Eine Braut zu Weihnachten
jedenfalls keine.«
Kapitel Fünf
U nd wohin gehen wir heute Abend?« Fordham Sinclair lehnte am Rahmen der offenen Tür zum Salon am Fuß der Treppe, ein Glas Brandy in der Hand und in einer lässigen Pose, die seine elegante Kleidung Lügen strafte. Sein Blick glitt über Sebastian. »Und so formell gekleidet.«
»Nicht mehr als du. Obwohl ich zu behaupten wage, dass diese Art von Kleidung mir besser steht als dir«, gab Sebastian zurück und zupfte die Manschetten an seinen Handgelenken zurecht.
»Du bist eben Engländer.« Sinclair nippte an seinem Brandy. »Du wurdest dazu geboren, steif und langweilig zu sein und unbequeme Kleidung zu tragen.« Er blickte sich in der Diele um. »Und in zugigen Häusern zu leben.«
»Darf ich dich darauf hinweisen, dass dieses Haus das deine ist, nicht das meine?«
Sinclair zuckte mit den Schultern. »Aber ich habe es mir nicht ausgesucht.«
Sinclairs Residenz, die er freundlicherweise mit Sebastian teilte, wann immer einer von ihnen in London war oder beide in England waren, gehörte seiner Familie, aber sie stand ihm zur Verfügung. Als Sohn eines amerikanischen Eisenbahnmagnaten und der jüngsten Tochter des Earl of Marsham betrachtete Sinclair sich dennoch voll und ganz als Amerikaner. Was seine obligatorischen Besuche bei seiner englischen Verwandtschaft anging, verhielt er sich nicht besser als Sebastian. Dieser mangelnde Familiensinn und ihr sehr ähnliches Wesen sowie ihre Leidenschaft für fremde Länder gehörten zu den Faktoren, die sie in den sechs Jahren ihrer Bekanntschaft nicht nur zu Partnern auf ihren Abenteuerreisen, sondern auch zu engen Freunden gemacht hatten.
»Das heutige Telegramm von meinem Vater zwingt mich, meine Familie bei einem mit Sicherheit sehr langweiligen Abend in der amerikanischen Botschaft zu vertreten.«
»Zwingt?«
»Es war eine Bitte, die keinen Zweifel hinsichtlich meiner Anwesenheit dort zuließ.« Er hob sein Glas. »Wie du siehst, bereite ich mich vor.«
Obwohl Sinclair der Erbe immenser Vermögen auf beiden Seiten der Familie war, war er ebenso wenig begeistert von den Erwartungen, die seine Familie an ihn hatte, wie Sebastian von denen seiner Familie an ihn. Noch etwas, was die Freunde gemeinsam hatten.
»Vielleicht amüsierst du dich ja sogar.«
»Oh, ich bin fest entschlossen, mich zu amüsieren. So oder so.« Sinclairs Gesicht erhellte sich. »Warum kommst du nicht mit? Richtig angezogen bist du ja schon für den Anlass. Also komm mit und gib deinem besten Freund moralische Unterstützung heute Abend.«
»Tut mir leid, alter Junge, aber ich gehe ins Theater.« Sebastian trat vor den Spiegel in der Diele und betrachtete sich kritisch. »Es geht doch nichts über einen Abend im Theater. Das solltest du auch mal versuchen.«
»Hab ich.« Sinclair ließ seinen Brandy im Glas kreisen und beäugte Sebastian argwöhnisch. »Und obwohl es mir keinesfalls missfällt – und Gott weiß, dass ich heute Abend lieber zu der langweiligsten Vorstellung als zu der prickelndsten Botschaftsparty ginge …«
Sebastian verschluckte sich.
»… ist es nicht meine erste Wahl, was abendliche Beschäftigungen angeht. Und deine ist es auch noch nie gewesen.«
Sebastian ignorierte ihn und betrachtete sein Bild im Spiegel. »Sitzt meine Krawatte gerade?«
»Nein.« Sinclair verengte die Augen. »Gehört die Kleidung zu deinem Plan, deiner Familie zu beweisen, dass du dich geändert hast?«
»Ich gehe ins Theater , Sinclair«, erwiderte Sebastian kühl. Beide Männer waren mehr an saloppe Kleidung gewöhnt als an die für formelle Anlässe erforderlichen gestärkten Kragen und weißen Halsbinden, auch wenn Sinclair sich darin wohler zu fühlen schien als Sebastian. Wahrscheinlich hatte der Brandy etwas damit zu tun. Sebastian rückte seine Krawatte zurecht. »Und diese Kleidung ist ja wohl kaum so etwas wie ein Wasserzeichen der Wohlanständigkeit.«
»Das kommt darauf an, denke ich. Was wirst du dir ansehen?«
»Eine Oper, glaube ich.« Sebastian zögerte. »Oder vielleicht auch was von Shakespeare. Ich erinnere mich nicht.«
»Ah, das erklärt es natürlich.«
»The School for Scandal« , sagte Sebastian. »Das ist es. Das ist der Titel des Stücks.« Er sah seinen Freund im Spiegel an. »Erklärt was?«
»Ich habe die falsche Frage gestellt. Es geht nicht darum, was du sehen wirst, sondern wen.«
Sebastian lächelte. »Sitzt die Krawatte jetzt gerade?«
»Nein. Versuch es noch einmal.« Sinclair erwiderte sein Grinsen. »Wer
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