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Eine ehrbare Familie

Titel: Eine ehrbare Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Gardener
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liebst mich doch, Charles, bitte laß mich nicht im Stich.»
    «Begreifst du nicht, unser beider Leben steht auf dem Spiel. Sie können dich jederzeit der Spionage anklagen. Und sie werden nicht zögern, dich zu erschießen, nicht, nachdem man Edith Cavell hingerichtet hat. Und was mich betrifft...» Er holte tief Luft. «Morgengrauen, eine Wand und ein Exekutionskommando.»
    «Du weißt nicht, was Steinhauers Leute mir antun werden. Er kontrolliert das gesamte deutsche Spionagenetz in England.
    «Unsinn. Wenn wir sagen, du wärst zurückgekommen, und wir dich Tag und Nacht bewachen lassen, passiert dir nichts...»
    «Er wird mich töten lassen.»
    Er schwieg, und die Horcher hörten, daß er vom Bett aufstand, die Vorhänge zuzog und den Gasofen anzündete. «Madeline, ich weiß, daß wir dich beschützen können. Warum bist du so sicher, daß man dich töten würde?»
    Sie sprach so leise, daß sie kaum zu verstehen war. «Weil Steinhauer einen Mann hier in England hat. Er hat schon öfters Menschen getötet und wird es wieder tun.»
    «Woher weißt du das? Erzähl mir mehr von dem Mann.»
    «Ich weiß nur, daß er hier ist.»
    «Wer hat dir das gesagt? Steinhauer?»
    «Nein, Steinhauer hat mir nichts gesagt. Ich habe nur zufällig mal hier, mal dort etwas gehört. Manche sprechen ganz offen über ihn. Aber er ist allgemein gefürchtet. Sein Codename ist
    «? Warum?»
    «Woher soll ich das wissen? So nennen sie ihn eben in Berlin. , weil er Seelen fischt. Erinnerst du dich an das Schiff, das explodierte? Wann war es noch? 1914? Im November? Kurz nach Kriegsausbruch.»
    «Du meinst das Panzerschiff Bulwark? Es explodierte ohne Warnung, niemand weiß warum.»
    «Das war er, . Er hat eine Bombe gelegt und das Schiff flog in die Luft, genauso wie im Dezember die Natal. Charles, er soll noch andere Schiffe hochgehen lassen.»
    «Wenn das stimmt, was du sagst, dann ist der Mann ein Saboteur. Gewiß, er hat Menschen getötet, aber es waren Seeleute...»
    «Er hat mindestens auch drei andere Leute umgebracht.» Ihre Stimme verriet Angst.
    «Wirklich?» Charles klang aufgeregt. Die Horcher konnten nicht wissen, daß plötzlich ein erschreckendes Bild vor seinem geistigen Auge auftauchte: die dunkle Gasse in Rosscarbery, Irland. Das Blut und die Axt. Ein riesiger Mann, der auf der gegenüberliegenden Straßenseite humpelnd davoneilte.
    «Ich weiß von einem Mann in Portsmouth, einem anderen in London und von einer Frau in Schottland.» Madeline flüsterte fast.
    «Zwei Männer und eine Frau... Keine Namen? Nichts anderes?»
    «Nein... doch...»
    Eine Weile herrschte Schweigen. Dann sprach sie wieder: «Ich weiß, wie sie getötet wurden. Alle drei wurden mit einem weißen Seidenschal erwürgt.»
    Diese Unterhaltung lag jetzt Giles Railton und Basil Thomson in der Übertragung vor. «Wir sollten daraufhin die Akten noch mal durchgehen», sagte Thomson.
    Giles schüttelte den Kopf. «Nein... oder vielmehr ja, erkundigen Sie sich auf alle Fälle bei der polizeilichen Ermittlungsstelle, aber ich würde anraten, erst mal nichts zu unternehmen.»
    «Wenn es stimmt... ich meine, daß Pläne bestehen, auch noch andere Schiffe in die Luft zu sprengen... dann können wir den Mann nicht frei rumlaufen lassen.»
    «Geben Sie mir einen, höchstens zwei Tage Zeit. Ich weiß, ich habe den Ruf, kaltschnäuzig zu sein, aber ich möchte nicht, daß mein Neffe wegen Spionage und Landesverrat vors Kriegsgericht kommt. Vielleicht ergreift Charles doch noch von sich aus die Initiative.»
    «Gut, also zwei Tage.» Thomson fand die ganze Sache äußerst beunruhigend.
    Giles desgleichen. Und aus diesem Grund hielt er sich am Spätnachmittag des gleichen Tages in Vernon Kells Büro auf und war daher der erste, der von einer Nachricht, die Mary Anne betraf, erfuhr.
    Kell nahm sich immer Zeit für Giles. Während der ersten zehn Minuten sprachen sie über Belangloses, dann erkundigte sich Giles beiläufig, wo Charles im Moment sei.
    Kell hob die Hände. «Charles ist wirklich ein Unentwegter. Im Moment faselt er irgendwas von Sabotage. Sagt, er hätte einen Hinweis bekommen. Heute ist er nach Portsmouth gefahren -wobei mir einfällt, ich habe von Mary Anne gehört. Sie ist mit ein paar anderen jungen Frauen im Allgemeinen Krankenhaus in Rouen aufgetaucht. Sie haben sich zum Dienst zurückgemeldet. Der Kommandeur vom Medical Corps hat irgendwelche amtlichen Papiere verlangt, die

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