Eine Braut zu Weihnachten
zusammengebracht.«
Veronica nickte. »Das war sehr nett von ihm.«
»Keineswegs. Ich meine, verstehen Sie mich nicht falsch, er scheint ja wirklich ein netter Mann zu sein, aber …« Mrs. Bigelow seufzte. »Ich fange es nicht richtig an, fürchte ich.« Sie überlegte einen Moment. »Besitzer kommen und gehen im Leben eines Hauses. Gut, Lady Wellsby wurde hier geboren und lebte hier, bis sie mit vierundachtzig Jahren starb. Sie war eine sehr nette Lady, wenn auch ein bisschen schrullig gegen Ende.« Wieder senkte sie verschwörerisch die Stimme. »Einige von uns glauben, dass sie noch immer hier im Haus ist.«
»Als Gespenst?«, fragte Veronica entzückt.
»Das vermuten wir, obwohl es natürlich auch sein kann, dass es nicht Lady Wellsby ist. Oder nicht nur Lady Wellsby. Dieses Haus ist ein sehr altes, wissen Sie, das man nur sehr ungern verlässt.« Sie zuckte mit den Schultern. »Auf jeden Fall hat Mr. Edgars, wie ich schon sagte, den größten Teil des Personals behalten, als er das Haus kaufte.« Sie rümpfte ein wenig die Nase. »Was an sich kaum eine Rolle spielte, da er nicht viel länger als ein Jahr hier lebte und wir dann doch alle entlassen wurden. Bei uns allen, die hier arbeiten, ist es so, dass unsere Treue nicht nur unserem Arbeitgeber, sondern auch dem Haus als solchem gilt. Und wer das erkennt, der ist ein kluger Mann.«
»Ja, das ist er wohl«, murmelte Veronica.
»Gut, dann lassen Sie uns weitergehen.« Mrs. Bigelow nickte Veronica zu und setzte sich wieder in Bewegung. »Als Nächstes kommen wir zu …«
Es dauerte fast eine Stunde, bis die Haushälterin Veronica den Rest des Gutshauses gezeigt hatte und sie zu einem Schlafzimmer begleitete, das direkt neben Sebastians lag. Ein weiteres kleines Zimmer, das an das ihre grenzte, war für ihre Zofe bestimmt. Mrs. Bigelow verzog keine Miene über dieses Schlafzimmer-Arrangement. Offensichtlich hatte der neue Hausbesitzer schon die uneingeschränkte Loyalität seines Personals erlangt.
»Mrs. Bigelow«, sagte Veronica, als die Haushälterin sich zum Gehen wandte. »Ich habe eine Idee für ein Geschenk für Sir Sebastian. Es ist vielleicht ein bisschen albern, aber ich glaube, es könnte ihm gefallen. Leider erfordert es Fertigkeiten, die über meine begrenzten Fähigkeiten hinausgehen. Und ich hatte gehofft, dass Sie mir vielleicht helfen könnten.«
Ein breites Lächeln erschien auf dem rundlichen Gesicht der Frau. »Jederzeit, Mylady.«
Veronica erklärte ihr ihre Idee. Mrs. Bigelow machte ein paar Vorschläge und verabschiedete sich dann mit dem Versprechen, ihr Vorhaben gleich am nächsten Morgen in Angriff zu nehmen. Bei alldem wich das Lächeln nicht aus ihrem Gesicht. Sebastian war nicht der Einzige, der Loyalität hervorzurufen wusste.
In so mancher Hinsicht war Sebastian mehr, als sie erwartet hatte. Und während es zu einer Art Witz, den nur Eingeweihte kannten, zwischen ihnen geworden war, seine kleinen Marotten ›liebenswert‹ zu nennen, war tatsächlich alles, was sie über ihn entdeckte, liebenswert. Mit jedem Tag, der verging, arbeitete sich dieser Mann immer weiter in ihr Herz vor.
War das Liebe? Es würde auf jeden Fall alles sehr viel komplizierter machen, weil es eine völlig andere Sache war, dem Mann, dessen Geliebte sie sein wollte, Zuneigung entgegenzubringen, als ihn wirklich aufrichtig zu lieben …
Kapitel Dreizehn
S ebastian war auf dem Weg zum Roten Zimmer, wo er von Veronica zum Tee erwartet wurde, und grinste, als er sich beim Pfeifen eines lange vergessenen Lieds ertappte. Er hatte nicht mehr so gepfiffen, seit er ein kleiner Junge gewesen war. Hätte irgendjemand ihn in den vergangenen Jahren dazu gedrängt, es zu pfeifen, würde er sich wahrscheinlich damit entschuldigt haben, er wisse nicht mehr, wie es ging. Aber hier und jetzt – in seinem Haus – und besonders, seit Veronica hier war, war alles in bester Ordnung in seiner Welt. Und Pfeifen, Summen oder sogar durch den Korridor tänzeln geradezu unwiderstehlich. Man konnte sich nicht so gut fühlen, ohne diesen Gefühlen Ausdruck zu verleihen.
Es war eine endlose Woche gewesen. Er hatte Veronica mit einer Heftigkeit vermisst, die er sich niemals hätte vorstellen können. Und sie hatte ihn ebenso sehr vermisst wie er sie. Gut, sie hatte es nicht gesagt, aber er hatte es in ihren Augen gesehen und daran erkennen können, wie sie seiner Frage ausgewichen war und nicht protestiert hatte, als er sagte, er wolle sie so lange wie nur möglich bei sich
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