochen, Darling. Nach deinen Worten würde man denken, ich sei eine Art weiblicher Christoph Columbus.»
    «Aber in drei Wochen wird doch Basil wieder zurück sein!»
    «Gewiß, das wird er.»
    Ich streifte sie mit einem Blick, als sie nach den Strümpfen griff. Wenn Ophelia mich zuweilen nicht ernst nahm, so nahm sie, fiel mir ein, erst recht nicht Basil mit dem Ernst eines Mädchens, das sich verpflichtet hat, für den Rest ihres Lebens Trikotwäsche zu stopfen.
    «Glaubst du nicht, daß wir viel Spaß miteinander hätten, wenn wir heirateten?» erkundigte ich mich.
    «Bitte, Gaston, fang nicht schon wieder damit an.» Sie fummelte mit den Strumpfhaltern. «Ich dachte, darüber hätten wir uns bereits neulich abends ausgesprochen?»
    Dies war in einem Nachtklub geschehen; man kann sich nicht vorstellen, wie schwierig es ist, ein Mädel zu überzeugen, daß einem das Herz nach ihr

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