Eine Braut von stuermischer Natur
seufzte. »Also gut, versprich mir wenigstens, dass du Cecily bei dir im Zimmer schlafen lässt. Sie soll mich holen, wenn du Hilfe brauchst, ja?«
Murie lächelte schweigend. Sie mochte kein Versprechen geben, das sie nicht halten wollte. Sie hatte gewiss nicht vor, ihre Zofe in ihrem Schlafgemach nächtigen zu lassen. Um ihre Freundin vom Thema abzulenken, sagte sie leichthin: »Na, was ist jetzt? Magst du mir etwa keine süßen Träume wünschen?«
Emilie kicherte leise über den scherzhaften Ton, den ihre Freundin anklingen ließ, und nickte. »Aber gewiss, Liebes, ich wünsche dir ganz, ganz süße Träume.«
»Danke«, murmelte Murie.
Emilie umarmte sie zum Abschied. »Es sind schon bei Weitem verrücktere Dinge ausprobiert worden. Vielleicht hat Malculinus recht, und dein Unterbewusstsein gibt dir die Antwort auf deine Herzensfrage.«
»Schlaf gut, Emilie«, murmelte Murie, als ihre Freundin die Tür zu ihrer Kammer aufdrückte.
»Du auch«, antwortete Lady Reynard und glitt ins Innere.
Schön wär’s, dachte Murie skeptisch. Sie schwenkte herum und setzte den Weg zu ihren eigenen Gemächern fort. Ob sie überhaupt einschlafen konnte? Ihr Magen schien nicht sonderlich erfreut über das verdorbene Fleisch. Andererseits war sie ziemlich erschöpft und fühlte sich, als sei sie leicht beschwipst. Keine Ahnung wieso, zumal sie den ganzen Abend weder Wein noch Bier getrunken hatte.
»Mylady.« Cecily, ihre Kammerfrau, sprang mit einem erfreuten Lächeln vom Fenstersims, wo sie gesessen und ein Unterkleid ausgebessert hatte. Sie legte das Kleidungsstück beiseite und lief zu Murie, die gerade die Tür hinter sich zudrückte. »Hattet Ihr einen schönen Abend, Mylady?«
»Nicht wirklich«, räumte Murie seufzend ein.
»Ach, wie schade«, entfuhr es Cecily milde betroffen. Mit geschickten Fingern begann sie, ihrer Herrin beim Entkleiden zu helfen.
Murie blieb einen Herzschlag lang stumm, dann fragte sie: »Cecily, kennst du zufällig die Legende, die sich um den St.-Agnes-Abend rankt? Dass man …«
»Von dem Mann träumt, den man heiraten wird«, beendete Cecily deren Satz. »Ja. Meine Schwester hat es selbst ausprobiert.«
»Und?«, fragte Murie erwartungsvoll. »Wie ging es weiter?«
»Sie träumte von einem Unbekannten. Eine Woche später ist er ihr begegnet, und nach sechs Monaten haben sie geheiratet«, erzählte die Zofe.
»Ach tatsächlich?« Murie fiel ein Stein vom Herzen. Sie schöpfte wieder neue Hoffnung, sich nicht vergebens den Magen verdorben zu haben.
»Ja, gewiss.« Nachdem Cecily sämtliche Schleifen gelöst hatte, half sie ihrer Herrin aus Über- und Untergewand.
»Hast du es auch schon einmal versucht?« Murie trat vor die Waschschüssel, die auf dem Nachttischchen neben ihrem Bett stand, und tauchte ein Leinentuch in das zimmerwarme Wasser.
»Jaaa«, antwortete das Mädchen und dehnte dabei die Stimme.
»Und, hast du von einem Mann geträumt?«
»Nein, Mylady. Nicht dass ich wüsste.« Sie grinste schief und legte das Kleid beiseite. »Das war vor ein paar Jahren, und wie Ihr seht, bin ich immer noch ledig. Vielleicht werde ich niemals heiraten, weil es keinen Mann gibt, von dem ich träumen kann.«
»Oh, das nehme ich dir nicht ab«, sagte Murie hastig. Allerdings, so sann sie, war Cecily eine junge Frau gewesen, als sie Murie nach dem Tod der Eltern an den Königshof begleitet hatte, und das lag gut und gerne zehn Jahre zurück. Inzwischen gehörte ihre Zofe zu den späten Mädchen, gut möglich, dass sie gar nicht mehr heiraten würde. Stirnrunzelnd fuhr sich Murie mit dem feuchten Tuch über Gesicht und Arme, dann schlüpfte sie in das frische Nachtkleid, das Cecily ihr hinhielt.
»Wünschen Mylady sonst noch etwas?«, erkundigte sich Cecily, als Murie ins Bett stieg.
»Nein. Hab Dank, Cecily«, murmelte sie schläfrig.
»Eine gute Nacht, Mylady. Und träumt süß.«
Murie starrte ertappt zu der Tür, die leise knarrend hinter ihrer Zofe ins Schloss fiel.
»Träumt süß«, wiederholte sie leise seufzend. Sie drehte sich auf die Seite und hoffte, dass ihr armer Magen dann Ruhe geben würde. Süße Träume, ja die wären wundervoll. Eine Heirat war Muries größter Wunsch … und dafür gab es mehrere Gründe. Nach der Hochzeit würde sie in ein eigenes Heim umsiedeln. Dann hätte sie mit den grässlichen Intrigen bei Hofe nichts mehr zu schaffen. Sie wollte Kinder haben, denn Murie sehnte sich nach einem eigenen Kind, das sie zu lieben vermochte, wie ihre Eltern sie
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