Eine Braut zu Weihnachten
ist sie?«
»Lady Smithson.« Sebastian stöhnte und riss sich die Halsbinde gereizt herunter. Dann holte er tief Luft und begann, sie von Neuem zu drapieren. Das verdammte Ding würde sich ja wohl nicht stärker erweisen als er.
»Lady Smithson? Eine neue Bekanntschaft?«
»Sie war bei meinem Vortrag«, erwiderte Sebastian zerstreut und völlig auf die störrische Seide um seinen Hals konzentriert. »Sie hat wundervolles dunkelrotes Haar und tiefbraune Augen, die blitzen vor Belustigung, wenn sie etwas amüsant findet.«
Sinclair grinste breit. »Jetzt verstehe ich.«
»So ist das nicht«, sagte Sebastian schärfer als beabsichtigt.
»Ist nicht wie was?«
»Sie ist nicht bloß eine weitere Bewunderin. Veronica ist eine Freundin meiner Cousine.«
Sinclair runzelte die Stirn. »Von dieser schrecklich sittsamen Cousine?«
»Portia, ja.« Sebastian betrachtete kritisch das neugebundene Halstuch. Vielleicht war ein schwungvoll schief geschlungener Binder ja sogar das Beste. Er musste sich schließlich einen gewissen Ruf bewahren.
»Endlich lichtet sich der Nebel.« Sinclair nickte wissend.
»Und jetzt ist alles klar?«
»Glasklar, mein Freund.«
Sebastian drehte sich zu Sinclair um. »Dann sag mir doch bitte, welch profunde Erleuchtung dir gekommen ist.«
»Du willst von deiner Familie als respektabel und verantwortungsbewusst betrachtet werden. Deshalb legst du dir gewisse Attribute zu.« Sinclair nickte weise. »Die Attribute der Verantwortung.«
»So?« Sebastian betrachtete seinen Freund belustigt. »Ich wusste gar nicht, dass du so weise bist«, sagte er, die Arme vor der Brust verschränkend. »Erzähl mir mehr über diese Attribute.«
Sinclair umkreiste ihn in der Diele wie eine Raubkatze ihre Beute. »Wie würdest du einen Landbesitz mit einem herrschaftlichen Haus darauf denn anders nennen? Wie hieß es doch noch mal?«
»Greyville Hall, und es ist groß, das streite ich gar nicht ab, aber nicht herrschaftlich«, sagte Sebastian schnell. »Das war es einmal und wird es hoffentlich irgendwann auch wieder sein. Aber das erfordert noch eine Menge Arbeit, die sehr viel Geld kosten wird.«
»Aber du hast es für einen guten Preis bekommen?«
»Als hätte ich’s gestohlen.«
Sinclair lachte. »Es gibt nichts Verantwortungsbewussteres als einen Mann, der hart verhandelt. Sinnbildlich gesprochen, meine ich.«
Auch Sebastian lachte. »Das ist absurd, aber amüsant. Sprich weiter.«
»Als Nächstes wirst du deine Reisen abkürzen.« Sinclair schüttelte bedauernd den Kopf. »Wirst du nicht nur über deine eigenen Abenteuer schreiben, sondern auch spannende Romane für Leute, die zu feige sind, eigene Abenteuer zu unternehmen.«
»Das würdest du doch nicht tun, denjenigen, die nicht deine innere Kraft oder dein Geld haben, die Möglichkeit verwehren, ein Abenteuer zu erleben? Ob es nun erfunden ist oder nicht.«
»Oh, dann ist das jetzt ein wohltätiges Unternehmen?«
»Keineswegs«, sagte Sebastian. »Ich rechne sogar damit, dass diese Arbeiten noch profitabler sein werden als meine bisherigen.«
»Damit du Geld in dein zerbröckelndes Herrenhaus stecken kannst?«
»Genau.«
» Das … « Sinclair unterbrach sich, um seinem Freund zuzuprosten, »ist die perfekte Definition des Begriffs verantwortungsbewusst .«
Sebastian grinste. »Dann funktioniert mein Plan ja bestens.«
»Füg noch die Freundin deiner tugendhaften Cousine an deinem Arm hinzu, und deine Brüder können gar nicht anders, als dem Antritt deines Erbes zuzustimmen.«
Sebastian schüttelte den Kopf. »Mein Erbe hat nichts mit Veronica zu tun.«
»Komm schon, du willst mir doch nicht erzählen, dass dir nach der Idee von einem respektablen Haus und einer verantwortungsvollen Tätigkeit nicht auch die Idee von einer passenden «, der Amerikaner erschauerte, »Ehefrau gekommen ist.«
»Ich gebe zu, dass es passiert ist …«
Sinclair stöhnte.
»Aber«, fügte Sebastian schnell hinzu, »ich habe nicht die Absicht, irgendjemanden zu heiraten, nur um einer Erbschaft willen zu heiraten oder um den Respekt meiner Brüder zu erlangen. Und dem, was ich bisher weiß, nach zu urteilen, ist Veronica keineswegs das, was jemand als passend bezeichnen würde. Oder jedenfalls nicht ganz. Außerdem habe ich keine Ahnung, ob ich sie heiraten würde oder nicht.«
»Veronica?« Sinclairs Augenbraue schoss hoch.
»So heißt sie, ja.«
Sinclair betrachtete ihn einen Moment lang und wählte seine nächsten Worte mit Bedacht. »Ich werde dir
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