Eine Braut zu Weihnachten
es absurd, wie schnell diese Gefühle ihn überfallen hatten. Er hatte immer gedacht, Liebe würde langsam wachsen, aber nicht mit der Kraft und Schnelligkeit eines hungrigen Tigers zuschlagen. Falls dies tatsächlich Liebe war. Aber er hatte Veronica einfach nicht mehr aus seinem Kopf verbannen können. Er hätte es weder Sinclair noch irgendjemand anderem gestanden, aber in Gedanken sah er sich unentwegt mit ihr zusammen. Nicht heute oder morgen, sondern auch in zwanzig Jahren, dreißig Jahren. Ja, selbst am Ende ihrer Tage.
Jeder rationale Teil von ihm schrie, dass es viel zu früh für derartige Gedanken war. Aber jeder seiner Instinkte, alle Sinne, denen er vertraute und auf die er sich verließ, sagten ihm, dass es gut und richtig war. Mit Sicherheit verrückt, aber vielleicht war das ja unvermeidlich. Er hatte noch nie Liebe oder etwas Ähnliches wie das, was ihm gerade widerfuhr, gekannt. Wer konnte daher schon sagen, ob es falsch oder genau richtig war?
Und falls es richtig war, gab es nur eine korrekte Art und Weise, damit umzugehen. Schließlich nahm man sich keine übermäßigen Freiheiten bei der Frau heraus, die man zu heiraten gedachte.
»Dachten Sie, ich komme nicht?«, ertönte eine Stimme hinter ihm.
Er unterdrückte ein zufriedenes Grinsen und drehte sich zu ihr um. »Nicht einmal eine Sekunde.«
Sie zog skeptisch eine Braue hoch.
»Na schön«, sagte er lachend. »Um ganz ehrlich zu sein, muss ich gestehen, dass es einen Moment, vielleicht sogar zwei, gab, in denen ich meine Zweifel hatte.«
»Ich weiß nicht, ob mich das erfreut oder enttäuscht.«
»Ach?«
»Sie erscheinen mir als die Art von Mann, der äußerst selbstbewusst in allem ist.«
»Das bin ich aber.« Ohne den Blick von ihren Augen abzuwenden, nahm er ihre Hand und hob sie an seine Lippen. »Außer vielleicht in Bezug auf Sie, Veronica.«
»Na, das ist ja sehr erfreulich. Und charmant«, sagte sie lächelnd. »Sie machen das übrigens ausgesprochen gut.«
Er konnte die Wärme ihrer behandschuhten Hand in seiner spüren. Ihr Duft umhüllte ihn, eine Mischung aus verführerischen Gewürzen und exotischen Blumen, der ihn weniger an die Märkte des geheimnisvollen Orients denken ließ, als vielmehr an die Orte, die er dort noch nie betreten hatte. An die verborgenen Harems dieser abgeschlossenen Welt – geheim, erotisch und bisher noch völlig unerforscht. Er konnte spüren, wie sein Magen sich verkrampfte, und räusperte sich schnell. »Was mache ich gut?«
»Meine Hand küssen, während Sie mir in die Augen sehen«, sagte sie, um einen leichten Ton bemüht, aber ihre Augen verrieten ihre innere Erregung. »Das ist äußerst wirksam, wissen Sie.«
»Danke.«
»Aber leider«, fügte sie hinzu und entzog ihm ihre Hand, »ist es auch viel zu routiniert.«
»Aber wirksam ist es?«
»Oh ja, und wie.«
Er unterdrückte ein zufriedenes Lächeln. »Sogar bei Ihnen?«
»Du meine Güte, Sebastian.« Sie legte den Kopf ein wenig schräg und musterte ihn. »Ich bin eine Frau und unterliege den gleichen Wünschen wie jede andere Frau. Selbst wenn ich zu intelligent bin, um mich von ihnen beherrschen zu lassen.«
Sebastian grinste. »Schade.«
»Allerdings«, murmelte sie und ging zu einem der beiden Sessel, die er ziemlich weit hinter der Brüstung der Loge platziert hatte.
Er blickte um sie herum. »Und Ihre reizende Tante? Wird sie uns heute Abend Gesellschaft leisten?«
Veronica runzelte die Stirn. »Ich wünschte wirklich, Sie würden aufhören, reizend in dieser Art und Weise zu benutzen.«
»In welcher Art und Weise?«
»Als sei es ein Fluch statt ein Kompliment.«
Er lachte leise. »Ich meinte es so nett wie irgend möglich.«
»Das tun die meisten Leute, wenn es sich um Tante Lotte handelt.« Sie schüttelte den Kopf. »Wir haben Freunde von ihr im Foyer getroffen, worauf sie beschloss, sich ihnen ein Weilchen anzuschließen.«
»Zu meinem unsäglichen Bedauern«, log er und fragte sich, ob wohl wieder dieser ärgerliche Muskel an seinem Kinn zuckte.
»Oh, sie wird sicherlich bald hier sein. Sie nimmt ihre Aufgabe als Anstandsdame sehr ernst.«
»Tatsächlich?« Sebastian zog überrascht die Brauen hoch. »Ich hätte nicht gedacht, dass sie sich um solche Dinge Gedanken macht.«
Veronica betrachtete ihn nachdenklich und seufzte dann. »Gewöhnlich tut sie es auch nicht. Aber da Sie sie ausdrücklich eingeladen und ihr eine Eintrittskarte geschickt haben, fühlte sie sich gewissermaßen verpflichtet, auch
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