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Eine Braut von stuermischer Natur

Eine Braut von stuermischer Natur

Titel: Eine Braut von stuermischer Natur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynsay Sands
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…«
    »Nein, gewiss nicht«, unterbrach Lauda. »Vergiss alles, was ich gesagt habe. Dein Magen verträgt dergleichen nicht. Dafür bist du gewiss zu zart besaitet. Ich opfere mich und mache es im Selbstversuch.«
    Murie hätte vor Wut platzen können. Von wegen, sie war gewiss genauso hart im Nehmen wie die verhasste Lauda! »Mein Magen ist gewiss nicht empfindlicher als deiner.«
    »Dann hast du vielleicht nur Angst«, räumte Lauda ebenso sanft wie gehässig ein.
    »Ich habe keine Angst«, fauchte Murie.
    »Gut. Dann machen wir es gemeinsam.«
    »Das ist ein Wort!«, wieherte Malculinus. »Ich bin schon jetzt auf morgen früh gespannt.«
    »Aber …« hob Murie zum Protest an. Sie hatte doch noch gar nicht zugesagt. Überdies verspürte sie keineswegs das Bedürfnis, vergammeltes Fleisch zu essen, selbst wenn sie dann erführe, wer der Glückliche war, der sie zum Traualtar führen würde.
    »Kein Aber«, unterbrach Lauda und erhob sich. »Ich werde mich sogleich zum Küchenstab des Königs begeben und mich dort einmal umschauen, was der Koch für uns tun kann. Er kann uns sicher ein Stück Fleisch besorgen, das nicht mehr gut ist. Gewiss ist er so nett und siedet es mit Gewürzen und Kräutern, damit es besser schmeckt.«
    »Nein, Lauda, ich …«, begann Murie, aber da war Lauda schon abgerauscht. Sie beobachtete, wie Lady Aldous aus dem Saal verschwand, und sank seufzend auf ihren Platz zurück.
    »Liebes, das ist gewiss nicht dein Ernst, nicht wahr?«, raunte Emilie an ihrem Ohr. »Ich dachte, es ist alles ein Scherz. Da willst du doch wohl nicht mitmachen, oder?«
    »Nein, gewiss nicht«, versicherte sie Murie. »Ich sage es ihr, sobald sie zurückkehrt.«
    »Gut.« Emilie schüttelte den Kopf. »Nichts gegen die heilige Agnes, aber diese Legende scheint mir auf einem wahrhaft dummen Aberglauben zu fußen, und verdorbenes Fleisch zu essen, ist nicht ungefährlich.«
    Murie nickte und konzentrierte sich wieder auf das Essen auf ihrem Teller. Lustlos stocherte sie darin herum, denn der Appetit war ihr gehörig vergangen. Stattdessen ertappte sie sich dabei, dass sie dauernd zu den Saaltüren linste und Laudas Rückkehr harrte. Sie wartete. Und wartete.
    Das Mahl war beendet, und alle erhoben sich von den Tischen, als Lady Aldous schließlich wiederkam. Murie war fest entschlossen, ihr höflich, aber bestimmt mitzuteilen, dass sie auf das Experiment dankend verzichtete. Doch Lauda ließ ihr keine Gelegenheit, zu Wort zu kommen.
    »Bitte verzeih mir, dass es so lange gedauert hat. Der Koch des Königs hat erst einmal ein Riesentheater veranstaltet, bis er sich dazu herabließ, mir Gehör zu schenken. Dann dauerte es ewig, bis er ein geeignetes Stück Fleisch ausgesucht hatte. Ich musste entsetzlich lange warten, ehe es zubereitet war. Aber jetzt habe ich es – endlich «, setzte sie mit einem affektierten Lachen hinzu und schwenkte einen kleinen Zinnteller mit zwei Stückchen Fleisch.
    Murie, die angeekelt die Fleischbissen beäugte, schüttelte langsam den Kopf. Daraufhin verdunkelte sich Laudas Miene wie der Himmel vor einem Gewittersturm. »Du wirst doch jetzt nicht kneifen, wo ich mir solche Mühe gemacht habe, oder?«
    Die Patentochter des Königs hob reumütig die Schultern und ließ sie wieder sinken. »Es tut mir aufrichtig leid, Lauda, aber ich habe nie gesagt …«
    »Dir fehlt einfach der nötige Mumm«, sagte Lauda mit einem enttäuschten Seufzen. »Hätte ich mir auch gleich denken können. Du hast noch nie Rückgrat bewiesen. Du bist eben ein verwöhnter, verzogener Teufelsbraten.«
    Murie sprang auf, öffnete den Mund zu einer Erwiderung und schloss ihn unverrichteter Dinge wieder, als sie die neugierigen Mienen der Umsitzenden bemerkte. Seit ihrer Ankunft in der königlichen Residenz hatte sie alles versucht, um sich Respekt zu verschaffen. Damals war sie ein trauriges, einsames Kind gewesen, eine junge Waise, die Freunde und Mitgefühl und Zuneigung brauchte. Stattdessen hatten die anderen Mädchen bei Hofe sie verhöhnt und verspottet und in ihren Wunden gewühlt wie Wölfe in einem Tierkadaver. Eines der Mädchen griff sie an, und wenn Murie sich zu verteidigen versuchte, gingen die anderen ebenfalls auf sie los. Nach sechs Monaten Dauerfehde war sie mit den Nerven am Ende gewesen und wünschte sich, sie wäre mit ihren Eltern gestorben.
    Wäre Emilie nicht bei Hofe eingetroffen und hätte Freundschaft mit ihr geschlossen, Murie hätte keinen Ausweg mehr gewusst. Zum Glück hatte ihre

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