Eine Braut zu Weihnachten
Warum also nicht auch bei einem Haus?«
»Ja, warum nicht?«, murmelte Veronica.
Sebastian verkniff sich ein Grinsen. »Ich weiß. Es ist eine wunderlich anmutende Eigenart von mir, aber trotzdem liebenswert, nicht wahr?«
»Oder verrückt«, erwiderte sie freundlich.
Sie hatten das obere Ende der Treppe erreicht, und er drehte sich ihr zu. »Macht es Ihnen etwas aus, Weihnachten mit einem liebenswerten Verrückten zu verbringen?«
»Sie haben meine Tante kennengelernt, Sebastian. Ihre unverblümte Art wird nur noch von der meiner Großmutter übertroffen, die glaubt, ihr Alter gäbe ihr das Recht zu sagen, was sie will. Mein Vater ist ein reizender Mann, der tut, was ihm gefällt, indem er seine Mutter und Schwester einfach völlig ignoriert. Sie leben in unserem Haus in Mayfair, das groß genug ist, um sie voneinander fernzuhalten. Weihnachten war bei uns kaum anders als jeder ganz normale Tag, mit der einen Ausnahme, dass es dann Plumpudding gab. Allerdings waren wir zu Weihnachten auch oft im Ausland. Meine Mutter starb, als ich noch so jung war, dass ich mich kaum noch an sie erinnere. In vieler Hinsicht war das sehr bedauerlich, und ich habe mich immer gefragt, ob meine wunderliche Verwandtschaft nicht weniger wunderlich wäre, wenn Mutter nicht gestorben wäre. Sie liegen mir sehr am Herzen«, sagte sie schnell, »aber sogar sie würden zugeben, dass wir einzigartig sind.« Sie lächelte. »Ein liebenswerter Verrückter ist daher schon eine Verbesserung, was meine Gesellschaft zu Weihnachten angeht.«
»Und was ist mit der Familie Ihres verstorbenen Ehemannes?«
»Charles hatte keine Familie außer seinem Halbbruder, der jetzt mit einer meiner liebsten Freundinnen verheiratet ist. Charles und ich haben Weihnachten immer in der Schweiz verbracht. Und nach seinem Tod habe ich es auch weiterhin so gehalten, bis auf dieses Jahr.«
»Da kann ich nur hoffen, dass Sie Weihnachten mit mir allein nicht allzu langweilig finden werden.«
»Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich es je langweilig finden könnte, mit Ihnen allein zu sein. Außerdem besteht ein großer Unterschied zwischen Langeweile und Frieden.«
»Dann also Frieden.« Er lächelte und begann, den breiten Korridor hinunterzugehen. »Das Haus entwickelt sich. Während das Äußere augenscheinlich noch original ist, wurde ein Großteil der Innenausstattung in den letzten drei Jahrhunderten je nach Laune und Bedürfnissen der jeweiligen Besitzer viele Male umgestaltet, und mindestens eines Feuers wegen, von dem ich weiß.«
»Sebastian«, unterbrach Veronica ihn stirnrunzelnd. »Sie haben eine riesige Familie. Sollten Sie da nicht Weihnachten zusammen feiern?«
»Auch in dieser Hinsicht habe ich mich vor meinen familiären Verpflichtungen gedrückt, indem ich so gut wie nie zu Weihnachten in England war.«
»Aber in diesem Jahr …«
»Verbringe ich das Fest mit Ihnen«, entgegnete er entschieden. Doch dann grinste er. »Mit Ihnen und Lady Greyville.«
»Muss ich eifersüchtig sein?«
»Ja«, sagte er, sich umblickend. Reich geschnitzte Paneele bekleideten die Wände vom Boden bis zu der Stuckwerkdecke. »Ich habe mich in Lady Greyville verliebt. Sie gefiel mir schon, als ich sie kaufte, aber damals dachte ich, sie benötigte weit mehr Instandsetzung, als es der Fall ist.«
Er ging weiter, und Veronica folgte ihm etwas langsamer, um die verschiedenen Besonderheiten des Korridors zu bewundern. Die Holzschnitzerei war exquisit, eine Jagdszene, die von Paneel zu Paneel lief.
»Der vorherige Besitzer war ein Kaufmann, der Gutsherr spielen wollte. Er erwarb das Haus vor etwa zwanzig Jahren, aber nach nicht allzu langer Zeit beschloss er, dass das Landleben nichts für ihn war. Deshalb stand das Haus über achtzehn Jahre leer, soweit ich weiß. Man muss dem Mann jedoch zugestehen, dass er zumindest für die minimale Instandhaltung des Hauses sorgte. Es ist ja auch verdammt schwer, aus einem Besitz Profit zu schlagen, wenn das Dach schon eingestürzt ist. Natürlich ist noch sehr viel an dem Haus zu tun, und es müsste komplett renoviert werden. Die meisten Möbel sind schon ziemlich schäbig. Aber nachdem es gründlich gereinigt und alle Schlafzimmer gestrichen wurden, ist es eigentlich schon ganz gut bewohnbar.«
»Wie viele Schlafzimmer gibt es hier?«
Sebastian dachte einen Moment lang nach. »Etwa zehn oder so«, sagte er und zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es nicht genau.« Er öffnete eine Tür und trat zur Seite, um Veronica
Weitere Kostenlose Bücher