Eine Braut zu Weihnachten
nicht sicher …«
»Und Ihre reizende Tante natürlich auch«, fügte er hinzu. »Um all diesen Anstandsregeln gerecht zu werden.«
»Ich dachte, wir wären einer Meinung, was die Anstandsregeln angeht?«
»Das sind wir auch.« Er nahm ihre Hand und hob sie an seine Lippen. »Und ich bin entschlossen, mich mit Ihnen über sämtliche hinwegzusetzen, Veronica, aber jetzt noch nicht.«
»Nein?«
»Nein«, erwiderte er entschieden und half ihr in die Kutsche, bevor er sich an ihren Fahrer wandte. »Henry?«
»Ja, Sir?«
»Bringen Sie Lady Smithson bitte schnell nach Hause, und sorgen Sie dafür, dass sie ordentlich aufgewärmt wird.« Dann beugte Sebastian sich zu Veronica vor und senkte die Stimme. »Ich bedaure sehr, dass ich es nicht selbst tun kann.«
Sie konnte die Hitze spüren, die ihr in die Wangen stieg, aber sie ignorierte sie und sagte mit genauso leiser Stimme: »Was meinten Sie mit ›jetzt noch nicht‹?«
»Ach, Veronica, das wollen Sie noch gar nicht wissen. Es würde Ihnen nur den ganzen Spaß verderben.« Ein schalkhaftes Funkeln erschien in seinen Augen. »Und mir auch.« Dann gab er Henry ein Zeichen, und die Kutsche setzte sich in Bewegung.
»Ich habe nicht zugestimmt, mit Ihnen ins Theater oder zu dem Bankett zu gehen«, rief Veronica Sebastian zu. »Vielleicht habe ich ja schon andere Pläne!«
Er grinste auf die gleiche selbstzufriedene Art wie vorher schon, tippte grüßend an seine Hutkrempe und nickte. »Auf Wiedersehen, Lady Smithson.«
Damit wandte er sich ab und schlenderte davon. Veronica starrte ihm nach. Nein, diese erste Begegnung war ganz und gar nicht so verlaufen, wie sie gedacht hatte. Auch wenn sie sich nicht ganz sicher war, was sie von diesem Treffen erwartet hatte, so hatte sie doch ganz bestimmt nicht vorgehabt, ihn nach seinen Absichten zu fragen. Was jedoch eigentlich keine Rolle spielte, denn schließlich hatte sie ihre eigenen Absichten. Und die waren, seine Geliebte zu werden. Ja, man könnte tatsächlich sagen, dass sie ihn zu erobern versuchte und nicht er sie. Doch offensichtlich verstand dieser verflixte Mann das nicht.
Irgendwie hatte sie die Kontrolle über die Situation verloren. Er hatte sie … durcheinandergebracht. Das war es. Sie nervös gemacht. Veronica Smithson geriet nie durcheinander, und dass sie es auf einmal war, gefiel ihr überhaupt nicht. Und da waren auch diese Momente gewesen, in denen eine ganz eigenartige Sehnsucht sie ergriffen hatte. Was um Himmels willen war nur mit ihr los? Na ja, alles würde anders sein, wenn sie ihn im Theater traf. Oder vielmehr, falls sie ihn im Theater traf.
Doch das war ebenso ausgemachter Unsinn wie alles, was er gesagt hatte. Natürlich würde sie ins Theater gehen. Was das Mitbringen ihrer Tante anging, so würde das nur ihre Pläne stören, mit ihm allein zu sein. Trotzdem war es keine schlechte Idee, jedenfalls zu Anfang nicht. Damit wäre dem Anstand Genüge getan, und, was noch wichtiger war, es wäre sicherer.
Bei dem Gedanken riss sie verblüfft die Augen auf. Du liebe Güte! Sie hatte sich noch nie Gedanken um ihre Sicherheit gemacht. Frauen, die vorhatten, die Geliebte eines Mannes zu werden, waren bestimmt nicht um ihre Sicherheit besorgt. Allerdings hatte dieser Mann etwas an sich, was ihr irgendwo tief in ihrem Innersten gefährlich vorkam. Ihrem verräterischen Herz vermutlich. Es hatte jedenfalls kein Recht, schneller zu schlagen oder gar ins Flattern zu geraten. Bei ihr würde es kein Sehnen, kein wehes Gefühl ums Herz oder dergleichen Unsinn geben.
Das erklärte offenbar, warum er sie so durcheinandergebracht hatte. Sie hatte sich noch nie zuvor um einen Mann bemüht, und ihr Herz war verwirrt, was ihre Absichten anging. Während Zuneigung durchaus vorhanden sein würde, stand Liebe dagegen völlig außer Frage. Veronicas Beobachtungen zufolge war es Liebe, die alles vermasselte und Frauen zu falschen und unklugen Entscheidungen veranlasste. Nein, Veronica suchte keine Liebe. Sie hatte sie einmal gehabt, und sie war wundervoll gewesen. Außerdem waren die Chancen, dass ein Mann sie so lieben konnte, wie sie war, und nicht, wie er sie gern hätte, äußerst gering und es nicht wert, verfolgt zu werden.
Dies waren ihre Bedingungen, und von diesem Moment an würde das – was auch immer das mit Sebastian sein sollte – zu ihren Bedingungen geschehen, nicht zu seinen.
»Ich hoffe, dass du keine ehrlichen Absichten hast«, murmelte sie und lehnte sich auf ihrem Sitz zurück. »Ich habe
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